Im Quartier Seelberg sollen Voruntersuchungen für zur Milieuschutzsatzung durchgeführt werden. Foto: Storck - Storck

Die Stadt will mit der Milieuschutzsatzung Luxussanierungen und damit verbundene Mieterhöhungen im Seelberg verhindern. Der Ausschuss für Umwelt und Technik stimmte mit knapper Mehrheit zu.

Bad Cannstatt Um Luxussanierungen und steigende Mieten zu verhindern sowie die Zusammensetzung in der Wohnbevölkerung zu erhalten, hat die Stadt eine „Milieuschutzsatzung“ aufgelegt, die jetzt für den Seelberg in Kraft treten soll. Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat dies mit 9:8 Stimmen befürwortet. Im Abgrenzungsbereich befinden sich sowohl gründerzeitliche Blockstrukturen als auch jüngere Wohnbauflächen der Nachkriegszeit. Der Seelberg wird im Norden durch die Wildunger und Waiblinger Straße, im Westen durch die Kreuznacher und Martin-Luther-Straße, im Süden durch die Deckerstraße und im Osten durch die Denner- und Taubenheimstraße begrenzt. Der bauliche Zustand der Gebäude ist laut Stadtverwaltung im Allgemeinen durch bauliche und energetische Modernisierungsrückstände geprägt. Die Wohnlage im Gebiet wird durch das Stadtmessungsamt in weiten Teilen als mittlere Lage, in den Randbereichen zur Deckerstraße und Waiblinger Straße als einfache Lage eingeschätzt.

Eine Eigentümerin hat jetzt umfangreiche Maßnahmen an ihrem Gebäudebestand mit aktuell etwa 300 Wohneinheiten angekündigt. Neben Anbau von Balkonen sind auch Dachaufstockungen und Dachgeschossausbauten an mehreren Gebäuden vorgesehen. „Im Zuge dieser Maßnahmen ist mit umfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an den Bestandsgebäuden zu rechnen“, heißt es in der Vorlage zum Aufstellungsbeschluss der „Milieuschutzsatzung“. Da sich weitere benachbarte Wohngebäude im vergleichbaren Zustand befinden, können ähnliche Bestrebungen zur Aufwertung des baulichen Standards und damit verbundene Mieterhöhungen in weiten Teilen des Quartiers nicht ausgeschlossen werden, vermutet die Stadt. Die Eigentümerstruktur im Gebiet sei äußerst heterogen, so dass auch die Option von Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen bestehe.

Als Konsequenz aus diesen möglichen Entwicklungen bestehe die Gefahr, dass die gewachsene Wohnbevölkerung verdrängt beziehungsweise das Wohnungsangebot etwa hinsichtlich Wohnungsgröße und Mietpreis zum Teil der bisherigen Bewohnergruppen reduziert werde. „Dies würde die Zusammensetzung der ansässigen Bevölkerungsstruktur gefährden.“ Daher sollen jetzt Voruntersuchungen zur sozialen Zusammensetzung und wirtschaftlichen Situation sowie zur Gebäudesituation durchgeführt werden. „Darüberhinaus sind auch Identifikation und Analyse des Gebietsstandards der vorhandenen Wohnbebauung notwendig, um bei der Umsetzung der Milieuschutzsatzung die Genehmigungsfähigkeit von baulichen Änderungen an bestehendem Wohnraum beurteilen zu können.“

Dafür notwendige Daten könnten nur teilweise aus den bei der Landeshauptstadt vorliegenden sekundär-statistischen Daten erhoben werden. Aufgrund der heterogenen Struktur des Gebietes sei auch eine Befragung der Mieterhaushalte und der Eigentümer sowie eine Vor-Ort-Begehung des Gebäudebestands notwendig. Um eine möglichst aussagekräftige Datenlage zu erreichen, ist eine aufsuchende Befragung der Mieter vorgesehen. Die Kosten für die Voruntersuchung belaufen sich auf 35 000 Euro und stehen zur Verfügung.

Knappe Mehrheit im Gemeinderat

Nach dem Patt im Bezirksbeirat Bad Cannstatt (wir berichteten) gab es im Ausschuss für Umwelt und Technik mit einer Stimme Mehrheit Zustimmung für das Vorhaben. Grüne, SPD, SÖS-Linke-Plus sowie die Stadtisten votierten dafür. Die CDU bezweifelt das Vorhaben. „Um Luxussanierungen zu verhindern, muss die Stadt bauen, bauen, bauen“, ist Stadträtin Beate Bulle-Schmid überzeugt. Sie befürchtet für Mieter einen Stillstand oder eine Minimalsanierung. „Der Gebäudezustand soll sich nicht verschlechtern.“ Durch das Vorhaben würden Stadt und Verwaltung zum Herrscher privaten Wohnens. „Die Milieuschutzsatzung ist Augenwischerei und das falsche Signal“, so Bulle-Schmid. Jürgen Zeeb (Freie Wähler) hält das Vorhaben für „Gängelung der privaten Eigentümer“. Dadurch werde nicht mehr oder weniger gebaut. „Es bringt keinen einzigen Quadratmeter Wohnen mehr, der so dringend gebraucht wird.“ FDP-Stadtrat Michael Conz war empört. „Das ist totaler Quatsch. Die Leute werden angelogen.“ Björn Peterhoff (Grüne) sieht das anders. „Das ist kein Weltuntergang.“ Die Milieuschutzsatzung sei ein Instrument von mehreren, die verhindern, dass dort die Mieten übermäßig steigen. Denn dies drohe auch im Seelberg. „Die Verdrängung von Mietern ist Fakt“, stellte Luigi Pantisano (SÖS-Linke-Plus) fest. Das Vorhaben müsse ausgeweitet werden. „Es müssen weitere Gebiete folgen.“