Eindrucksvoll kämpfen die Cannstatter für den Erhalt ihres Stadtbads in der Hofener Straße. Foto: Nagel - Nagel

Der Protest gegen den Abriss des Stadtbads in der Hofener Straße wird größer. Am Freitag demonstrierten rund 300 Eltern mit ihren Kindern vor dem Eingang und fordern den Erhalt.

Bad Cannstatt Stadionatmosphäre herrschte am Freitagmittag vor dem Cannstatter Stadtbad in der Hofener Straße. „Das Stadtbad muss erhalten bleiben“, schallte es aus rund 300 Kehlen. Zahlreiche Eltern und ihre Kinder demonstrierten lautstark gegen den geplanten Abriss des fast 50 Jahre alten Traditionsbads, sobald das gut 35 Millionen Euro teure Sportbad im Neckarpark 2022 eingeweiht worden ist.

Zu dem Aktionstag hatte die SPD Münster/Mühlhausen aufgerufen, um an diesem Tag auch Unterschriften für den Bürgerhaushalt zu sammeln. „Wir brauchen jede Stimme, um auch in Zukunft das Stadtbad für den Schwimmunterricht zu haben“, sagt Jana Schuster, die für die Sozialdemokraten im Bezirksbeirat Mühlhausen sitzt. Der Weg für die vielen Schüler aus dem nördlichen Stadtbezirk in den Neckarpark sei viel zu weit. Mit dem gleichen Argument wurde auch im Cannstatter Nachbarbezirk Münster für den Erhalt plädiert. Beide Bezirksbeiräte hatten sich – wie auch das Bürgergremium in Bad Cannstatt – deshalb einstimmig gegen den Abriss des Stadtbads ausgesprochen.

„Selten waren sich die Fraktionen so einig“, sagte Cannstatts Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler, der voll hinter den Eltern steht. „Die Wasserflächen werden – trotz des neuen Sportbads – weiter dringend benötigt“, so Löffler und verwies auf die Einwohnerprognosen bis 2030. In Bad Cannstatt soll die Bevölkerung um 8,7 Prozent wachsen, in Mühlhausen sogar um 10,9 Prozent. Sorgen um den Schwimmunterricht der Vorschulkinder machen sich auch die Verantwortlichen der Kifaz in der Duisburger Straße in der Neckarvorstadt. „Seit drei Jahren gehen wir zum Schwimmen ins Stadtbad“, sagte Gruppenleiterin Pamela Peege. Viele Kinder haben schon mit Erfolg ihre ersten Schwimmprüfungen abgelegt. Ein weiterer Vorteil: Durch die Nähe könne der Schwimmunterricht ohne Probleme in den Kita-Ablauf eingebaut werden. „In den Neckarpark können wir nicht mehr zu Fuß gehen“, so Peege. Ohne das Stadtbad sei der Schwimmunterricht deshalb wohl gestorben; zumal das Mombachbad des SV Cannstatt keinen Hubboden habe und somit für Nichtschwimmer keine Alternative sei.

Für eine teure Sanierung

Dass eine Sanierung teuer wird, ist den Eltern schon bewusst. Laut einer ersten Schätzung der Bäderbetriebe liegen die Kosten bei bis zu 13 Millionen Euro, denn neben einer Betonsanierung, Instandsetzungsarbeiten sowie der Beckensanierung müssen auch sämtliche technischer Anlagen erneuert werden. „Dennoch muss die Stadt das Geld in die Hand nehmen, denn einen besseren Standort für ein Schwimmbad gibt es in ganz Stuttgart nicht“, so eine Mutter, deren Sohn auf die Brunnenrealschule geht und im Stadtbad das Schwimmen lernt.

„Bei diesem Thema ist der Gemeinderat gefordert“, so Jana Schuster, der ihrer Meinung nach in den letzten Jahren zu wenig Interesse gezeigt habe, für den Erhalt des Bads in der Hofener Straße Gelder locker zu machen. „Eigentlich unverständlich, denn das Thema stand in den vergangenen Bürgerhaushalten immer ganz weit oben auf der Wunschliste.“ Und das es dort wieder landet, dafür sollen die Unterschriften, die am Freitag vor dem Stadtbad gesammelt wurden, beitragen.

Nicht zum ersten Mal kämpfen Eltern in Bad Cannstatt um ihr Stadtbad. Edeltraud Kowalski, die sich über Jahrzehnte beim TB Cannstatt für den Schwimmsport und -unterricht verdient gemacht hatte und am Freitag natürlich vor Ort war, kann sich noch lebhaft an die Anfänge der 90er-Jahre erinnern. Damals wollte die Stadt nicht nur das Bad in der Hofener Straße, das dunkelrote Zahlen schrieb, „loswerden“, sondern auch das Stadtbad in Untertürkheim. „Die massiven Proteste in Bad Cannstatt waren damals erfolgreich“, erinnert sich die rüstige Rentnerin. Das Cannstatter Hallenbad blieb erhalten und wurde auch nicht – wie vom damaligen Bürgermeister Dieter Blessing angestrebt – privatisiert. Das Untertürkheimer Hallenbad hat dagegen nur überlebt, da es bis heute zwar von der Stadt technisch betreut wird, aber von einem Förderverein betrieben wird.