Die erste Fahrt der U 12 ist geladenen Gästen vorbehalten. Gegen 10.40 Uhr treffen die beiden parallel fahrenden Stadtbahnen an der neuen Haltestelle Bottroper Straße mit der großen Sonnenuhr ein. Foto: SSB AG Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Züge, die mit leichter Verspätung an Haltestellen eintreffen - das passiert durchaus ab und an. Aber eine Stadtbahnlinie, die knapp zehn Minuten zu früh aufkreuzt? Mit zwei parallel fahrenden Doppelzügen absolvierte die U 12 am Samstag ihre Eröffnungsfahrt von der Haltestelle Bottroper Straße bis zum Budapester Platz im Europaviertel. Ein Termin, den sich die geladenen Gäste ebenso wenig entgehen lassen wollten wie zahlreiche Anwohner.

Das Thema U 12 begleitet Heidemarie Leidigkeit bereits seit vielen Jahren. Und so ist es für die ältere Frau aus Münster auch keine Frage, dass sie an diesem Vormittag mit drei Begleiterinnen der Eröffnung beiwohnt. Trotz klirrender Kälte und trotz glatter Wege. Zahlreiche Interessierte warten bereits an der Haltestelle Bottroper Straße auf die beiden 80 Meter langen Eröffnungszüge, die um 10.50 Uhr dort eintreffen sollen. Als Mitglied der Bürgerinitiative, erzählt Leidigkeit, habe sie sich einst gegen die ursprünglich geplante Trassenführung mit Halt in Münster stark gemacht - mit Erfolg. Der Plan wurde wieder verworfen. „So wie es gekommen ist, ist es doch toll“, zeigt sie sich überzeugt. „Unser Wunsch wäre jetzt nur noch, dass die Buslinie 56 erhalten bleibt.“

Gegen 10.40 Uhr - und damit zehn Minuten früher als angekündigt, fahren die beiden Doppelzüge ein. Als sich die Türen öffnen, strömen die geladenen Gäste ins Freie. Es ist allerdings nur ein kurzer Zwischenstopp auf der fertiggestellten Strecke. Die Rede von Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn („ein großer Sprung nach vorn“) samt anschließender Taufe eines Stadtbahnwagens auf den Namen „Europaviertel“ wird später an der neuen Haltestelle Budapester Platz stattfinden.

Zwei kurze Ansprachen gibt es dennoch. Die Bezirksvorsteherin von Münster, Renate Polinski, erinnert an die Anfänge des Projekts, das von „heftigen Debatten“ begleitet worden sei und dessen ursprüngliche Inbetriebnahme für das Jahr 2008 vorgesehen war. „Dieser Zeitrahmen wurde dann doch etwas überschritten“, merkt sie zur Erheiterung ihrer Zuhörer an. Allerdings habe das auch an der Verknüpfung mit Stuttgart 21 gelegen.

Die neue Haltestelle Bottroper Straße lobt Polinski als „großartige Anbindung“ für die Anwohner. Und diejenigen, die „im Flegga unten wohnen“, könnten davon profitieren, dass durch die Entlastung der Linie U 14 sich Fahrgäste in deren Züge bald nicht mehr wie Ölsardinen fühlen müssten.

Der heutige Tag sei ein „kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für den ÖPNV in Stuttgart“, betonte Bad Cannstatts Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler augenzwinkernd. Dass zur Einweihung der neuen Streckenführung zwei Bahnen in dieselbe Richtung fahren, sei ein Zeichen dafür, dass es vorwärts gehe.

Als die Gäste wieder in die Züge zurückgekehrt und eingestiegen sind, fährt die U 12 weiter zum Budapester Platz - genauso überpünktlich, wie sie an ihrem ersten Halt angekommen ist. Ab 12 Uhr ist die Fahrt auf der U 12 bis Betriebsschluss für jedermann frei. Ein kleiner Weihnachtsmarkt erwartet die Besucher im Europaviertel. Besonders begehrt sind dort jedoch nicht klassische Weihnachtsartikel: In einem Sonderpostamt wird zur Eröffnung der Linie 12 vielmehr eine Briefmarke mit einer Stuttgarter Stadtbahn samt Sonderstempel angeboten.

Die U 12 fährt vom Hauptbahnhof kommend über den Budapester Platz zur Haltestelle Milchhof, von dort durch die Nordbahnhofstraße, entlang der Löwentorstraße zur Bottroper Straße und von dort aus durch den neuen Tunnel ins Neckartal.