Die Frontfassade aus dem Jahr 1873 überlebte den Zweiten Weltkrieg. Foto: Nagel - Nagel

Die evangelisch-methodistische Kirche Bad Cannstatt feiert vom Herbst bis zum Frühjahr 2019 ein Jubiläumshalbjahr zum 150-jährigen Bestehen der Gemeinde. Deshalb haben die heutigen Methodisten ihren Ausgangspunkt – quasi ihre Wiege – im Kursaal.

Bad Cannstatt Die evangelisch-methodistische Kirche Bad Cannstatt feiert vom Herbst bis zum Frühjahr 2019 ein Jubiläumshalbjahr zum 150-jährigen Bestehen der Gemeinde. Begonnen hat alles im Frühjahr 1868 mit dem ehemaligen Indienmissionar John Cook Barratt, der damals von der Wesleyanischen Methodistenkirche in England nach Cannstatt gesandt wurde. Hier galt es, die zahlreichen englischen Kurgäste zu betreuen, denn Cannstatt war damals eine berühmte Kur- und Bäderstadt. Deshalb haben die heutigen Methodisten ihren Ausgangspunkt – quasi ihre Wiege – im Kursaal.

Als dann einige Zeit später auch waschechte Cannstatter Bürger an den Versammlungen großes Interesse zeigten, wurde in England die Gründung einer deutschen Gemeindearbeit beschlossen und John Cook Barratt mit den entsprechenden Vollmachten dafür ausgestattet: Die Kirchenleitung machte ihn zum „Superintendenten“, der auch für die anderen wesleyanischen Gemeinden im süddeutschen Raum zuständig war.

Das Haus in der heutigen Daimlerstraße 15 wurde gekauft und zur Superintendentur mit Dienstwohnung, kleinem theologischen Seminar für wesleyanische Prediger und zur kleinen Versandbuchhandlung. Im Jahr 1873 wurde dann die Christuskirche im damals typischen englisch-neugotischen Stil innerhalb nur eines Jahres gebaut und eingeweiht. Damit gehört das Gebäude wohl mit zu den ältesten freikirchlichen Gemeinderäumen in der Landeshauptstadt.

25 Meter hoher Turm

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Christuskirche jedoch zerstört. Aufgrund der geschichtlichen und auch kulturellen Bedeutung galt es jedoch für die Verantwortlichen, die markante Fassade in der Daimlerstraße, die die vielen Bombenangriffe überlebt hatte, zu erhalten. Das neue Gotteshaus wurde um das verschonte Baudenkmal herum wieder aufgebaut. Der Turm ist rund 25 Meter hoch, stammt aus dem Jahre 1873 und beherbergt keine Glocken. Hierzulande darf man sich über diese Tatsache nicht wundern, denn für methodistische Kirchen ist es nicht ungewöhnlich, keine eigenen Glocken zu haben.

Der Zahn der Zeit hat in den folgenden Jahrzehnten an der Kirchenfassade genagt. Staub, Russ und Schmutz einer verkehrsreichen Großstadt haben der kleinen Kirche doch zugesetzt. Einige Verzierungen waren verwittert, Steine mussten ausgebessert und ersetzt werden.

Doch mit viel Engagement hat die evangelisch-methodistische Kirche Bad Cannstatt und ihr Pastor Diederich Lüken damals diese Aufgabe in Angriff genommen. Nicht einfach, denn immerhin waren Gesamtkosten von rund 380 000 Euro zu schultern. Beträchtliche Eigenmittel und Spenden sowie ein Zuschuss der staatlichen Denkmalpflege und eine Zuwendung der Denkmalstiftung Baden-Württemberg in Höhe von 30 000 Euro haben jedoch dazu beigetragen, dass die Christuskirche 2010 wieder in alter Beschaulichkeit erstrahlte. An der Frontfassade wurden nicht nur die Details wie etwa „König David“ restauriert. Die Kirche hat damals eine ganz neue Spitze bekommen. 2009 wurde die Christuskirche von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg zum „Denkmal des Monats“ gekürt. Eine große Auszeichnung für eine kleine Kirche.

Beginn dieses Jubiläumshalbjahres ist der „Tag des Offenen Denkmals“ am Sonntag, den 9. September. Schlusspunkt ist dann ein Festakt am 31. März 2019, bei dem auch Bischöfin i.R. Rosemarie Wenner anwesend sein wird. Geplant ist zudem am 31. März eine deutsch-englische Begegnung mit Wakefield (Großbritannien), der Heimatgemeinde von John Cook Barratt.