Eleonore Lindenberg. Quelle: Unbekannt

Auch für das kommende Jahr gibt es wieder einen Schimpfkalender. Zusammengestellt von Eleonore Lindenberg, der ehemaligen Privatsekretärin von Thaddäus Troll.

Bad CannstattEleonore Lindenberg war die langjährige Privatsekretärin von Thaddäus Troll. Sie hat wieder den neuen Schimpfkalender zusammengestellt und erklärt im Gespräch, wie und warum Troll die Schimpfwörter sammelte.

Frau Lindenberg, über was hat sich Thaddäus Troll gerne aufgeregt und geschimpft?

Der Verfasser t reagierte seine Enttäuschung und Wut über Vorkommnisse, die Anlass zur Anwendung von Schimpfwörtern gewesen wären, nicht durch den Gebrauch derselben ab, sondern setzte sich in Gedanken mit der Situation auseinander. Aufgeregt haben ihn manche politischen Vorgänge. Er trat auf Einladung von Eberhard Jäckel der Sozialdemokratischen Wählerinitiative bei und unterstützte als Wahlhelfer kandidierende Politiker, unter anderem auch den SPD-Landesvorsitzenden Erhard Eppler, wo er in seinen Reden auch seinen Unmut über bestehende Verhältnisse deutlich zum Ausdruck brachte, jedoch nicht unter Verwendung von Schimpfwörtern. Als Vater dreier Töchter verhielt sich Troll nach ihrem Eindruck aber oft viel zu nachsichtig, sodass sie ihn manchmal provozierten, damit er endlich energisch reagiere.

Haben Sie Lieblingsschimpfwörter aus der Sammlung?
Ja, zum Beispiel Bähmulle, Glufagiaßer, Hagabiachener oder Schpruchbeitel.

Sie haben die Wörter in die Schreibmaschine getippt, war es schwierig?
Nur mit der Schreibweise war es manchmal nicht einfach, weil es dafür ja keinen Duden gibt. Die Herkunft der Schimpfwörter musste berücksichtigt werden. Sehr hilfreich war dabei der Lektor des Hoffmann und Campe Verlags, ein Landsmann aus Laupheim, der schon beim Verfassen von „Deutschland – deine Schwaben“ für Thaddäus Troll sein profundes Wissen trefflich unter Beweis stellte.

War Troll gleich damit zufrieden oder hat er die Auswahl auch nochmals geändert?
Ja, er war nach der Durchsicht mit der Auswahl einverstanden und hat, bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel der ungerechtfertigten Benennung eines ihm sympathischen Zeitgenossen, keine Änderungen gewünscht.

Was waren seine Lieblingsschimpfwörter?
Allerweltsgscheitle, Donderskrott, Erbsazähler, saubers Frichtle, Granataseckel, Halbdackel und Herrgottsdondersblitz um einige zu nennen.

Auf was haben Sie bei der Zusammenstellung des neuen Kalenders geachtet?

Wie immer habe ich auf die Vermeidung herabsetzender Bezeichnungen von Personen des öffentlichen Lebens geachtet. Ansonsten geht es bei der Zusammenstellung darum, den Reichtum des schwäbischen Dialekts, der sich auch in der Vielfalt seiner Schimpfwörter ausdrückt, auf diese Weise darzustellen. Seit 49 Jahren hat es noch keine Anklage wegen Beleidigung gegeben.

Eine lange Zeit. . .,

. . . ja, dabei danke ich Titus Häussermann vom Silberburg-Verlag, der nach Kristof Wachinger von 1988 bis zum Jahr 2000 den Schimpfkalender herausgegeben hat. In seinem Verlag ist 1987 auch „Thaddäus Trolls schwäbische Schimpfwörterei“ erschienen, herausgegeben von E.L. Es folgte eine Pause bis 2009, als Peter Grohmann von den „Anstiftern“ die Herausgabe übernehmen wollte.

Was waren seine Beweggründe?

