Die Lichtsignale zeigen dem Fahrgast, wo die Tür Foto: Varnhorst/oh - Varnhorst/oh

Seit Februar testet die S-Bahn Stuttgart am Bahnsteig in Cannstatt, ob sich durch Lichtsignale im Boden die Einsteigezeit verkürzen lässt. Das Projekt hat nun den Deutschen Mobilitätspreis erhalten.

PlochingenDie S-Bahn Stuttgart ist einer der Preisträger beim Deutschen Mobilitätspreis 2018. Ausgezeichnet wurde das Projekt „Leuchtende Bahnsteigkante – Zugauslastung in Echtzeit“, das seit Februar auf dem Bahnhof in Bad Cannstatt getestet wird. Mit den Leuchtsymbolen sollen die Einsteigezeit verkürzt werden, um so den engen Fahrplantakt zu halten.

Auf 210 Meter Länge wurden im Cannstatter Bahnhof Betonteile mit LED-Elementen eingebaut. Die Leuchtelemente sollen den wartenden Fahrgästen zeigen, wo sie am besten einsteigen können – und damit die reibungslose, zügige Abfahrt ermöglicht werden. Ob sich in den ersten fünf Monaten die Einsteigezeiten verkürzt haben, kann Reinhold Willing, Sprecher der S-Bahn Stuttgart, noch nicht sagen. Die Testphase sei bis Dezember verlängert worden, deshalb liege noch keine Auswertung vor. Das System werde „im Realbetrieb“ weiter entwickelt, hatte Dirk Rothenstein, Vorsitzender der S-Bahn-Geschäftsleitung, schon bei der Präsentation des Systems im Februar gesagt. So probiert man beispielsweise verschiedene Anzeigemotive aus, weil diese von den Fahrgästen „intuitiv“ verstanden werden sollen.

Bahn-Sprecher Willing hat bereits eine Verbesserung im Blick: „Die Farbgestaltung muss einfacher werden, da müssen wir nochmal ran.“ Bislang zeigen die Leuchtpunkte an, wo der Zug hält, wie lang er ist und wo sich die Türen befinden. Die Farben wurden schon mal gewechselt: Die Türposition, die anfangs weiß war, ist jetzt grün oder durch rote Kreuze gekennzeichnet. Mit der Leuchtkraft der LED bei Tageslicht ist man auch nicht zufrieden. In der nächsten Baureihe wolle man Lichtlinien statt Leuchtpunkte in den Beton einbauen. Eine entscheidende Info liefern die Signale bislang noch gar nicht: Wie hoch die Auslastung in den Waggons ist. Um diese Anzeige gehe es im nächsten Schritt, sagt der S-Bahn-Sprecher. Man sei deshalb mit einem Londoner Start-Up im Gespräch. Das liefert ein Software-Programm, das die Kamerabilder aus den Waggons zunächst datenschutzkonform anonymisiert und dann in Besetzungsstärke umrechnet. Dem Fahrgast wird dann in den drei Ampelfarben Grün, Gelb und Rot angezeigt, wo noch freie Plätze sind und wo er sich aufstellen soll. Bisher verfügt ein Modellzug über die entsprechende Ausrüstung. Die Anzeige von Zugposition und Zugauslastung wäre deutschlandweit eine Premiere.

Der 210 Meter lange Testbereich in Bad Cannstatt hat inklusive Übertragungstechnik die Bahn AG etwa 400 000 Euro gekostet. Da es sich um einen Testbetrieb handle, könne man daraus nicht auf den Investitionsbedarf schließen, sagt Willing. Auf der anderen Seite drohen der Bahn teure Strafzahlungen wegen der chronischen Unpünktlichkeit der S-Bahn. Letztlich geht es darum, auf der Stammstrecke der S-Bahn das Zeitfenster von 2,5 Minuten zwischen den Zügen einzuhalten, um eine stabilen Betrieb zu gewährleisten.

Um den Deutschen Mobilitätspreis 2018 hatten sich bundesweit 250 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Vereine beworben. Die Jury unter Leitung von Staatssekretär Steffen Bilger vom Bundesverkehrsministerium hat daraus zehn Projekte ausgewählt. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) sagte, die Preisträger zeigten vorbildlich, „wie Mobilität mit digitalen Innovationen noch nachhaltiger wird“. Die Preisträger werden im Herbst im Verkehrsministerium in Berlin offiziell gewürdigt.