Obwohl das Bad fast 50 Jahre alt ist, wird es nach Meinung des Bezirksbeirats weiterhin gebraucht werden. Foto: Nagel - Nagel

Obwohl der Bezirksbeirat dem Bäderkonzept in Teilen zustimmte, wurde die Beschlussvorlage abgelehnt. Der Grund: Das Stadtbad soll abgerissen werden, sobald das Sportbad im Neckarpark fertig ist.

Bad CannstattEigentlich sollte der Gemeinderat über den Bäderentwicklungsplan 2030, der vor vier Wochen im Großen Kursaal präsentiert wurde und der sich vornehmlich mit neuen Öffnungszeiten für die acht städtischen Hallenbäder befasst, Ende März abstimmen. Die Entscheidung wurde jedoch angesichts der anhaltenden Debatten in den betroffenen Stadtbezirken auf Mai verschoben.

Auch aus dem Stuttgarter Osten hagelte es Proteste. Denn das Leo-Vetter-Bad soll künftig in den Sommermonaten für den öffentlichen Badebesuch geschlossen bleiben. Der Grund für diese unpopuläre Maßnahme: Angesichts des akuten Mangels an Bademeistern für die Freiluftsaison – im Inselbad Untertürkheim mussten deshalb die Öffnungszeiten verkürzt werden – sieht Bäder-Chef Alexander Albrand so die Möglichkeit, eine große Personallücke in seinen Freibädern zu schließen. Doch auch die stark rückläufigen Besucherzahlen in den acht städtischen Hallenbädern spielten bei den Überlegungen der Bäderbetriebe eine Rolle. Laut Albrand wurden im Stadtbad in der Hofener Straße im Jahr 2017 insgesamt nur noch 3423 Schwimmer bei insgesamt 480 Öffnungsstunden für die Öffentlichkeit gezählt, das sind im Durchschnitt nur sieben Besucher pro Stunde. Aus diesem Grund soll der öffentliche Schwimmbetrieb in diesem Bad komplett eingestellt werden. Unterm Strich sollen Vereine und Schulen von dem Zukunftskonzept profitieren und mehr Schwimmunterricht anbieten können. Und das ist nötig, denn fast zwei Drittel der Grundschüler in Stuttgarter können nicht Schwimmen.

Generell könnte sich der Bezirksbeirat mit der Marschrichtung des Stuttgarter Bäder-Chefs anfreunden – wäre da nicht ein Passus in der Beschlussvorlage, mit dem die Fraktionen gar nicht einverstanden sind. Denn nach Eröffnung des gut 35 Millionen Euro teuren Sportbads im Neckarbad wäre nicht nur die Traglufthalle im Inselbad Geschichte, auch das Stadtbad wäre nicht mehr nötig und soll abgerissen werden. „Wir stimmen der Beschlussvorlage für das Konzept deshalb nicht zu“, sagte Roland Schmid (CDU), denn seine Fraktion sehe – trotz des Sportbads – weiterhin großen Bedarf an Wasserflächen für Stuttgarts größten Stadtbezirk.

Der Fraktionsvorsitzende verwies auf den Bürgerhaushalt, in dem der Erhalt des Stadtbads regelmäßig auftauche. „Wir haben zudem die Befürchtung, dass bei der Belegung des neuen Bads Schulen außen vor bleiben“, so Schmid. Es mache Sinn, die Einrichtung zu erhalten. „Man sollte es – wie in Untertürkheim – für eine Vereins- und Schulnutzung sanieren“, so Schmid. Auf öffentliche Schwimmzeiten könne man – angesichts der rückläufigen Zahlen – dagegen verzichten.

Dieser Meinung konnte sich Kathrin Grix nicht anschließen. „Wir brauchen auch in der Hofener Straße kostengünstige Schwimmzeiten für Familien mit Kindern“, so Grix und verwies auf den teureren Eintritt ins Leuzebad. Zudem wünschen sich die Grünen verlässliche Zahlen, was eine Sanierung des Stadtbads kosten würde. Die SPD konnte dem Bäderkonzept nur in Teilen zustimmen und warnte vor einem Abriss: „Stuttgart wächst und soll in zehn Jahren 650 000 Einwohner haben“, sagte Jörn Kramer-Matthiß. Da liege es doch auf der Hand, dass mehr Wasserflächen benötigt werden. Dass Bad Cannstatt weiterhin ein Stadtbad braucht, war auch für Doris Höh (FDP) und Gerhard Veyhl (Freie Wähler) klar. „Wir müssen auch an die Nachbarbezirke Münster und Mühlhausen denken“, so der Fraktionssprecher der Freien Wähler. Doch lohnt sich eine teure Sanierung am heutigen Standort? Veyhl verwies auf das fast 40 Millionen Euro teure Maßnahmenpaket für das Mineralbad Bergs und plädierte für einen Neubau in der Nähe zum Mombachbad. „Auf der dann frei werdenden Fläche könnte ein Bürgerhaus gebaut werden – denn das fehlt immer noch in Bad Cannstatt“, so Veyhl.

Vor allem Roland Schmid hatte in Sachen Neubau aber „allergrößte“ Bedenken. „Nach dem Sportbad baut die Stadt nie und immer ein weiteres, neues Bad in Bad Cannstatt“, so der CDU-Mann. Wenn doch, würde er ins Kloster gehen. Bei einer Enthaltung wurde die Beschlussvorlage für den Bäderentwicklungsplan von allen Fraktionen abgelehnt. Bei ebenfalls nur einer Enthaltung wurde dagegen dem CDU-Antrag zugestimmt, der den Erhalt und die Renovierung des Stadtbads fordert. Laut Bezirksbeirat sollen jetzt Planungskosten im Haushalt bereit gestellt werden.

Was die Sanierung des Stadtbads kostetet, lässt sich heute natürlich nur abschätzen. Im Jahr 2011, als der Gemeinderat über die Sportbadpläne im Neckarpark diskutierte und eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hatte, nannte Bürgermeister Michael Föll eine Summe von rund sechs Millionen Euro. Da in den letzten Jahren sich der Zustand des Bades sicher nicht verbessert hat, liegt die Sanierungssumme heute wohl um einiges höher. Und dass Handlungsbedarf besteht, ist offensichtlich: Ab dem 7. März muss das Bad geschlossen werden, da Arbeiten am Hubboden anstehen – nicht zum ersten Mal.