Bei den Montagsdemos gegen Stuttgart 21 hat er Trolls Schimpfkalender unter den Demonstrierenden verteilt. 2017 kündigte er an, dass er seine Aktivitäten reduzieren wolle und legte mir nahe, mich nach einem neuen Herausgeber umzusehen. Damals war ich schon mehrere Jahre Mitglied im Verein „s Dudelsäckle“ und fragte den Vorsitzenden Peter Hinderer, ob er Interesse habe, die Herausgabe zu übernehmen, worauf er spontan zustimmte und als Mitherausgeber den Verein „Pro Alt-Cannstatt“ sowie den Förderverein „Schwäbischer Dialekt“ mit an Bord nahm.

Eine glückliche Fügung?
Diese Frage kann ich ganz eindeutig mit „Ja!“ beantworten. Er hätte seine Freude am „Dudelsäckle“ und wäre mit den beiden Co-Herausgebern des Trollschen Schimpfkalenders ganz gewiss sehr einverstanden.

Auch Pro-Alt-Cannstatt fördert das Projekt. Und Sie fördern den Verein und das Cannstatter Stadtmuseum. Die Schreibmaschine Erika von Troll steht dort. Sie haben Sie dem Museum vermacht, warum?
Den Besitz der Schreibmaschine verdanke ich Gerhard Raff, den Thaddäus Troll aufgrund eines von ihm veranlassten Mundart-Wettbewerb des Süddeutschen Rundfunks unter den anonym eingereichten Einsendungen entdeckt hatte und ihn von da an förderte, indem er ihn zu seinen Lesungen mitnahm und ihn dem Publikum als seinen jungen Kollegen vorstellte. Trolls Witwe gab dann Raff die Erika-Schreibmaschine, als er ihr behilflich war, Trolls geliebtes Tusculum in Hinterrohrbach bei Backnang leer zu räumen. Raff war der Meinung, dass die Schreibmaschine bei Trolls Sekretärin besser aufbewahrt sei. Mir schien dann das Cannstatter Stadtmuseum nach seiner Einweihung als der ideale Verbleib für dieses authentische Ausstellungsobjekt am Geburtsort ihres ehemaligen Besitzers.

Sie kümmern sich heute noch um den Troll-Nachlass, haben beim Schaufenster Kultur der Initiative Kulturnetz im Mai 2018 über Troll als Volontär der Cannstatter Zeitung berichtet und halten auch sonst immer wieder Vorträge. Was ist Ihr Antrieb dafür?
Es war kein eigener Antrieb. Am 12. November 2002 habe ich meinen ersten Vortrag über Thaddäus Troll und meine Arbeit als seine Sekretärin gehalten. Er kam auf Anregung des Untertürkheimer Buchhändlers Werner Roth zustande. Für ihn hatte Thaddäus Troll bei der Eröffnung einer Zweigstelle in Calw die Begrüßungsrede gehalten. Der Diakon der Luginsländer Begegnungsstätte fragte Werner Roth nach Autorinnen und Autoren, die er zum Vortrag von eigenen Beiträgen bei Altennachmittagen einladen könne. Ich sagte nach dem Anruf des Diakons sofort zu, fragte mich aber sofort: „Was traust Du Dir da zu?!“ Doch dann hatte ich so viele Ideen und der erste Vortrag wurde viel zu lang – aber eingeschlafen ist niemand. Mein Debüt hat sich herumgesprochen. Mich freut es, dass Troll für viele Menschen eine Persönlichkeit ist, über die man immer noch einiges erfahren möchte. Für mich persönlich verbindet sich damit eine sehr gute Möglichkeit, auf diese Weise an einen Menschen zu erinnern, den ich 14 Jahre lang als einen großzügigen Arbeitgeber und als eine eindrucksvolle und integre Persönlichkeit erlebt habe.

Die Fragen stellte Iris Frey.

Der Schimpfkalender 2020 ist im Stadtmuseum Bad Cannstatt, Marktstraße 71/1, und auf dem Niklasmarkt am 7. Dezember gegen eine Spende erhältlich.