Nur ganz wenige Vögel brüten schon im neuen Taubenturm. Foto: Nagel - Nagel

Am Seilerwasen wurde 2018 ein neuer Taubenturm aufgestellt. Nur wenige Tauben nehmen ihn an. Dies führt zu einem Problem. Der bisherige Taubenschlag auf dem Parkhaus Mühlgrün wurde abgebaut.

Bad CannstattDas Taubenhaus auf dem Parkhaus Mühlgrün, das vor zehn Jahren errichtet worden war, ist Geschichte. Es wurde abgebaut und eingelagert. Demnächst soll der Schuppen in Zuffenhausen aufgestellt werden. Denn auch dort klagen Bürger und Einzelhändler über ein massives Taubenproblem. Der Grund für den Abbau ist ein neuer Taubenturm, der in einer Entfernung von etwa 200 Metern auf dem Seilerwasen steht. Allerdings erweist sich die Umsiedelung der Vögel dorthin laut den Verantwortlichen des Stadttauben-Projekts Stuttgart als sehr schwierig.

In Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Caritasverband hat der Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung im Jahr 2008 das Taubenprojekt ins Leben gerufen. Denn in den Jahren zuvor ging es den Vögeln nicht gerade gut. Es wurde regelrecht Jagd auf sie gemacht, mit Pfeil und Bogen, Schrotflinten und vor allem mit Gift. Das ist – dank des großen Engagements von Tierschützern – seit 1997 bundesweit verboten. Seitdem heißt das Motto „Betreuen statt Bekämpfen“. Der erste Taubenschlag im Stadtgebiet ließ nicht lange auf sich warten. Er wurde beim Gleis 1 im Stuttgarter Hauptbahnhof eingerichtet, 2009 folgte ein zweiter im Dach der Leonhardskirche. Das Taubenhaus in Bad Cannstatt auf dem Dach des Mühlgrüns wurde im gleichen Jahr errichtet. Doch eines wurde damals schnell klar – ein optimaler Standort war das Parkhaus nicht. Es liegt zu nahe am Neckardammweg und die Vögel konnten wegen der Geräuschkulisse nicht in Ruhe ihre Eier legen. Zudem war das Haus angesichts der großen Taubenpopulation in Bad Cannstatt viel zu klein. Doch die Suche nach weiteren Standorten oder einer größeren Alternative war schwierig und endete erst im Frühjahr 2018. Damals wurde auf dem Seilerwasen ein Taubenturm gebaut und im April eröffnet. Allerdings war vereinbart worden, dass gleichzeitig das Taubenhaus auf dem Mühlgrün wieder abgebaut wird.

Doch die Umsiedlung der Tiere ist nicht einfach und laut Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer noch nicht abgeschlossen. „In den letzten Monaten hatten die Tierschützer versucht, die Vögel zu ihrem neuen Domizil am Seilerwasen zu locken“, sagt die Taubenbeauftragte der Stadt Stuttgart. Dort halten sich nun etwa 80 Tiere auf, die aber den Turm noch meiden. „Es kann auch sein, dass es sich dabei um Tiere aus der Cannstatter Altstadt handelt“, so die Expertin. Eine Tierschützerin habe seit vielen Wochen das Futter so gestreut, um den Tauben vom Mühlgrün den Seilerwasen „schmackhaft“ zu machen. Vergebens, das Taubenhaus auf dem Mühlgrün war bis zuletzt rappelvoll.

Mit leichten Sorgen für die Freiluftsaison blickt die Taubenbeauftragte auf die Situation beim Mühlgrün. Sie hätte es für gut befunden, wenn es dort weiterhin einen Vogelschlag gegeben hätte. „Mit Vita Vogel haben wir eine sehr zuverlässige Taubenwartin und der Tierschutzverein hätte die Futter- und Betriebskosten übernommen“. Denn der etwa neun Meter hohe Taubenturm am Seilerwasen biete nur Platz für rund 200 Tauben, beim Mühlgrün würden sich aber mindestens 300 Tiere aufhalten.

Wie viele Tauben in Stuttgart leben, weiß keiner genau. Fakt ist, dass ein generelles Fütterungsverbot für die Vögel herrscht. Doch aus falsch verstandener Tierliebe halten sich viele Bürger nicht daran und streuen Futter – teilweise ganz Säcke davon. Erwischt auf frischer Tat wird jedoch nur selten jemand. Die Taubenliebe geht sogar bis vors Gericht. So hat das Verwaltungsgericht Stuttgart 2014 die Klage einer 35 Jahre alten Vogelliebhaberin abgeschmettert, die sich ein Recht auf Taubenfüttern erstreiten wollte.

Nach wie vor werden in Bad Cannstatt Standorte für Taubenschläge gesucht. Weitere Informationen unter www.stadttauben-stuttgart.de