Der Expressbus ist in Bad Cannstatt umstritten. Foto: dpa - dpa

Bei der Hauptversammlung der Cannstatter Gewerbetreibenden war das Hauptthema die Verkehrsproblematik im größten Stuttgarter Stadtbezirk. Die Mitglieder kritisierten teilweise harsch die Politik der Verwaltung, die zu „chaotischen Zuständen“ führen würde.

Bad CannstattEigentlich war es eine normale Jahreshauptversammlung des Gewerbe- und Handelvereins/Verein für Dienstleistungen und freie Berufe Bad Cannstatt (GHV). Nach 90 Minuten hatte Achim Barth, der seit 2017 den Vorsitz innehat, seine Bilanz gezogen. Die Berichte der Abteilungen, Entlastungen samt Neuwahlen waren ebenfalls abgehakt, als er zur Aussprache kam. Und dann war Leben in der Bude, denn Architekt Helmut Siegloch ergriff das Wort: „Die Verkehrsprobleme in Bad Cannstatt werden immer heftiger.“ Sie seien in manchen Bereichen so schlimm, dass sie „fast schon geschäftsschädigend“ seien. Was Siegloch am meisten ärgert: „Es ist keine Besserung und keine Hilfe aus dem Stuttgarter Rathaus in Sicht.“

Als Paradebeispiel, welche Politik dort im Augenblick gemacht werde, nannte der Architekt den Expressbus, der seit gut zwei Wochen zwischen Wilhelmsplatz und der City pendelt, allerdings zumeist nur spärlich bis gar nicht mit Fahrgästen besetzt. Zudem stecken die Expressbusse – zumindest auf Cannstatter Gemarkung – genauso im Stau wie die Autos und seien deshalb nicht schneller. „Eine teure, aber sinnlose und unwirksame Maßnahme“, so Helmut Siegloch. Er habe die Befürchtung, dass angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat die Gefahr besteht, dass eine weitere Fahrspur für den Expressbus geopfert werde.

Nach der Brandrede des Architekten, gab es für die anderen Mitglieder kein Halten mehr. So ziemlich jeder leerte in den anschließenden 45 Minuten seinen Kropf. Schreinermeister Thomas Fulrich beklagte sich darüber, dass seine Mitarbeiter mehr im Stau als bei ihren Kunden seien. Barbara Hoffmann, Apothekerin in der Bahnhofstraße und stellvertretende GHV-Vorsitzende, kritisierte den zunehmenden Schleichverkehr in Wohngebieten. Auch Gerhard Sailer kann bei der Stuttgarter Verkehrspolitik nur noch den Kopf schütteln. Dazu gehört für den Bäckermeister auch das Vorhaben, die Wilhelmsbrücke autofrei zu machen. Kein guter Plan, denn damit „hängt man den Hallschlag von der Altstadt“ ab. Die Folge sei prekär, denn der potenzielle Kunde setze sich in die Stadtbahnlinie U 12 und erledige seinen Einkauf in der City oder im Milaneo. Ein Szenario, das auch schon von Altstadtsprecher Dirk Strohm angemahnt wurde, als die Debatte um die Wilhelmsbrücke Fahrt aufnahm.

Vorstandsmitglied Irmgard Schierle-Bette warf als Sprecherin für den Einzelhandel das Thema Parken in die Runde, ein Problem, dass mit Einführung der Anwohnerparkregelung im November vergangenen Jahres ein heißes Eisen in der Altstadt ist. „Ob Einzelhändler oder Gastronom, sie spüren die Veränderung massiv am eigenen Geldbeutel“, so Irmgard Schierle-Bette. In Zahlen seien dies bis zu 30 Prozent Umsatzrückgang. Die Probleme sollen 2019 vor den Kommunalwahlen thematisiert werden. Bei Podiumsdiskussionen, die der GHV veranstalten möchte, sollen dann die Parteien Rede und Antwort stehen – und Lösungen für Cannstatts Verkehrsprobleme aufzeigen.