Beim Benefizkonzert im Theaterhaus Wangen im Sommer 1992 traten auch die Fantastischen Vier auf. Fotos: Rehberger Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Als im September 1991 Rechtsradikale in Hoyerswerda unter dem Beifall von Zuschauern eine Flüchtlingsunterkunft angriffen, die Polizei erst zwei Stunden später auftauchte, wurde Lars Besa aktiv. Der Sänger der Punkband Normahl wollte ein Zeichen gegen Fremdenhass setzen und schrieb den Song „Niemals vergessen“. Zahlreiche Musiker und Gruppen im Großraum Stuttgart erklärten sich bereit, darauf mitzuwirken. 1992 initiierte Besa und Band zusammen mit deren Musikverleger Hans Derer und dem Stadtmagazin Prinz sowie dem Sender SDR, heute SWR, mit „Kein Hass im Wilden Süden“ eine der größten bundesweiten Aktionen gegen Ausländerfeindlichkeit und Gewalt. Auch die Kicker des damaligen Bundesligisten Stuttgarter Kickers beteiligten sich. Beim Lokalderby VfB gegen Kickers im damaligen Neckarstadion wurde das Lied präsentiert.

„Niemals vergessen“ wurde in zwei Versionen eingespielt - einer deutschen und einer multilingualen namens „Let’s Come Together“. Als Gastsänger und Musiker sind mehr als 150 Künstler darauf zu hören - unter anderem Hartmut Engler von Pur, Matt Sinner, Jasmin Tabatabai, Markus, David Hanselmann und viele andere. Es folgte ein Sampler, auf dem der Song vertreten und Beiträge von 18 Interpreten wie Pur, Pe Werner, Zar, Sinner und den Fantastischen Vier veröffentlicht wurden. Es wurde ein Videoclip gedreht, der in Stuttgarter Kinos als Vorprogramm lief und in acht TV-Sendungen ausgestrahlt wurde. Etwa 250 Berichte erschienen in Zeitungen und Zeitschriften. Lars Besa wurde von Talkshow zu Talkshow richtiggehend herumgereicht. Der NDR ließ ihn einfliegen, „Newsweek“ bat zum Gespräch. Das Bundespresseamt bestellte 20 Videoclips und verschickte sie an die deutschen Botschaften und Goethe-Institute. Deutsche Musikgrößen wie Wolfgang Niedecken, Herbert Grönemeyer, Heinz-Rudolf Kunze und Peter Maffay zogen nach und riefen zum Protest gegen Ausländerfeindlichkeit auf. In Köln gab es ein namhaft besetztes Konzert. Auch im Theaterhaus in Wangen kam es im Juli 1992 zum Benefizkonzert. Neun Bands, die auch auf dem Sampler vertreten sind, traten auf. Von Heavy Metal bis Hip Hop, von Funk bis Pop reichte die Stilpalette. Mit dabei auch die Fantastischen Vier, deren großer Durchbruch mit „Die da“ unmittelbar bevorstand.

Im Herbst bei der vorläufigen Abschlussveranstaltung im Alten Schützenhaus in Heslach wurde der Erlös der Einnahmen, 30 000 Mark, an die Gesellschaft für mobile Jugendarbeit Freiberg-Mönchfeld-Rot übergeben. Rezzo Schlauch hatte das Treuhandkonto verwaltet. Der damalige Innenminister Frieder Birzele ließ es sich nicht nehmen, der Initiative „Kein Hass im Wilden Süden“ großes Lob zu zollen. Er kam direkt aus Berlin eingeflogen. Ein Jahr später gab es weitere Benefiz-Aktionen. Unter anderem ein Konzert mit Kundgebung auf dem Marktplatz vor 25 000 Zuschauern. Ein weiterer Sampler und der Song „Wir für alle“ wurden veröffentlicht.