Anna Jelena Störmer. Foto: jas - jas

Viele Menschen im Stadtbezirk sind verschuldet. Oft sind Gesundheitskosten die Ursache, wie Anna Jelena Störmer im Interview sagt.

Bad CannstattVon Schulden sind in Bad Cannstatt viele Menschen betroffen. Besonders problematisch wird die Situation, wenn diese nicht mehr beglichen werden können und die Zinsen die Summe monatlich vergrößern. Was dann zu tun ist, weiß zum Beispiel Anna Jelena Störmer. Die Sozialarbeiterin hat viele Jahre Verschuldete bei der Kreisdiakoniestelle in Bad Cannstatt beraten und sagt im Interview, dass oft Kosten wie Zahnarztrechnungen oder Stromnachzahlungen in die Schuldenfalle führen.

Frau Störmer, wie kommt man zu Ihnen in die Schuldnerberatung?
Klienten müssen sich bei uns melden. Oft sind es auch Angehörige oder Bekannte, die im Internet recherchieren und die Betroffenen auf unser Angebot aufmerksam machen. Auch über die evangelischen Kirchengemeinden werden einige auf die Schuldnerberatung aufmerksam, da unser Träger der Kirchenkreis Stuttgart ist. Wie läuft so ein Beratungstermin ab?
Zunächst versuchen wir uns einen Überblick über die Situation der verschuldeten Person zu verschaffen. Das ist oft gar nicht so leicht, weil es zum Beispiel in manchen Fällen viele unterschiedliche Gläubiger gibt. Dann priorisieren wir die Schulden in existenziell bedrohende und nachrangige Schulden. Anschließend überlegen wir, welche Lösung sinnvoll wäre. Zum Beispiel welche Raten wann vom Schuldner bezahlt werden können oder ob es aktuelle Mahnbescheide gibt, denn dann muss schnell gehandelt werden. Außerdem informieren wir über Pfändungsschutz. Denn unabhängig von der Höhe der Schulden muss gewährleistet sein, dass eine Person wohnen und leben kann. Wie wird weiter vorgegangen?
Uns ist es wichtig, dass die Klienten möglichst viel selbstständig erledigen und den Gläubigern ein Ratenzahlungsangebot in realistischer Höhe machen. Wenn man sich nicht einigen kann, ist es aber oft hilfreich, wenn ein Mitarbeiter zwischen Gläubiger und Schuldner vermittelt. Bei wem sind die Klienten verschuldet?
Das ist unterschiedlich: vom Stromanbieter über Möbelhäuser bis hin zu Krankenkassen. Wir versuchen zunächst zu gewährleisten, dass die Grundversorgung der verschuldeten Personen garantiert ist. Also Schulden bei Vermietern, Stadtwerken, Stromanbietern oder der Krankenkasse getilgt werden. Wenn es um Schulden bei Unternehmen wie zum Beispiel Warenhäusern geht, vermitteln wir in vielen Fällen auch an die zentrale Schuldnerberatung der Stadt. Wer kommt zu Ihnen?
Die Klientel ist gemischt: Männer und Frauen im Alter von 18 bis 80 Jahren. Laut unserer internen Statistik ist etwa die Hälfte zwischen 30 und 50 Jahre alt. Etwa 30 Prozent sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Warum geraten ihre Klienten in die Schuldenfalle?
Gesundheitskosten sind häufig ein Grund für Schulden. Ich habe einige Klienten, die Schulden wegen Zusatzzahlungen beim Zahnarzt, etwa für eine Prothese, haben. Gerade für Personen mit geringem Einkommen, die nichts ansparen können, sind mehrere Hundert Euro eine große Herausforderung. Auch Stromnachzahlungen sind für Geringverdiener nicht leicht zu stemmen. Dann muss mit dem Stromanbieter eine Ratenzahlung vereinbart werden. Aber auch Kauf- oder Spielsüchtige oder deren Partner kommen in die Beratungsstelle.

Das Interview führte Janey Schumacher.