Wenn Fahrradfahrer sich die Straße mit Autofahrern teilen, dann heißt es, Rücksicht zu nehmen und einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Bei einer Geschwindigkeit ab 90 Kilometern pro Stunde sind es sogar zwei Meter. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Ein tägliches Bild: Radfahrer im Straßenverkehr und das oft mit Risiken. Denn in den Sommermonaten steigt statistisch die Anzahl der Unfälle mit Fahrradfahrern. Auch wenn diese die Hälfte der Unfälle selbst verursachen, beschwören ungeduldige Autofahrer häufig Gefahrensituationen herauf. Insbesondere beim Thema Sicherheitsabstand besteht viel Aufklärungsbedarf bei Autofahrern. Eine Nichteinhaltung kann sogar eine Strafe wegen Nötigung zur Folge haben.

Von Erdem Gökalp

Busse, Autos, Motorräder, Roller und Fahrräder sind oft auf den Straßen unterwegs. Auch in der Stauhauptstadt Stuttgart kann es für manchen Verkehrsteilnehmer gar nicht schnell genug gehen. Wenn die Ungeduld überhandnimmt, sind die Folgen oft riskante Überholmanöver, die auf Kosten der „schwächeren“ Verkehrsteilnehmer wie Fahrradfahrer gehen. Ein typisches Szenario ist ein Fahrradfahrer auf der Fahrbahn und hinter ihm ein drängelnder Autofahrer. Oft wird, ohne groß auf den Sicherheitsabstand zu achten, überholt. Auch wenn das Überholen keinen Unfall verursacht, können Autofahrer eine Anzeige wegen Nötigung erhalten, wenn der Fahrradfahrer erschrickt oder nicht genug Platz zum Ausweichen hat.

Der Automobil Kraftfahrer-Schutz fordert daher mehr Aufklärung zu dem Thema. „Die Rechtsprechung geht beim Überholen von mindestens 1,5 Meter Sicherheitsabstand aus“, sagt ein Sprecher. Ab einer Überholgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde müssen sogar mindestens zwei Meter eingehalten werden. Und wenn es einmal wegen Gegenverkehr oder einer engen Straße nicht genug Platz zum Überholen gibt, dann heißt es abwarten und nicht aus der Ruhe bringen lassen.

„Bei dem Sicherheitsabstand geht es auch darum, dass der Fahrradfahrer bei einer Gefahrensituation genug Platz zum Ausweichen hat“, sagt ADAC-Sprecher Reimund Elbe. Er empfiehlt Fahrradfahrern, sich nicht unter Druck setzen zu lassen, wenn von hinten gedrängelt wird. „In der Regel geht es um etwa zwei Sekunden, die man früher an einer Ampel steht und dafür eine erhebliche Gefahrensituation provoziert“, sagt Elbe. In der Regel sind die Radler nur dann auf die Fahrbahn unterwegs, wenn es keinen entsprechenden Fahrradweg gibt.

Laut aktueller Unfallstatistik gab es 2016 insgesamt 348 Unfälle mit Radfahrern, bei denen 69 schwer verletzt wurden. Bei rund der Hälfte der Fälle waren die Unfallverursacher die Radfahrer selbst. Bei 12,5 Prozent der Unfälle war eine Nichteinhaltung der Vorfahrtsregel die Unfallursache. Für einen 80-jährigen Fahrradfahrer in Weilimdorf kam bei einem Unfall im Juni 2016 sogar jede Rettung zu spät. Er wurde in einem Kreisel von einem Auto übersehen und erlag den Folgen seiner Verletzungen. Die Stuttgarter Radfahrer-Initiative „Critical Mass“ hatte im Juli 2016 bei einer Demonstration an diese folgenschwere Missachtung des Sicherheitsabstands erinnert. Die Bewegung veranstaltet regelmäßige Fahrraddemos, um zu mehr Achtsamkeit gegenüber Radlern im Straßenverkehr aufmerksam machen. Sie starten jeden ersten Freitag im Monat vom Feuersee aus zu einer Fahrraddemo. Stuttgart will fahrradfreundlicher werden. Das Verkehrsentwicklungskonzept 2030 sieht eine Steigerung des Radverkehrsanteils auf 20 Prozent vor. Aktuell hat das Radwegnetz eine Länge von 1640 Kilometern. Solange es Straßen gibt, auf denen Radler und Autofahrer zusammen unterwegs sind, heißt es für beide, Rücksicht zu nehmen.