Die Wilhelma will ihre Gastronomie neu ausrichten. Die derzeitige Betreiberin Denise Schuler wird sich auf jeden Fall auch bewerben. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Ein neues, fast 12 000 Quadratmeter großes Elefantengehege, ein weiterer Eingang an der Pragstraße sowie eine Asienanlage, die Wilhelma will sich fit für die Zukunft machen. Dabei spielt offenbar die Gastronomie eine wichtige Rolle. Denn der Pachtvertrag mit dem Gastronomiebetrieb Schuler wurde gekündigt und wird zum 1. März 2018 neu ausgeschrieben.

Der Name Schuler ist eng mit der Wilhelma verknüpft, denn vor 55 Jahren begann die gastronomische Partnerschaft. Allerdings könnte sich dies bereits in einigen Monaten ändern, denn der Pachtvertrag wurde gekündigt. Schockiert ist Denise Schuler, die seit drei Jahren den Betrieb führt, nicht. „Wir haben damit gerechnet.“ Nachdem Thomas Kölpin seinen Posten als neuer Wilhelma-Chef angetreten hatte, sei der Vertag nicht mehr längerfristig, sondern immer nur um ein Jahr verlängert worden. Erste Anzeichen, dass Kölpin in der Wilhelma einiges umkrempeln will.

Allerdings zeigte sich Denise Schuler schon etwas verwundert über die Begründung für die Ausschreibung. „Passend zu den Grundsätzen der Wilhelma sollen beim Speise- und Getränke-Angebot künftig Nachhaltigkeit, die Verwendung von Produkten aus artgerechter Tierhaltung, regionale, saisonale und generell biologisch erzeugte Produkte eine wesentlich größere Rolle spielen als bisher“, begründet die Wilhelma-Direktion den geplanten „gastronomischen Neustart“. Für Schuler nicht nachvollziehbar, weil ihr Gastrobetrieb heute schon Wert auf die genannten Anforderungen lege. „Wir sind von der Aktion ,Schmeck den Süden’ mit zwei Löwen für regionale Küche ausgezeichnet worden“, sagt die Gastronomin. Das bedeutet, dass zwei Drittel ihrer Produkte bereits aus der Region stammen würden. Dennoch müssen auch Klassiker wie etwa Schnitzel mit Pommes auf der Speisekarte stehen. „Das wird nun einmal vom Kunden gewünscht.“

Bewerben wird sich Denise Schuler, deren Firma auch den Berliner Zoo mit sechs Betrieben gastronomisch betreut, auf jeden Fall; wobei die Anforderungen laut den Ausschreibungsunterlagen happig sind. Zwar erhält der neue Pächter einen Vertrag über 15 Jahre, muss jedoch ordentlich investieren. Rund sieben Millionen Euro sind laut dem Land nötig, um das Restaurant sowie das Bistro Belvedere grundlegend zu sanieren und zudem eine neue gastronomische Einrichtung bei der geplanten Elefantenanlage zu bauen. Immerhin stellt das Land einen Baukostenzuschuss in Aussicht. Zur geplanten gastronomischen Neuausrichtung hält sich Volker Heß, der erst seit wenigen Tagen Verwaltungs-Chef des zoologisch-botanischen Gartens ist, bedeckt. Mit der Neuvergabe erhoffe sich die Wilhelma von den Anbietern kreative und zeitgemäße Konzepte, die themenbezogene Aspekte beim Speisenangebot in den geplanten Asienanlagen mit der Elefantenwelt berücksichtigen. „Und dafür kann sich die Schuler-Gastronomie wieder bewerben“, sagt Volker Heß.

Und genau das hat Denise Schuler vor: „Noch sind wir nicht weg“, gibt sich die junge Geschäftsfrau kämpferisch. Obwohl sie sich heute schon mit ihrem Gastro-Konzept nicht verstecken wolle, sei sie auch neuen Herausforderungen gegenüber aufgeschlossen. „Wir haben viele Ideen in der Schublade und müssen uns vor keinem der großen Mitbewerber verstecken.“ Und die werden mit Sicherheit ihre Bewerbungen bis 11. September - so lange läuft die Ausschreibung - in den Ring werfen. Denn mit gut 1,2 Millionen Besuchern pro Jahr ist die Wilhelma eine der größten Attraktionen in Baden-Württemberg und folglich ein lukratives Geschäft.

Die Tierrechtsorganisation PETA sieht die Neuausschreibung als große Möglichkeit und fordert das Land auf, einen Pächter zu wählen, der ausschließlich vegane Speisen anbietet. „Die Wilhelma hat hier die Chance, tatsächlich etwas für Tiere zu tun und zu ihrem Wort zu stehen“, so Felicitas Kitali, Ernährungswissenschaftlerin und Fachreferentin bei PETA. „Es passt einfach nicht zusammen, Tiere angeblich schützen zu wollen, sie aber gleichzeitig für einen Gaumenkitzel auszubeuten oder ihren Lebensraum für die Herstellung tierischer Produkte aktiv zu zerstören.“

Cornelius Schuler

Cornelius Schuler wurde im Jahr 1910 in Augsburg als letztes von zehn Kindern geboren. Bereits während seiner Ausbildung stellte er sein verkäuferisches Talent unter Beweis. Die Wanderjahre führten ihn letztendlich, als Vertreter für eine pharmazeutische Fabrik nach Stuttgart. Nach Kriegsende startete er im zerbombten Stuttgart mit seinem „Kleinen Laden“, der sich bald zu einem ansehnlichen Textilgeschäft mauserte. Trotz dieses Erfolges zog es Schuler 1949 hin zu neuen Ufern. Er wanderte nach Brasilien aus, wurde dort aber nie richtig heimisch und es zog ihn zurück nach Stuttgart. Inspiriert von den Eindrücken seiner Reisen und seinem Gespür für neue Märkte, eröffnete er 1952 die Cornelius-Schuler-Gaststätte in der Königstraße, die Basis für den Erfolg der Schuler-Unternehmensgruppe. In den nächsten Jahrzehnten machte er sich mit seiner Gastronomievielfalt einen guten Namen. In dieser Zeit hat er nicht nur die ersten Selbstbedienungsrestaurants in Deutschland eröffnet, sondern auch internationale Großprojekte gastronomisch ausgerichtet. Beispielsweise auch bei den Olympischen Spiele 1972 oder die Bewirtschaftung verschiedener Restaurants und Gaststätten während der Bundesgartenschauen 1975 in Mannheim und 1977 in Stuttgart. Dann hat sich zunehmend die Zoogastronomie als Schwerpunkt herauskristallisiert. Nach dem Tod von Cornelius Schuler 1998 im Alter von 88 Jahren übernahm seine Frau Ursula, die etliche Jahre für die Freien Wähler im Bezirksbeirat Bad Cannstatt kommunalpolitisch aktiv war, die Leitung des Unternehmens. Seit 2014 führt Tochter Denise die Familientradition fort.