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Die Wilhelmsbrücke soll 2021 autofrei werden, was vom bürgerlichen Lager im Gemeinderat und vom lokalen Einzelhandel in der Marktstraße kritisiert wird.

Bad CannstattDie Würfel sind gefallen. Nach Eröffnung des Rosensteintunnels 2020 soll im Jahr darauf die Wilhelmsbrücke autofrei werden. Der Technikausschuss stimmte mehrheitlich für den gemeinsamen Antrag von Grünen, SPD und SÖS/Die Linke/PluS. Auch Ralph Schertlen (Stadtisten) konnte sich für eine Brücke nur für Radfahrer und Passanten erwärmen. Während sich die AfD enthielt, waren FDP, Freie Wähler und CDU vehement gegen die Maßnahme. Vor allem die Christdemokraten bewerten die Sperrung der Wilhelmsbrücke als „voreilig“ , da keine verlässlichen und aktuellen Zahlen über das Verkehrsaufkommen in diesem Bereich vorliegen würden. „Erst wenn der Rosensteintunnel eröffnet worden ist, macht eine Verkehrserhebung und ein weiteres Vorgehen Sinn“, sagt CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid.

Bekanntermaßen will die Stadt nach Eröffnung des, Stand heute, knapp 280 Millionen Euro teuren Projekts einen neuen Verkehrsstrukturplan für Cannstatt erstellen. Geld für eine Untersuchung samt Erhebung der Zahlen wurde im Haushalt bereitgestellt. Fakt ist: Verkehrstechnisch werden die Karten am Neckarknie in drei Jahren neu gemischt. Da erheblich weniger Verkehr über die Pragstraße in Richtung Bad Cannstatt rollen wird, werden sich auch die Fahrzeugzahlen auf der Rosensteinbrücke verringern. Eine gute Gelegenheit für die Antragsteller, die Wilhelmsbrücke autofrei zu gestalten. Denn in ihrer Begründung sehen sie hier Kapazitäten und deshalb auch den künftigen Weg für Autofahrer, die vom Hallschlag in Richtung Altstadt unterwegs sind.

Verkehrstechnisch möglich

Dass dies verkehrstechnisch möglich ist, hatte schon Stadtplaner Andreas Hemmerich im Bezirksbeirat betont. Seine Begründung: „Nach Eröffnung des Rosensteintunnels fahren deutlich weniger Autos über die Rosensteinbrücke“, so der Verkehrsexperte. Heute werden dort täglich rund 21 200 Fahrzeuge gezählt, ab 2020 sollen es 40 Prozent weniger sein. Folglich kann nach Meinung der Verwaltung der bisherige Autoverkehr von der Wilhelmsbrücke dorthin umgeleitet werden. Zumal der Umweg zumutbar wäre. Ein weiteres Argument liefern die Antragssteller: „Schon heute wird die Brücke von rund 1000 Fußgängern in der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit genutzt.“ Zur gleichen Zeit seien nur etwa 600 Kraftfahrzeuge gezählt worden. Mit einer Sperrung für Autos könne deshalb der Zugang von der Neckarvorstadt zur Altstadt eine deutliche Aufwertung und die Marktstraße eine Attraktivitätssteigerung erfahren.

Allerdings hat bei Letztgenanntem die CDU größte Bedenken, ob eine autofreie Brücke tatsächlich die Attraktivität steigern wird. „Es gibt viele Bürger aus dem Hallschlag und aus der Neckarvorstadt, die sind nicht mehr so gut zu Fuß und auf ihr Auto für den Einkauf angewiesen sind“, so Bulle-Schmid. Da der Weg über die Haldenstraße nicht nur umständlich, sondern auch länger sei, bestehe die Gefahr, dass diese potenzielle Kundschaft für den lokalen Einzelhandel sich anders orientiert. Ein Argument, das Dirk Strohm, Sprecher des Vereins Die Altstadt Bad Cannstatt, ebenfalls schon mehrfach in die Waagschale geworfen hatte. „Wir haben schon gespürt, dass wegen der guten Innenstadtanbindung über die U 12 Kundschaft aus den dortigen Cannstatter Stadtteilen weggebrochen ist“, hatte der Altstadtsprecher schon des Öfteren moniert. Gleiches Szenario befürchte er jetzt nicht nur mit einer autofreien Wilhelmsbrücke, sondern aktuell auch nach der Eröffnung der Expressbuslinie im Oktober, mit der die City in fünf Minuten erreicht werden soll.