Vor allem für Frauen und Kinder unzumutbar. Seit Jahren setzt sich der Bezirksbeirat für einen neuen Seelbergdurchlass ein. Die Kosten wurden auf 20 bis 30 Millionen Euro geschätzt. Fotos: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Der Veielbrunnen, der seit Jahren Sanierungsgebiet ist, soll im Rahmen der Aufsiedelung des Güterbahnhof-Areals um die Flächen, die zwischen dem Stadtarchiv und dem Zollamt liegen, erweitert werden. Hier entstehen ab 2019 in Fortsetzung zum gerade erst eingeweihten Veielbrunnenpark weitere Grün- und Aufenthaltsflächen. Allerdings wird der Seelbergdurchlass nicht Teil des Sanierungsgebiets, was vom Bezirksbeirat kritisiert wurde.

Der Erfüllung des Traums von der „Stadt am Fluss“ rückt für die Veielbrunnen-Bewohner immer näher. In absehbarer Zeit wird zwischen Neckar und den Bahngleisen ein „grünes Band“ als attraktive Verbindung Bürger ans Flussufer locken. Der erste Teil, der Veielbrunnenpark, wurde am vergangenen Freitag eingeweiht. Für einen weiteren Abschnitt, die geschätzten Kosten liegen bei knapp 4,4 Millionen Euro, sind die Planungen schon weit fortgeschritten. „Es macht deshalb Sinn, die Flächen ins Sanierungsgebiet mit aufzunehmen und so Fördermittel zu erhalten“, sagte Martin Holoch vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung im Bezirksbeirat. Dabei handelt es sich um das Areal zwischen Stadtarchiv, Zollamt und Seelbergdurchlass.

Vorgesehen ist hier auf mehr als 10 000 Quadratmetern ein nahezu verkehrsfreier Stadtraum mit vielen Bäumen, einem Brunnen sowie einem Boulefeld. Allein die Fläche vor dem Stadtarchiv misst an der breitesten Stelle etwa 70 Meter und ist 6300 Quadratmeter groß. Im nördlichen Platzbereich ist zudem ein 1700 Quadratmeter großer Bolzplatz geplant. Angesichts der positiven Entwicklung der Kulturinsel zu einer stadtteilprägenden Einrichtung, soll sie zumindest in Teilen im Alten Zollamt erhalten bleiben. „Rund 4000 Quadratmeter sind realistisch“, sagte Martin Holoch.

Während der Veielbrunnenpark vornehmlich zur Naherholung gedacht ist, hat der künftige Quartiersplatz zwischen Zollamt und Stadtarchiv andere Funktionen. „Hier sollen einmal Veranstaltungen stattfinden“, so Holoch, weshalb die nötige Infrastruktur wie Wasser- und Stromleitungen eingeplant sind. Zusammen mit Schule, Kita, Bürgertreff, alle Einrichtungen entstehen in der Nachbarschaft, werde der Platz das künftige Zentrum des neuen Cannstatter Wohn- und Gewerbequartiers.

Generell begrüßte der Bezirksbeirat das Vorhaben und stimmte dafür, das bisherige Sanierungsgebiet um den neuen Quartierplatz sowie die Kulturinsel zu erweitern. Denn einig waren sich die Fraktionen, dass diese erhaltenswert sei. Einzig die SPD stimmte hier nicht in die allgemeine Euphorie ein und forderte etwas mehr „kritisches Begleiten“ von deren Arbeit. Denn der Nachweis, auch längerfristig wirtschaftlich arbeiten zu können, müsse von den Kulturinsel-Verantwortlichen erst noch erbracht werden.

Unzumutbar für Kinder und Frauen

Großen Diskussionsbedarf und Kritik an der Stadtverwaltung gab es dagegen beim Seelbergdurchlass. Denn die ungeliebte, knapp 150 Meter lange Röhre soll laut Holoch nicht ins Sanierungsgebiet Veielbrunnen aufgenommen werden. Damit zeigte sich der Bezirksbeirat nicht einverstanden. Unterstützung erhielt das Gremium von zwei jungen Frauen, die ihre negativen Erfahrungen schilderten und den verwinkelten Tunnel als unzumutbar bezeichneten. Zwar hatte die Stadt im vergangenen Jahr Pläne zur Umgestaltung vorgelegt, doch die wurden vom Bürgergremium lediglich als Kosmetik bezeichnet und abgelehnt. Mit der Hauptgrund: Barrierefreiheit kann an der Deckerstraße nicht hergestellt werden, da ein Aufzug zu teuer ist. Platz für eine entsprechend lange Rampe gibt es ebenfalls nicht. Erneut forderte der Bezirksbeirat, einen komplett neuen Tunnel zu bauen. Der würde allerdings mit 20 bis 30 Millionen Euro zu Buche schlagen. Viel Geld, so Peter Mielert (Die Grünen), das jedoch nötig sei. „Denn es ist - neben der Daimlerstraße - die einzige fußläufige Anbindung des neuen Wohnquartiers an den Seelberg.“

Bereits gestern machten die Grünen Nägel mit Köpfen und stellten einen Antrag, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, unverzüglich mit den Planungen für den neuen Seelbergdurchlass zu beginnen und dabei folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Anbindung an den Seelberg und das Veielbrunnengebiet/NeckarPark muss komplett barrierefrei und somit auch für Radfahrer ungefährlich benutzbar sein. Der Tunnel muss zudem geradlinig verlaufen, wobei die barrierefreie Rampe an der Deckerstraße auf die Mitte des Seelbergs gerichtet sein soll.