Der Parkplatz in Nachbarschaft zum Jugendhaus könnte sich als Standort für eine Bildungs- und Bürgercampus anbieten. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Fast 70 000 Menschen leben in Stuttgarts größtem Stadtbezirk. Allerdings hat er in seiner Infrastruktur große Defizite. So die Meinung der Bad Cannstatter SPD. Die Sozialdemokraten beschlossen deshalb auf ihrer Mitgliederversammlung, einen Bildungs- und Bürgercampus zu fordern. Eine Fläche haben sie auch schon ins Auge gefasst:. Sie liegt in der Elwertstraße und dient heut als Parkplatz.

2013 wurde der sanierte und modernisierte Große Kursaal eingeweiht und seitdem laut Beschluss des Gemeinderates vom Bezirksamt verwaltet. Die Auslastung des Gesamtensembles - also zusammen mit dem Kleinen Kursaal - ist gut, allerdings wurde ziemlich schnell eines offenkundig: Ein Bürgerhaus, wie vielleicht von vielen Cannstattern erhofft, ist der Kursaal nicht. Kann er auch schon allein von der räumlichen Aufteilung her gar nicht sein.

Diesem Thema hat sich jetzt auch der SPD-Ortverein auf seiner letzten Mitgliederversammlung ausführlich gewidmet und dabei auch ins Kalkül gezogen, dass in anderen Bereichen großen Defizite herrschen und dies in vier Punkten zusammengefasst.

Zentrales Bürgerhaus

Zwar gibt es im Stadtbezirk einzelne soziale Treffpunkte und Einrichtungen für die Bürgerschaft. Diese sind aber entweder wie der Bürgertreff Veielbrunnen stark auf einen Stadtteil bezogen oder sie sprechen genau definierte Ziel- und Altersgruppen an. Als Beispiel nennt die SPD zum Beispiel das „Haus der Familie“ im Jugendhaus Cann. Andere zentrale Gebäude wie das Bezirksrathaus oder der Kursaal sind funktional und hinsichtlich ihrer Ausstattung nicht als Bürgerhäuser konzipiert und können diese auch nicht ersetzen.

Erwachsenenbildung

Die Verteilung der VHS-Angebote auf unterschiedliche Standorte bindet unnötige Ressourcen, erschwert oder verhindert kombinierte Angebote zum Beispiel im Bereich des „Integrierten Lernens“ (PC-/Mediennutzung) und ist damit auch für den Lernerfolg nachteilig. Die Bündelung der VHS-Angebote unter einem Dach ist deshalb nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen geboten, sondern auch pädagogisch sinnvoll und für bestimmte Angebote sogar zwingend.

Musikerziehung

Auch die räumliche Situation der Musikschule im Stadtbezirk ist unbefriedigend. Dies gilt für Unterrichtsräume und Möglichkeiten kleiner Aufführungen gleichermaßen.

Das Konzept der klassischen Öffentlichen Bibliothek als Standort für die Medienausleihe ist überholt. So sinkt die Medienausleihe bundesweit, während in vielen Großstädten die Anzahl der Besuche und aktiven Nutzer stagniert und teilweise sogar steigt. Bibliotheken sind einerseits öffentliche Orte, leicht zugänglich, einladend und Gespräche ermöglichend, andererseits definieren sie einen geschützten Raum für medienbezogene Aktivitäten für Bildung, Kultur, Bürgerinformation, Mediennutzung sowie Hilfen zur Alltagsbewältigung. Damit kommt der Aufenthaltsqualität durch eine einladende räumliche Ausstattung künftig eine weitaus größere Bedeutung zu. Die Stadt Stuttgart hat mit der Zentralbibliothek am Mailänder Platz für diese Entwicklung bereits eine zukunftsweisende - zudem deutschlandweit wie international stark beachtete - Antwort gegeben. Für Bad Cannstatt, aber auch für die Stadt Stuttgart insgesamt, fehlt ein schlüssiges Konzept für die Bibliotheksstandorte in den Stadtbezirken.

Die Cannstatter SPD ist jetzt der Meinung, dass die genannten Punkte konzeptionell und baulich in einem „Bildungs- und Bürgercampus Bad Cannstatt“ zusammengefasst werden sollen und hat deshalb drei Forderungen an die Verwaltung: Zum einen sind Flächen im südlichen Bereich des Bad Cannstatter Bahnhofes (Areal Elwertstraße) für den Neubau des beschriebenen Bildungs- und Bürgercampus vorzusehen. Zudem wird die Verwaltung beauftragt, den konkreten Gesamtbedarf zu ermitteln und auf dieser Grundlage ein integriertes Konzept unter dem Arbeitstitel „Bildungs- und Bürgercampus Bad Cannstatt“ vorzulegen. Und nicht zuletzt sind für die Analyse, Planung und den möglichen Ankauf und Ertüchtigung von Gebäuden und Flächen im städtischen Haushalt die erforderlichen Mittel einzustellen.