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Zirka 100 Klienten suchen Hilfe beim Blauen Kreuz in der Daimlerstraße, die meisten sind von Alkohol oder Medikamenten abhängig. Aber auch Computersucht wird immer mehr zum Problem.

Bad CannstattJule sitzt auf einem Stuhl und blickt nachdenklich in die Kamera. Die Frau, Ende dreißig, mit lockigem Haar, berichtet in einem Videoclip darüber, wie sie zur Alkoholikerin wurde. In einem anderen Film erzählt Laszlo, wie er süchtig nach Computerspielen wurde. Erfahrungsberichte wie diese sind Teil der App „Blu“ des Blauen Kreuzes und sollen vor allem eine jüngere Zielgruppe über Suchterkrankungen und ihre Folgen informieren, wie Geschäftsführer Richard Jahn sagt. Denn in die Selbsthilfegruppen kommen eher Personen, die älter als 40 Jahre sind. Außerdem bietet die App die Möglichkeit, sich im Chat von Sozialarbeitern beraten zu lassen.

Im realen Leben gibt es für Suchtkranke im Stadtbezirk seit zehn Jahren in der Daimlerstraße 44a eine Anlaufstelle. Seit insgesamt 33 Jahren ist der Verein, der Teil des Diakoniewerks ist, im Stadtgebiet Stuttgart aktiv.

Dass der Bedarf groß ist, beweist ein Blick auf die Anzahl der Klienten. Circa 100 Suchtkranke gibt es zur Zeit, die Hilfe bei der Beratungsstelle des Blauen Kreuzes in der Daimlerstraße suchen. Viele von ihnen leiden unter Alkohol-,Medikamenten, Spiel- oder Onlinesucht. „Die klassische Suchterkrankung gibt es jedoch immer seltener“, sagt Jahn. Oftmals sei es eine Kombination zum Beispiel aus Alkohol-, Medikamenten-, und Drogensucht. Da häufig bei einem Rausch nicht nur Alkohol, sondern auch Drogen konsumiert würden.

In der Beratungsstelle werden die Erkrankten von Sozialarbeiterin Carmen Lauble unterstützt. Wichtig sind aus ihrer Sicht neben der Einzeltherapie die Selbsthilfegruppen. „Für Suchtkranke ist der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen sehr wichtig“, sagt sie. Denn die Abhängigkeit hat laut der Experten viel mit Beziehungen zu tun. Meist entstehe Sucht als Resultat einer gestörten Beziehung, sagt Jahn. Zum Beispiel, wenn Kinder von ihren Eltern nicht wertgeschätzt werden und es immer heißt „Du kannst das nicht“. Um diese Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren, werde dann zu Alkohol, Medikamenten oder Drogen gegriffen. Daher sei es wichtig, im Rahmen einer Selbsthilfegruppe funktionierende Beziehungen zu schaffen.

In Stuttgart gibt es vier Selbsthilfegruppen des Blauen Kreuzes, zwei davon in Bad Cannstatt. Zudem hat das Blaue Kreuz in den vergangenen Jahren auch Gottesdienste und Veranstaltungen mit christlichen Gemeinden aus Bad Cannstatt durchgeführt.

Das Angebot am Standort in der Daimlerstraße soll bald weiter ausgebaut werden. Geplant ist zum Beispiel, eine Eingliederungshilfe aufzubauen, sodass Suchtkranke künftig auch zuhause bei alltäglichen Herausforderungen von Mitarbeitern des Blauen Kreuzes unterstützt werden können. Darüber hinaus sollen Präventionsangebote – etwa Informationsveranstaltungen an Schulen – im Stadtbezirk angeboten werden. Der Grund: Laut Studien seien Kinder aus betroffenen Familien sechsmal mehr gefährdet, selbst in die Sucht zu geraten, als Kinder in Familien ohne Suchterkrankung, sagt Jahn.

Die Beratungsstelle des Blauen Kreuzes in der Daimlerstraße 44a ist telefonisch unter 2238088 oder online unter www.blaues-kreuz.de zu erreichen.