Vor allem im unteren Bereich der Pragstraße werden die Filtersäulen errichtet. Foto: Uli Nagel - Uli Nagel

Am kommenden Donnerstag werden die Anwohner über die Maßnahme informiert.

Bad CannstattVerstärkte Straßenreinigung, Mooswand und Tempolimits: Die Stadt hat viel versucht, um insbesondere am Neckartor die Feinstaubwerte und den Stickstoffdioxid-Ausstoß zu verringern. Eine weitere Maßnahme ging Ende 2018 in Betrieb. Im Rahmen eines Pilotprojekts der Firma Mann + Hummel, das vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg und von der Landeshauptstadt unterstützt wird, wurden 17 Filtersäulen entlang eines etwa 350 Meter langen Straßenabschnitts am Neckartor installiert.

„Trotz großer Bemühungen in den vergangenen Jahren wird an einigen Stellen im Stadtgebiet wie an der Pragstraße der Grenzwert für Stickstoffdioxid noch nicht eingehalten“, sagt Michael Münter, Leiter des Referats Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität. An zwei weiteren Standorten im Stadtgebiet sollen deshalb weiter Filtersäulen aufgestellt werden. So erhält die Hohenheimer Straße im Herbst auf etwa 240 Metern 21 Filtersäulen. Zehn sollen entlang der Pragstraße installiert werden. „Vorwiegend im unteren Bereich in Richtung Neckarvorstadt“, sagt Michael Münter. Mehr wolle er momentan nicht verraten, denn am kommenden Mittwoch steht das Thema auch auf der Tagesordnung des Bezirksbeirats Bad Cannstatt, einen Tag später werden dann betroffene Anwohner auf einer Infoveranstaltung im Kleinen Kursaal, Beginn ist um 19.30 Uhr, informiert. Neben der Stadt wird auch ein Vertreter des Verkehrsministeriums dabei sein. „Denn bei den Filtersäulen handelt es sich um eine Maßnahme des Landes“, so Münter. Fragen zu technischen Details wird im Kleinen Kursaal ein Vertreter der Ludwigsburger Firma Mann + Hummel beantworten.

Die Filtersäulen waren bisher 3,60 Meter hoch und bestehen aus jeweils drei zusammengesetzten, würfelähnlichen Bauteilen, den Cubes. Ausgerüstet mit Feinstaubpartikelfiltern und energieeffizienten Ventilatoren sind diese in der Lage, bei sehr geringem Energiebedarf 80 Prozent des Feinstaubs aus der angezogenen Umgebungsluft zu ziehen. Über eine Steuerungseinheit lässt sich der Betrieb der Feinstaubpartikelfilter bedarfsgerecht einstellen und damit auf die aktuelle Luftqualität reagieren. Integrierte Sensoren erfassen Luft- und Wetterdaten, die zusammengeführt und analysiert werden. „Die Firma hat sie jedoch optisch modifiziert“, verrät der Leiter des Referats Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität. Neckartor, Hohenheimer Straße und Pragstraße, die Umgebung sei verschieden.

Die Filtersäulen sind natürlich nur eine Interimsmaßnahme. Weshalb die Verantwortlichen bei Mann + Hummel sie auch als „Brückentechnologie“ bezeichnen. Sie soll Schadstoffe in der Luft reduzieren, bis die übrigen von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen für eine sauberere Luft greifen, so ein Unternehmenssprecher. Der Betrieb der Filtersäulen sei erst einmal auf zwei Jahre angelegt. Wenn die Stickstoffbelastung bis dahin unter die Grenzwerte gesunken ist, werde das Land die Lage neu bewerten.

Doch in zwei Jahren wird sich die Luftsituation an der Pragstraße sowieso ändern – zum Positiven. Denn 2021 soll der Rosensteintunnel in Betrieb gehen. In der Folge werden dann laut der städtischen Verkehrsexperten täglich rund 70 000 Fahrzeuge weniger zwischen Löwentor und Wilhelma-Kreuzung unterwegs sein.

Doch vielen Anliegern ist das Großprojekt ein Dorn im Auge. Die Wohnungsbesitzer an der oberen Pragstraße, wo der Tunnel wieder ans Licht kommt, fürchten mehr Verkehr und Dreck, da die Strecke für Autofahrer attraktiver wird. Drei Gebäude liegen in einem Bereich, in dem laut einem Gutachten künftig die Luftschadstoffe so hoch sein werden, dass sie für die Bewohner unzumutbar sein werden – unter anderem wegen der Stickstoffdioxid-Belastung. Die Lösung: Die Stadt will die Häuser kaufen und abreißen. Der Haken ist, dass sich die Angelegenheit in die Länge zieht und Anwohner wegen der Luftschadstoffe klagen können. „Das Thema ist noch nicht vom Tisch“, sagt Michael Münter. Man habe in der Vergangenheit zwar einige Wohnungen erwerben können, doch um den Wert anderer kann man sich nicht einigen. Fakt ist: Der Erwerb kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Dass heißt die Wohnungseigentümer müssen auch verkaufsbereit sein. Das hatte das Liegenschaftsamt bereits vor drei Jahren bestätigt.