„Das Kaufhaus“ war gleich nach der Eröffnung sehr gut besucht. Foto: Kuolt - Kuolt

„Das Kaufhaus“ in der Kreuznacher Straße wurde als Inklusionsbetrieb wieder eröffnet. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten zusammen. Der Besucherandrang am Eröffnungstag war groß.

Bad CannstattWer gestern Vormittag um kurz vor 11 Uhr durch die Kreuznacher Straße gefahren oder gelaufen ist, dürfte beim Blick auf das Haus mit der Nummer 53 nicht schlecht gestaunt haben. Denn vor dem Gebäude hatten sich fast 100 Menschen versammelt. Der Grund: Sie warteten auf Einlass. Denn „Das Kaufhaus“, ein Second-Hand-Sozialkaufhaus, wurde neu eröffnet. Seit 2005 gibt es den Laden in Bad Cannstatt, in den vergangenen Monaten wurde „Das Kaufhaus“ modernisiert – allerdings nicht ohne Zwischenfälle.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag des vergangenen Jahres ereignete sich vor dem Gebäude ein folgenschwerer Verkehrsunfall, bei dem eines der beteiligten Fahrzeuge so unglücklich von der Straße abkam, dass es in das Schaufenster des Ladens schanzte und dort steckenblieb. „Ohne diesen Vorfall wäre alles schon deutlich früher fertig geworden“, sagte Ralf Ehring vom Stuttgarter Integrationsunternehmen „NintegrA“, dem Träger des Kaufhaus-Projekts, während seiner Eröffnungsrede. Doch nicht umsonst heißt es: „Was lange währt, wird endlich gut.“

Dauerhafte Perspektive

Das neue „Kaufhaus“ wagt nun unter veränderten Vorzeichen einen Neustart – als Inklusionsbetrieb. Das heißt, in dem Laden in der Kreuznacher Straße werden künftig Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten. Mit den Gewinnen aus den Verkaufserlösen sollen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. „Menschen mit Behinderung sollen hier eine Ausbildung und eine dauerhafte berufliche Perspektive bekommen“, erklärte Ehring. Mittelfristig sei das Ziel, das Kaufhaus mit zehn Mitarbeitern zu betreiben – sechs mit schwerer Behinderung und vier ohne. „Das ist zumindest die Idee. Bis zur Umsetzung dauert es dann erfahrungsgemäß noch eine Weile. Wir sind aber guter Dinge, dass es klappt“, sagte Ehring.

Pfarrer Heinz Gerstlauer, Vorstandvorsitzender der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva), lobte das Projekt in seinem Grußwort. Freundlich, hell, weitläufig, gut sortiert – diese Wörter seien ihm gleich beim Betreten des Kaufhauses in den Sinn gekommen. „Und ich muss noch etwas loben: Wir leben in einer Zeit, in der zunehmend Maschinen Menschen ersetzen und in der unmittelbare soziale Kontakte immer mehr an Bedeutung verlieren. So ein Kaufhaus leistet da als ein Treffpunkt, als ein Ort, wo man auf bekannte Gesichter trifft und sich austauschen kann, einen wohltuenden Beitrag zur Besserung“, sagte Gerstlauer. „Auch auf spiritueller Ebene.“ Denn im „Kaufhaus“ sollen neben dem täglichen Verkaufsgeschäft auch regelmäßig Konzerte, Lesungen und Gottesdienste stattfinden. „Wir haben uns das fest vorgenommen, weil wir glauben, dass es nötig ist, hin und wieder deutlich zu machen, welche Haltung wir haben“, betonte Marc Hentschke, Geschäftsführer von NintegrA. Wichtig ist den Initiatoren des Sozialkaufhauses auch die Abgrenzung zu einem Tafelladen. „Hier wird nichts zugewiesen, jeder kann kommen und völlig frei einkaufen. Es gibt keine Beschränkungen“, sagte Ehring. Gerstlauer sprach von „diskriminierungsfreiem Einkaufen“.

Dazu passen auch die Ziele des Kaufhauses: „Inklusiv, ökologisch, sozial, diakonisch“, heißt es auf einem Flyer, der die Einrichtung vorstellt. „Wichtig ist uns, dass am Ende alle Beteiligten profitieren“, betonte Ehring. „Frei nach unserem Motto: Gut für mich. Gut für dich. Gut für alle.“