Das neue Sportbad kostet 44 Millionen Euro und soll 2022 Fertig sein. Foto: Visualisierung: Lehmann Architek - Visualisierung: Lehmann Architekten GmbH

Das nennt man eine Kostenexplosion. Einst wurde der Neubau des Sportbads auf 14 Millionen Euro taxiert, mittlerweile schlägt er mit 44 Millionen Euro zu Buche.

Bad CannstattIm Januar 2020 ist es soweit: Nach fast zehn Jahren Debatten um Notwendigkeit, Standort und energetische Ausstattung soll Spatenstich für das wettkampfgerechte Sportbad an der Mercedesstraße sein. Billig wird es nicht. Lagen die ersten Schätzungen noch bei etwa 14 Millionen Euro, so kostet der Neubau heute rund 44 Millionen Euro. Ein Rückblick.

2009: Das Cannstatter Stadtbad in der Hofener Straße ist marode. Schon mehrmals musste es für Wochen geschlossen werden, um die Reparaturarbeiten (Dach, Glasfassade) zu erledigen. Das Problem: Zahlreiche Vereine und Schulen nutzen das Bad zum Schwimmunterricht, eine Alternative gibt es jedoch nicht. Richtig Geld kostet auch die Traglufthalle im Inselbad, die erstmals 1991 aufgebaut wurde und die offiziell nur eine Lebensdauer von zehn Jahren hat. Geld für eine neue , die gut 750 000 Euro kostet, gab‘s vom Gemeinderat jedoch nie. Stattdessen wird zum Föhn gegriffen und die „Energieschleuder“ per Klebestreifen repariert.

2010: Im Bäderausschuss wird regelmäßig ein neues Sporthallenbad angesprochen. Ein Thema, das insbesondere Schwimmvereine und Schulen erfreut. Denn diese Hauptnutzer träumen schon seit Jahrzehnten von einem wettkampfgerechten 50-Meter-Becken. Über den Standort gibt’s wenig Diskussionen. Da kam für die Fraktionen nur der Neckarpark infrage. Eine klare Vorgabe vom Gemeinderat war dabei, dass der Unterhalt eines neuen Sportbads den der Traglufthalle und des Stadtbads Cannstatt samt deren Sanierungskosten nicht übersteigen darf. Es wurde daraufhin eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

April 2011: Die Machbarkeitsstudie für ein neues Sportbad liegt vor. Das Stuttgarter Büro Sport Concept, das das Papier im Auftrag der Stadt erstellt hat, empfiehlt einen Neubau in der Nachbarschaft zur Tennishalle von Rot-Weiss Stuttgart. Die geschätzten Kosten: etwa 14 Millionen Euro.

Dezember 2012: Das neue Sporthallenbad soll doch ein zweites Schwimmbecken erhalten. Damit ist die Verwaltung auf die Wünsche des Schwimmsports eingegangen, der bei nur einem Becken Konflikte mit anderen Nutzern befürchtet. Die Umplanung macht das Projekt deutlich teurer. Aus den angesetzten gut 14 Millionen Euro sind bereits knapp 22 Millionen Euro geworden.

März 2013: Außer der FDP votierten am 8. März sämtliche Gemeinderatsfraktionen für den Standort des neuen Sportbads, der nur wenige Meter vom Gelände der beiden Vereine VfL Stuttgart und Rot-Weiss Stuttgart entfernt liegt. Doch nach wütenden Protesten beider Vereine, die nicht nur einen riesigen Funktionsbau vor der Nase hätten, sondern auch noch auf jede Menge Parkplätze hätten verzichten müssen, gab es ein Umdenken und es begann eine langwierige Standortsuche.

Juni 2013: Die Sieger des Planungswettbewerbs (Arbeitsgemeinschaft Kubus360, Krieger Architekten und Ingenieure und Riehle und Assoziierte) für das neue Sportbad stehen fest. Ob die Pläne jedoch realisiert werden, ist angesichts der Standortsuche offen. Aus diesem Grund droht eine zweite, europaweite Ausschreibung samt einer weiteren Kostensteigerung.

Januar 2014: Die Standortfrage zieht sich in die Länge. Laut dem Gutachten von Drees & Sommer, das Unternehmen hat im Neckarpark vier Areale untersucht, kommen dafür jedoch nur zwei Gelände infrage. Das eine ist im Besitz der SSB, für das andere Gelände an der Mercedesstraße (ehemalige Tankstelle) hat ein Hotelinvestor eine Kaufoption. Bei der Verwaltung werden die Kosten mittlerweile mit rund 23 Millionen Euro beziffert.

März 2015: Rund 26 Millionen Euro soll das neue Sportbad kosten. Sowohl der Sport-, Bäder wie auch der Technikausschuss gaben grünes Licht für einen zweiten Architektenwettbewerb. Auch der Standort steht fest: An der Mercedesstraße auf dem Areal, das lange für ein Hotel reserviert worden war.

Oktober 2017: Die Freunde des Schwimmsports atmen auf: Der Gemeinderat hat endgültig den Bau des Bads beschlossen. Rund 35 Millionen Euro kostet das Projekt. Genutzt werden soll die Einrichtung von Leistungssportlern in Schwimmen und Wasserball und für Schwimmunterricht. Außerdem, heißt es in der Beschlussvorlage, sollen auch „nicht-organisierte Schwimmsporttreibende Zugang erhalten“.

Oktober 2018: Erneut müssen die Bäderverantwortlichen den Baustart für das Sportbad verschieben. Teurer wird das Projekt ebenfalls. Die Kosten liegen jetzt bei 36,3 Millionen Euro. Die Verzögerung erklärt man durch zusätzliche Planungen, weil das Bad nach den Bedingungen des Klimaschutz-Plans 2050 des Bundes gebaut werden soll und so energietechnisch nachjustiert werden muss.

Oktober 2019: Die gute Nachricht: Baubeginn für das neue Sportbad im Neckarpark soll im Januar 2020 sein. Die schlechte: Der Neubau kostet mittlerweile 44 Millionen Euro. Als Grund für die Mehrkosten werden erhöhte Aufwendungen für Erdaushub, Entsorgung und Baustellenlogistik genannt. Allerdings schlagen auch erhöhte Preise für Bauleistungen zu Buche. Zudem investiert die Stadt mehr Geld in ein Energiekonzept: zwei statt 1,2 Millionen Euro. Dennoch stimmte der Wirtschaftsausschuss dem Baubeschluss zu. Die Eröffnung soll im April 2022 sein. Spätestens dann soll auch Zapfenstreich für die Traglufthalle und das Cannstatter Stadtbad sein. Doch hier scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn Vereine und Schulen aus Cannstatt, Münster und Mühlhausen sind kategorisch gegen den Abriss.