Betriebsseelsorger Guido Lorenz und Rechtsanwalt Jan Werner (rechts) beim Arbeitnehmerempfang. Foto: jas - jas

Jeden Tag erlebt Betriebsseelsorger Guido Lorenz, wie problematisch es ist, in Stuttgart eine bezahlbare Wohnung zu finden. „So schwer wie derzeit war es noch nie“, sagte Lorenz beim Arbeitnehmerempfang der Betriebsseelsorge in der Wiesbadener Straße

Bad CannstattJeden Tag erlebt Betriebsseelsorger Guido Lorenz, wie problematisch es ist, in Stuttgart eine bezahlbare Wohnung zu finden. „So schwer wie derzeit war es noch nie“, sagte Lorenz beim Arbeitnehmerempfang der Betriebsseelsorge in der Wiesbadener Straße. Und er weiß wovon er spricht, schließlich blickt er auf 38 Jahre Berufserfahrung zurück.

Insbesondere diejenigen, die auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind, haben angesichts der immer weiter steigenden Mieten große Probleme. Jüngst habe er erlebt, wie einem Erwerbslosen vom Jobcenter mitgeteilt wurde, dass die derzeitige Wohnung zu groß sei. Doch eine kleinere Wohnung zu finden, die den finanziellen Rahmen nicht übersteigt, ist nahezu aussichtslos. „Die Interessenten müssen bei Besichtigungen Schlange stehen.“ Und angesichts hoher Konkurrenz, sind diejenigen, die erwerbslos sind häufig im Nachteil. In anderen Fällen hätten die Betroffenen zwar eine Arbeitsstelle, doch das Einkommen reiche nicht aus, um in Stuttgart eine Wohnung mieten zu können.

Auch neue Wohnformen entstehen durch die Preissteigerung und den sehr begrenzten Wohnraum, beschrieb Lorenz die Situation. Wohnten früher hauptsächlich Studenten in Wohngemeinschaften zusammen, wird diese Form des Zusammenlebens auch von Berufstätigen gewählt. „2018 war das erste Mal, dass die Quadratmeteranzahl pro Person zurückgegangen ist.“. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die Menschen kontinuierlich immer mehr Wohnraum zur Verfügung gehabt – dies scheint nun vorbei zu sein. Um so paradoxer erscheint dem Betriebsseelsorger die Tatsache, dass viele Häuser leer stehen oder nur von einer Person bewohnt werden.

Doch nicht nur diejenigen, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, leiden unter der Entwicklung der Mietpreise, weiß Jan Werner vom DMB-Mieterverein. Der Rechtsanwalt berät Mieter und erlebt häufig, dass auch Betriebskosten oder Mieterhöhungen zu Problem werden können, genau wie Kündigungen wegen Eigenbedarfs.

Auch wer sich wegen der Höhe der Miete verkleinern will, und beispielsweise von 80 Quadratmeter in eine 50 Quadratmeter große Wohnung ziehe, komme nicht zwangsläufig billiger weg, sagte Werner. Einerseits seien die Quadratmeterpreise bei kleineren Wohnungen oft höher, andererseits sei eine Neuvermietung immer mit einer Preissteigerung verbunden. Und dabei haben die Vermieter freie Hand, denn „in Baden-Württemberg ist die Mietpreisbremse nicht wirksam“. Der Grund sind rechtliche Probleme, weil ein gewünschtes Gutachten nicht gleichzeitig mit der Landesverordnung veröffentlicht wurde und sich die Erststellung eines neuen Gutachtens in die Länge ziehe.

In Stuttgart sei das größte Problem, dass der Wohnungsbestand zu gering sei und die Mieten kontinuierlich steigen. Innerhalb von zwei Jahren sei der Mietspiegel um sieben Prozent angestiegen. „Das ist mehr als die Lohnsteigerung, da kommt man finanziell nicht mit“, sagte Werner.