Die Schneeleopardenkatze Kailash macht es sich auf einem Felsen gemütlich. Foto: Kuolt - Kuolt

Die Schneeleoparden in der Stuttgarter Wilhelma haben ein neues Gehege bezogen. Die 1,6 Millionen Euro teure Anlage bietet „Ladakh“ und „Kailash“ 700 Quadratmeter Außenfläche.

Bad Cannstatt„Er läuft auf ziemlich großen Pfoten, damit er nicht im Schnee versinkt, und er ist einer der Bedrohten, der auch ums Überleben ringt.“ Mit einem Auszug aus dem Gedicht „Der Schneeleopard“ des zeitgenössischen deutschen Dichters Alfons Pillach begann die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) am gestrigen Montag ihre Rede bei der Eröffnung des neuen Schneeleopardengeheges in der Wilhelma. Sitzmanns Grußwort folgte auf eine folkloristische Darbietung aus der Heimat der Tiere. Mitglieder des Vereins „Tibeter in Deutschland“ zeigten einen Tanz in traditionellen Gewändern als Reminiszenz an die grünen Wiesen und schneebedeckten Berggipfel Tibets. „Unsere Darbietung soll ein Kompliment an die Landschaft und die Natur der Heimat der Schneeleoparden sein“, sagte ein Vereinsmitglied in einer kurzen Einführung.

Der darauffolgende lyrische Exkurs der Finanzministerin hatte jedoch einen ernsten Hintergrund. Denn die scheuen Großkatzen sind, wie im zweiten Teil der Strophe deutlich wird, vom Aussterben bedroht. Weltweit gibt es durch Wilderei und einen ständig fortschreitenden Rückgang ihrer Beutetiere nur noch etwa 4000 Schneeleoparden – die Irbisse, wie die Schneeleoparden auch genannt werden, stehen auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion. Umso wichtiger sei es, dass man in Stuttgart mit dem Ausbau des Geheges etwas geschaffen habe, „das alles bietet, was das Schneeleopardenherz begehrt. Die Wilhelma hilft mit der neuen Anlage, die bedrohten Schneeleoparden zu erhalten. Das ist aktiver Artenschutz“, sagte Sitzmann.

Bereits am vergangenen Donnerstag hat das Schneeleopardenpaar Ladakh und Kailash sein neues Domizil bezogen. Insgesamt ist das Gelände 700 Quadratmeter groß, bietet eine deutlich variantenreichere Topografie und ist in drei Gehege unterteilbar. Optimale Voraussetzungen , um die Zucht der seltenen Tierart wieder aufzunehmen. „Wir haben vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm eine Zuchtempfehlung bekommen und hoffen nun, dass es noch in diesem Jahr mit Nachwuchs klappt“, sagte Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin. Die alte Schneeleopardenanlage bot den Tieren lediglich 170 Quadratmeter Platz. „Wir haben es geschafft, alles unterzubringen, was die Tiere mögen: steile Hänge, flaches Wasser – das ist vor allem für den hoffentlich bald kommenden Nachwuchs interessant – sowie hochgelegene und geschützte Ruheplätze auf Felsplatten. „Es ist eine wunderbare neue Welt für die Tiere“, sagte Sitzmann.

Auch für die Besucher bietet die neugestaltete Anlage einen Gewinn. Zahlreiche modern gestaltete Informationstafeln an den Felswänden informieren über die Fähigkeiten und den natürlichen Lebensraum der Tiere, dazu können Interessierte aus speziellen Besucherkanzeln, die Fenster eingelassen sind, von oben einen Blick auf die „Geister der Berge“ werfen. „Dadurch erreichen wir gleich mehrere gute Zwecke: Wir stärken die Wilhelma als attraktiven Erlebnis- und Erholungsort und bauen gleichzeitig die Kompetenz als Lernort für Schulen und Kinder weiter aus“, betonte Sitzmann.

Insgesamt 1,6 Millionen Euro hat der Bau der neuen Anlage gekostet, 300 000 Euro steuerte der Verein der Freunde und Förderer der Wilhelma bei. Unterstützung für die Schneeleoparden kommt auch von Tierpaten. Charlotte Spieth-Hassel und Wolfgang Hassel aus Neckartenzlingen übernehmen jedes Jahr eine Tierpatenschaft in der Wilhelma. Esel, Zebra, Gibbon, Lachender Hans und Ameisenbär – für all diese Tiere übernahmen die beiden bereits Patenschaften. Nun entschieden sie sich für den Schneeleopard. „Wir mögen Raubkatzen sowieso. Dazu kommt, dass der Schneeleopard ein total faszinierendes Tier ist“, sagten die beiden.

Schneeleoparden in der Wilhelma

Seit 1991 gibt es in der Wilhelma Schneeleoparden. Sie sind Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP). Aktuell leben in Stuttgart der Kater Ladakh, der im Jahr 2010 im Zoo der französischen Stadt Amnéville in Lothringen geboren wurde, und die Katze Kailash, die ebenfalls im Jahr 2010 zur Welt kam, im Zoo von Zürich in der Schweiz. Die bislang letzte Schneeleopardengeburt in der Wilhelma gab es im Jahr 2013. Insgesamt acht in der Wilhelma geborene Jungtiere wurden an Zoos weltweit, unter anderem nach Portugal, Belgien und in die USA, vermittelt.

Die Bauzeit für das neue Gehege betrug eineinhalb Jahre. Die Wilhelma betreibt bei den Schneeleoparden Artenschutz vor Ort: Die Stuttgarter kooperieren dabei mit dem Schneeleoparden-Projekt des NABU in Kirgistan. Weltweit gibt es insgesamt noch 4000 Schneeleoparden.

Angesichts des stark zurückgehenden Freilandbestandes der Tiere ist die Nachzucht in den Zoos der Welt von besonderer Bedeutung. Es gibt heute über 400 Irbisse in Menschenobhut, von denen bereits zwei Drittel im Zoo geboren sind.

Über das Verhalten des Schneeleoparden oder Irbis im Freiland ist nur wenig bekannt, denn im schwer zugänglichen Hochgebirge Zentralasiens führen diese Einzelgänger ein sehr verstecktes Leben.