Abends geht es von der Waiblinger Straße im Schritttempo zum Daimlerplatz. Foto: Steegmüller - Steegmüller

Aufgrund des engeren Stadtbahntakts ist der Verkehr oftmals nur zäh fließend

Bad Cannstatt Stuttgart liegt „nur“ noch auf Platz fünf der deutschen Stau-Hauptstädte. Autofahrer, die morgens oder abends im Berufsverkehr durch Bad Cannstatt unterwegs sind, können jedoch oftmals keine Verbesserung wahrnehmen. Im Gegenteil: Aus Sicht vieler Anwohner hat sich die Lage eher verschlechtert.

Detlef Grunwald muss es wissen, er wohnt seit 40 Jahren nur einen Steinwurf vom Daimlerplatz entfernt. „In dieser Zeit wurde er mehrfach umgebaut.“ Obwohl die König-Karl-Straße früher eine Hauptdurchgangsstraße war, sei der Verkehr fast ungehindert durchgeflossen. „Heute ist er zumindest in den Hauptverkehrszeiten schlichtweg blockiert. Die Autos stehen und stehen und stehen und blasen ihre giftigen Abgase in die Luft.“

Einen Grund für die Behinderungen sieht Grunwald in einer der Ausbaustufen für die Stadtbahn-Haltestelle, die in die Mitte des Platzes verlegt wurde. „Dazu musste die Fahrbahn verengt werden. Wo früher zwei Autos zum Abbiegen leicht aneinander vorbeikamen, geht das heute nicht mehr.“ Ein weiteres Problem würden die ampelgesteuerten Überwege darstellen. „Viele Fußgänger betätigen den Knopf und gehen sofort bei Rot über die Straße. Nach wenigen Sekunden schaltet die Ampel um, sodass zehn oder mehr Autos anhalten müssen.“ Sobald zwei Passanten dies parallel an zwei Überwegen machen würden, sei der Platz quasi komplett gesperrt. Noch katastrophaler sei der Zustand geworden, als „die bisher offensichtlich nicht erforderliche U 19 eingerichtet wurde. Denn nun laufen bei einem Zehn-Minuten-Takt aus beiden Richtungen alle 150 Sekunden Bahnen ein, die zusätzlich zu dem Fußgängerstrom die Kreuzung durch rote Ampeln blockieren“, so der Anwohner, der sich über die daraus resultierenden Hupkonzerte ärgert. „Sie sind unerträglich.“ Zur Entlastung schlägt Grunwald, Zebrastreifen statt Ampeln vor. „Die Lage würde sich für Verkehrsteilnehmer und Anwohner fast zum Nulltarif verbessern.“

Diese Meinung teilt Ulf Weidle vom Ordnungsamt nicht. „Theoretisch ist alles denkbar. Am Daimlerplatz müssen jedoch auch Autofahrer gegenüber der Stadtbahn gesichert werden.“ Zwei der vier Signalanlagen sind also zwingend notwendig, um noch mehr Unfälle im Gleisbereich zu verhindern. Mit der Haltestelle in der Mitte sei der Daimlerplatz ein einmaliger Knotenpunkt in der Landeshauptstadt. „Oft wird übersehen, dass es sich nicht um einen Kreisverkehr handelt, sondern die König-Karl-Straße eine Vorfahrtsstraße ist.“ Um den Verkehrsteilnehmern, die Vorfahrtsregelung zu verdeutlichen, werde im Frühjahr die Fahrbahnmarkierung auf dem Kopfsteinpflaster erneut. „Wir haben wirklich schon viel Hirnschmalz reingesteckt, um die Situation zu optimieren. Es gibt aber keine bessere Lösung.“ Zugleich betont der Verkehrsexperte, dass es sich nicht um einen Stau handelt, wenn man an einer roten Ampel anhalten muss. „Sondern erst, wenn der Verkehr dauerhaft nicht abfließt.“

Hoffen auf den Rosensteintunnel

Der Grünen-Bezirksbeirat Peter Mielert, der schon seit den 1970er-Jahren an der Lösung von Verkehrsproblemen in Bad Cannstatt arbeitet, hat den „besonders störenden und unerwünschten überörtlichen Durchfahrtsverkehr“ als Hauptursache für die Staus am Daimlerplatz ausgemacht. „Würde man die bestehenden und zugleich sinnvollen Pläne – erarbeitet von der Verwaltung und beschlossen von der Politik – durchsetzen, dann dürfte es ihn hier nicht geben.“ Er hofft, dass die Querverkehre am Daimlerplatz nach der Fertigstellung des Rosensteintunnels und der Sperrung der Wilhelmsbrücke abnehmen, unterbunden oder stark reduziert werden. „Dann kann der Daimlerplatz funktionieren, falls nicht, bleibt das Chaos, wie es heute ist.“

Auch die CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid kann die Verärgerung der Anwohner verstehen. „Seit die Haltestelle dort eingerichtet wurde, ist die Situation nicht so richtig gut.“ Die kürzeren Taktzeiten der Stadtbahn würden sich auch am Wilhelmsplatz auswirken. „Man sieht ja auch hier schon die langen Rückstaus.“ Verbesserungen verspreche sie sich – wie schon der Grünen-Bezirksbeirat Mielert – vom Verkehrsstrukturplan und eben vom Rosensteintunnel. Beate Bulle-Schmid schwebt sogar eine noch größere Lösung vor. Eine Untertunnelung des Wilhelmsplatzes. Wenn es nach ihr geht, sollte man Autos und Lastwagen unter die Erde verbannen. „Dann könnte der Verkehr besser aus Cannstatt abfließen. Dies hätte sicher auch positive Auswirkungen auf die König-Karl-Straße.“

Der Verkehrsexperte Ulf Weidle kann sich nicht vorstellen, dass es dort irgendwann eine Untertunnelung geben wird. „So schön es auch wäre.“ Mit Blick auf den Rosensteintunnel tritt er ebenfalls etwas auf die Euphoriebremse. Ob sich die Lage nach der Fertigstellung des mehr als 270 Millionen Euro teuren Bauwerks entspanne, sei ungewiss. „Man hat sich auch vom Bau des Kappelbergtunnels einst in Bad Cannstatt mehr erhofft.“ Ein Problem in der Sauerwasserstadt sei, dass viele Autofahrer ihren Ziel- oder Startpunkt im Stadtbezirk haben oder sogar nur innerhalb von Bad Cannstatt unterwegs sind.