Neben der Reinigung soll die Stadt bei der Biotonne auch den Vollservice wie bei den Grauen und Grünen Tonnen einführen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Ab April 2018 gibt es in ganz Stuttgart die Biotonne. Während die Restabfall- und Altpapiertonnen im Vollservice geleert werden, müssen die Braunen Tonnen am Abfuhrtag von den Nutzern vor Ort gut sichtbar für die Müllmannschaft am Gehwegrand selbst bereitgestellt werden. Haus & Grund Stuttgart fordert die Stadt jedoch auf, nach Abschluss der flächendeckenden Einführung auch die Biotonnen im Vollservice zu leeren.

Fast zwei Jahrzehnte lang gab es die Biotonne in Stuttgart - allerdings auf freiwilliger Basis. Doch durch die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetztes wurde daraus seit 1. Januar 2015 eine Pflicht. Die Verantwortlichen des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) präsentierten damals einen aufwendigen Zeitplan für die flächendeckende Einführung, denn Ende 2014 stand nur bei 37 Prozent der Stuttgarter Haushalte eine Braune Tonne vor der Haustür.

Nach einigen personellen Anlaufschwierigkeiten kam die Einführung in Schwung. Der Abfuhrbezirk Neckar, der aus 32 227 Objekten (darunter versteht der Eigenbetrieb Grundstücke, die an die Sammlung angeschlossen werden müssen) besteht, war als erster von insgesamt drei Bezirken erledigt. Hier wurde die Zahl der Biotonnen von 11 979 auf 26 556 und der sogenannte Anschlussgrad von 36 auf 85 Prozent erhöht.

Für das gesamte Stadtgebiet ergab sich im April 2017 ein Anschlussgrad von 70 Prozent. Seit Beginn der Einführung wurden 23 783 neue Biotonnen aufgestellt, so dass der Gesamtbestand auf 54 675 anstieg. Mittlerweile wird auch der Filderbezirk mit Braunen Tonnen bestückt und die Stadt ist guter Dinge, dass im April 2018 in Kaltental die letzten Biotonnen verteilt werden. Dann wird sich zeigen, ob das Ziel von Technikbürgermeister Dirk Thürnau, jährlich bis zu 35 000 Tonnen Bioabfall zu sammeln, realisiert werden kann. 2014 waren es nur 14 000 Tonnen.

So erfreulich die Einführung auch verläuft, Probleme wie Teilservice und Reinigung der Tonnen bleiben. Doch das könnte sich mit Abschluss im April 2018 ändern. Denn sobald die Pflichtbiotonne flächendeckend eingeführt ist, beabsichtigt der Eigenbetrieb AWS, sein Service-Angebot durch eine regelmäßige Reinigung der Biotonnen zu erweitern (wir berichteten).

Spezialfahrzeuge im Einsatz

Zwei Spezialfahrzeuge sollen dafür eingesetzt werden. Das neue Verfahren wird seit einigen Tagen getestet. Um den Praxistest in möglichst vielen unterschiedlichen Bebauungsstrukturen wie Wohngebieten, Mischgebieten oder Gewerbegebieten durchführen zu können, sind die Fahrzeuge in ausgewählten Straßenabschnitten im gesamten Stadtgebiet unterwegs. „Zusätzliche Kosten für Bürgerinnen und Bürger sind nicht vorgesehen“, sagt der AWS-Geschäftsführer Thomas Heß. Je nach Verschmutzungsgrad der Behälter bewältigt der Waschwagen täglich bis zu 250 Biotonnen.

Viel Lob gibt es von Haus & Grund Stuttgart für die Abfallwirtschaft und ihre Serviceerweiterung. Allerdings fordert die Geschäftsführung die AWS auf, noch einen Schritt weiter zu gehen. „Neben dem Sauerberhalten der Tonnen stellt der Teilservice ein ebenso großes Problem dar“, sagt Vorsitzender Klaus Lang. „Insbesondere in den vielen Mehrfamilienhäusern bedeutet es einen großen organisatorischen Aufwand, das abwechselnde Herausstellen der Braunen Tonnen zu organisieren“, ergänzt Geschäftsführer Ulrich Wecker. Gerade bei der Biotonne sei es wegen der Geruchsbelästigung besonders heikel, wenn dies einmal versäumt werde und die Tonne deshalb ungeleert bleibt.

Und nicht zuletzt haben die Behälter ein entsprechendes Gewicht. Jeder, der schon einmal eine volle Biotonne von der Haustüre bis zur Straße gezogen hat, der weiß das. Vor allem ältere Bürger sind hier auf nachbarschaftliche Hilfe angewiesen. Insgesamt sind das alles gute Gründe, um den Vollservice auch bei der Braunen Tonne einzuführen. Zumal Klaus Lang und Ulrich Wecker den AWS-Verantwortlichen zutrauen, eine Serviceerweiterung ohne höhere Müllgebühren zu realisieren.

Das Thema ist schon bei der Stadtverwaltung angekommen und wird im kommenden Jahr wohl auch den Gemeinderat beschäftigen. Sollten die Fraktionen grünes Licht geben, so könnte frühestens 2019 der Vollservice bei der Biotonne eingeführt werden. Ob mit oder ohne Gebührenerhöhung, das müssen die AWS-Verantwortlichen entscheiden. Erheblich mehr Personal wird auf jeden Fall nötig sein.