Exotische Früchten im eigenen Anbau sind immer mehr gefragt Foto: dpa-tmn - dpa-tmn

Bei steigender Durchschnittstemperatur wird auch bei uns der Wunsch nach exotischen Früchten immer größer. So werden bereits Kiwis und Aprikosen angebaut. Probleme bereitet jedoch der Winter.

Bad Cannstatt Bad Cannstatt Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es im Volksmund. Urlaub in exotischen Ländern sind heutzutage gang und gäbe. Und dort trifft der Reisende dann auf Fruchtarten, die lecker schmecken, bei uns zu jedoch nicht gedeihen. Da jedoch in den vergangenen Jahren die Durchschnittstemperatur konstant gestiegen ist, es in Sommer wie diesen viel Sonne gab, kommt so manch Kleingärtner auf die Idee, es mit exotischen Südfrüchte zu probieren.

„Das muss man kritisch sehen“, sagt Wilhelm Bauer, der Vorsitzende des Gartenbauvereins Bad Cannstatt. Natürlich sei man heute internationaler und nicht mehr auf dem Stand wie vor 20 oder 30 Jahren. „Es gibt Leute, die pflanzen alles mögliche“, so Bauer, „Orangenbäume, Zitronenbäume oder Feigen.“ Dies müsse aber mit Bedacht geschehen. Vor allem die Pflege sei schwierig. Probleme bereite der Winter. Denn die exotischen Früchte vertragen keinen Frost, benötigen entsprechende Räume. Es gibt eine Reihe vom Neuzüchtzungen, die für den Anbau in mitteleuropäischen Gärten geeignet sind. Inzwischen gibt es auch bei den Kiwis bestimmte Zuchtarten, die unsere Winter überstehen können. In großem Stil kann sich Wilhelm Bauer dies aber nicht vorstellen.

Matthias Görgens vom Obstbauzentrum in Jork im Norden Deutschlands erkennt einen zaghaften Trend zu Südfrüchten im Alten Land, Europas größtes zusammenhängendes geschlossenes Obstgebiet. In den vergangenen drei Jahren sei die Durchschnittstemperatur in der Region um fast zwei Grad gestiegen. Es sei dennoch eine hohe Kunst, die neuen Arten zur Reife zu bringen. Denn selbst intensives Ausprobieren reiche nicht immer zum Erfolg. Ein Landwirt hat beispielsweise drei Jahre lang in seinem Gewächshaus Wassermelonen angebaut. Damit ist jetzt Schluss. Die Triebe werden bis zu vier Meter lang. Liegen die Früchte am Boden, werden sie faulig. Und dies ist dem Landwirt im Alten Land passiert. In Buxtehude lässt Peter Stechmann als erster in seinem Obsthof Nektarinen und Aprikosen wachsen. „Die Sonne reicht aus, damit die Früchte reif werden“, sagt der Obstbauer. 80 Nektarinen- und 350 Aprikosenbäume stehen bei ihm unter einer von ihm selbst entwickelten Ganzjahresdach aus Holz mit Spezialfolie. Dies schützt die Früchte vor Regen und Frost.

Ein enormer Aufwand. „Das muss man mit Vorsicht genießen“, sagt der Cannstatter Experte Wilhelm Bauer. Schon mit heimischem Obst gibt es in diesem Jahr Probleme. „Wegen der Trockenheit haben wir ein Katastrophenjahr.“ Gartenbesitzer wüssten nicht, wann sie Äpfel und Birnen ernten sollen. „Sie fallen schon vom Baum, sind aber noch nicht baumreif.“ Dies sei nicht ideal und gelte auch für die Trauben. „Alles braucht Wasser. Das ist für die Zucker- und Stärkebildung wichtig.“ Neue Anlagen seien inzwischen zwar mit Obstbewässerungen ausgestattet. „Aber dem sind Grenzen gesetzt.“

Die sporadischen lokalen Regenfälle der vergangenen Wochen haben das Obstwachstum noch zusätzlich beschleunigt, führt Andreas Siegele, Geschäftsführer des Obstbaurings Stuttgart, aus. „Die Tendenz geht zu drei Wochen früherer Vegetation und damit auch früherer Ernte und schnellerer Abreife der einzelnen Obstsorten.“ Zwingend notwendig wäre ein schöner, ergiebiger Landregen. Kann ja noch kommen.