Am Montag erhält Stadtkirche die Plakette „Lebensraum Kirchturm“, da hier schon seit Jahren Turmfalken brüten. Foto: Nagel/dpa Quelle: Unbekannt

(if) - Bundesweit sind derzeit gut 1000 Kirchtürme als Lebensräume für bedrohte Vogelarten eingestuft und wurden bereits vom Naturschutzbund (Nabu) ausgezeichnet. Am Montag kommt ein weiterer Kirchturm dazu. Dann erhält die Stadtkirche die Plakette samt Urkunde, denn schon seit Jahren können Turmfalken hier brüten.

Dekan Eckart Schultz-Berg beobachtet höchstpersönlich die eleganten Raubvögel. Er kennt den Brutplatz nur zu genau, denn das Falkenpärchen und die Jungen haben ihren Brutplatz auf der Holzmarktseite gegenüber der „Pizzeria da Gennaro“ in der obersten Nische unter dem Balkon. „Sie nisten vor einem Fenster“, so der Dekan, der sich schon einmal mit seinem Fotoapparat auf die Lauer legt, um Schnappschüsse zu machen. Dieser Tage hat er die Falken zu früher Morgenstunde beobachtet, wie sie Ausschau nach Nahrung gehalten haben. „Ein Junges saß seitlich an der Kante“, so Eckart Schultz-Berg. Gut zu sehen war dabei der typische Rüttelflug der Vögel. „Wir haben seit Jahren Turmfalken zu Gast im Stadtkirchenturm“, so der Dekan. Sie brüten in einer Mauernische unterhalb es Turmbalkons und haben zumeist dreifachen Nachwuchs.

„Einzug“ der Vögel ist immer vor Ostern. Sie legen dann meist zwei bis drei Eier. Im Mai schlüpfen dann die jungen Falken. Sobald diese flügge sind, verschwindet das Elternpärchen wieder bis zum nächsten Jahr. „Die Auszeichnung bekommen wir auf Anregung eines Gemeindemitgliedes, das Kontakte zum Nabu hat“, so Schultz-Berg, der zudem zweiter Vorsitzender des Umweltrats der Landeskirche ist. Schon zu seiner Zeit als Pfarrer in der Lukaskirche im Stuttgarter Osten hat er sich mit dem Thema befasst und auch dort einen Falkenkasten aufgehängt: „Leider ohne Erfolg“, so der Dekan. Er weiß auch um den positiven Effekt, dass Falken die Tauben verjagen. Das Taubenproblem beschäftigt die Cannstatter insbesondere in der Altstadt intensiv.

Seit zehn Jahren verleiht der Naturschutzverband gemeinsam mit dem Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen die Plakette „Lebensraum Kirchturm“. Die Aktion stößt in ganz Deutschland auf große Resonanz, inzwischen tragen 1003 Kirchen die Plakette. Das Ziel ist die Sicherung von Nistplätzen bedrohter Arten. Denn Kirchtürme gelten als ideal, um Brutstätten für Turmfalken, Fledermäuse, Schleiereulen, Dohlen und andere Arten einzurichten. Kirchen, die sich besonders um den Artenschutz verdient machen, erhalten eine Plakette zum Anschrauben nebst Urkunde.

Als erste Kirche in Deutschland hat die Berliner Heilandskirche das Gütesiegel empfangen. Die Nase vorn hat jedoch Baden-Württemberg mit aktuell 212 ausgezeichneten Kirchen, gefolgt von Thüringen (150) und Niedersachsen (141). Doch ist die Stadtkirche nicht das erste Gotteshaus in Cannstatt, die mit der Plakette ausgezeichnet wird. Denn zu diesen Ehren kam bereits 2014 die Stephanuskirche, in deren Turm sich Falken sichtlich wohlfühlen und schon seit Jahren dort brüten.