Ließ es mit ihren ABBA-Titeln richtig krachen: Julia Lindholm. Foto: Wolfgang List - Wolfgang List

Zum 30. Mal und letzten Mal hatte Organisator und Moderator Sigfried Baumann zu dem dreistündigen Hit-Feuerwerk eingeladen, dessen Künstlerliste wenige Wünsche offen ließ: „Schweden-Export“ Julia Lindholm, Liane und Reiner Kirsten und Entertainer Bernhard Brink.

Bad CannstattEs gibt im Englischen das Sprichwort „The best is usually saved for last“ – zu Deutsch: „das Beste sollte für den Schluss aufgespart werden“ – und das traf auch auf die Jubiläums-Schlagerparty unserer Zeitung am Samstag im Augustiner Biergarten im Cannstatter Kurpark zu. Zum 30. Mal und letzten Mal hatte Organisator und Moderator Sigfried Baumann zu dem dreistündigen Hit-Feuerwerk eingeladen, dessen Künstlerliste wenige Wünsche offen ließ: „Schweden-Export“ Julia Lindholm heizte dem Publikum mit auf Deutsch gesungenen ABBA-Titeln ein, Liane und Reiner Kirsten sangen im Duett beliebte Schlager-Erinnerungen der vergangenen Jahrzehnte und Entertainer Bernhard Brink zeigte einen Querschnitt seines mehr als 40-jährigen musikalischen Schaffens. Das i-Tüpfelchen an diesem Nachmittag: Es gab manche Überraschung, die der eigentliche Ablaufplan so nicht vorgesehen hatte.

Ausdauer gefragt: Der frühe Vogel fängt den Wurm – diesen Spruch hat Marion Butz aus Bad Cannstatt verinnerlicht. Und so gehört die Besucherin zu den ersten, die an diesem Morgen geduldig darauf warten, Einlass zum Augustiner-Biergarten zu erhalten. Dass es bis zum Beginn der Show zu diesem Zeitpunkt noch vier Stunden sind, schreckt sie nicht ab. „Man kann ein Schwätzle mit anderen Besuchern halten. Außerdem habe ich ein Sudoku-Heft eingepackt.“ Der Lohn für stundenlanges Warten: ein Platz direkt an der Bühne. Mehr als 20 Mal habe sie die Veranstaltung besucht und sei immer von den Künstlern begeistert gewesen. „Es gab viele Highlights.“ Hansi Hinterseer, Helene Fischer, Andy Borg, zählt sie auf. „Und die Wackeltenöre, das war damals eine ganz andere, nicht zu erwartende Darbietung.“ Dass heute die finale Veranstaltung sei, könne sie nicht glauben. Ihre Tischnachbarn nicken. „Wir hoffen, dass es in irgendeiner Form weitergeht.“

Gut gelaunter Wettergott: Wenn es einen Unsicherheitsfaktor für eine Veranstaltung unter freiem Himmel gibt, dann das Wetter. Aber dieses zeigt sich von seiner schönsten Seite: Die Sonne strahlt, das Thermometer zeigt Werte von bis zu 30 Grad an. Ein perfekter Sommertag. Dazu passt das Eröffnungslied von Liane nur allzu gut: „Ich lass nur noch Sonne in mein Herz“, singt die Interpretin, die an diesem Nachmittag von ihrem größten Fan begleitet wird: ihrem dreijährigen Sohn. Auf der Bühne wird sie diesen gegen einen anderen Mann eintauschen: Mit Titeln wie „Verliebt, verlobt, verheiratet“ und „Aber Dich gibt’s nur einmal für mich“ entzücken Liane und Duettpartner Reiner Kirsten die Besucher, die textsicher fast jede Zeile mitsingen können. „Wir haben jüngst bei einem Auftritt ein Gläschen Wein gebracht bekommen. Mal sehen, ob das heute auch passiert“, witzelt der 49-jährige Kirsten. Und tatsächlich kann er auch in Bad Cannstatt kurze Zeit später mit Liane auf der Bühne anstoßen.

Schwed isch für Anfänger: In diesem Jahr gibt es eine Premiere für Sigfried Baumann: Erstmals betritt der Moderator bei der Begrüßung mit einem Zettel die Bühne. Dieser soll nicht mögliche Texthänger überbrücken helfen, vielmehr hat er den rund 700 Besuchern ein Gedicht mit dem Titel „Das Lächeln“ mitgebracht. „Schenken Sie Ihrem Nachbarn ein Lächeln“, fordert er anschließend die Anwesenden auf, die diesem Wunsch gerne nachkommen. Für strahlende Gesichter sorgt auch der Auftritt von „Schweden-Export“ Julia Lindholm, die zunächst mit eigenen Stimmungstiteln einheizt, bevor sie in ihrem zweiten Auftrittsblock mit auf Deutsch gesungenen ABBA-Titel wie „Waterloo“ und „SOS“ begeistert. Damit die Besucher ihre Schwedisch-Künste auffrischen können, gibt es zudem noch einen kleinen Sprachkurs: „Hjärtligt välkomna – herzlich willkommen“, sagt die 25-Jährige zur Begrüßung. Als sie im Gespräch mit Sigfried Baumann allerdings den Satz „Das ist unsere letzte Sommer-Schlagerparty“ in ihre Muttersprache übersetzen soll, stockt sie. „Oje. Meine Eltern fragen mich auch schon, was los ist und ob ich kein Schwedisch mehr sprechen kann“, erzählt sie lachend.

Der Entertainer: „Ich brauche viel Applaus, weil ich hochsensibel bin“, betont Bernhard Brink mit einem breiten Grinsen und Augenzwinkern. „Einfach nur bezahlen und zugucken, geht gar nicht.“ Die Sorge des Sängers aus dem hohen Norden erweist sich als unbegründet. Jeder Titel wird vom Publikum frenetisch gefeiert – egal, ob es sich um Titel aus dem neuen Album „Diamanten“ handelt oder um ältere Songs wie „Blondes Wunder“ und „Lieder an die Liebe“. Der 67-Jährige strotzt vor Vitalität und guter Laune, immer wieder blitzt sein Humor auf. „Im Fernsehen bin ich kleiner und dicker – da trete ich unter dem Namen Andy Borg auf.“ Und auch ein weiteres Talent lässt die Besucher schmunzeln: Der Schlager-Titan liebt es, Stimmen von Prominenten zu parodieren. Und so sind an diesem Nachmittag auch Peter Maffay, Dieter Thomas Heck und Boris Becker bei der Jubiläums-Schlagerparty mit dabei – vorausgesetzt, man schloss rechtzeitig die Augen.

Schöne Bescherung: Die Traumschiff-Melodie kündigt an, dass es in diesem Jahr für die Gewinner der großen Tombola besondere Preise gibt: Sie dürfen mit einer Begleitperson auf Jubiläums-Kreuzfahrt mit MS BERLIN nach Oslo gehen. Über diesen Preis freuen sich – dank Glücksfee Julia Lindholm – Ursula Kubicki aus Bad Cannstatt ebenso wie Erika Fuchs-Maier aus Esslingen. Auch Rita Keller aus Ebersbach geht nicht mit leeren Händen nach Hause: Sie freut sich über einen Gutschein für die Silvester-Leserreise nach Bremen. Doch damit der Bescherung nicht genug: Für 200 Euro kann Tanja Sensbach aus Kirchheim im Restaurant Goldberg in Fellbach schlemmen und Roswitha Gaudino aus Bad Cannstatt ist im Dezember im Musical „Die Päpstin“ als Zuschauerin mit dabei.

Aber bitte mit Torte: 30 Veranstaltungen in 30 Jahren zu organisieren und zu moderieren – dieser außergewöhnliche Einsatz verdient ein außergewöhnliches Geschenk. Und so hat der Geschäftsführer der Eßlinger Zeitung, Andreas Heinkel, nicht nur Worte des Dankes und der Anerkennung für Sigfried Baumann parat, sondern auch eine riesige Torte mit dabei, die später an die Gäste verteilt wird. Für die größte Überraschung sorgt der Auftritt von Alexandra und Anita Hofmann, die es sich nicht nehmen lassen, sich von ihrem „ganz besonderen Freund“ zu verabschieden. Dafür haben beide ihren Urlaub unterbrochen, die jüngere der Schwestern ist sogar aus Kroatien angereist. „Sigfried, Du kannst vielleicht in Ruhestand gehen. Aber wir werden nicht akzeptieren, dass Du Dich von der Bühne verabschiedest. Wir haben einige Ideen“, kündigte Alexandra Hofmann vielsagend an.

Das letzte Finale: Nachdem sich alle Künstler zum Finale noch einmal auf der Bühne versammelt haben und sich Sigfried Baumann mit einem eigens getexteten Song „Auf Wiederseh’n Ihr Freunde mein“ von der Bühne verabschiedet hatte, stehen sie anschließend geduldig für Autogramme zur Verfügung, machen Selfies und nehmen sich Zeit, um mit den Fans zu plaudern. Simone Oertel und Karin Kaspar haben ungewöhnliche Begleiter mit dabei: ihre Monchichi-Affen Max und Mats, die sie bereits mit Prominenten wie Andrea Berg oder Florian Silbereisen ablichten konnten. An diesem Abend ist es ein Gefühl aus Begeisterung gepaart mit Wehmut, mit dem viele Besucher den Biergarten verlassen. Und doch fällt das Meinungsbild eindeutig aus: Es war eine rundum gelungene Schlagerparty und ein würdiger Abschluss einer tollen Veranstaltungsreihe.