Im Hallschlag sind in den letzten Jahren zahlreiche Häuser saniert worden. CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid lobte die Maßnahmen und erklärte, dass der Hallschlag dadurch seinen Makel verloren habe. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

(if) - Es ist der Begriff „Gentrifizierung“, der die Gemüter bewegt hat im Sozial- und Technikausschuss, der gestern gemeinsam getagt hat, um eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) zu beraten, welche Wolf-Christian Strauss präsentierte. Es geht um soziale Verdrängung in Wohnvierteln.

Dies geschieht allgemein gesprochen oftmals dann, wenn Wohnviertel baulich aufgewertet und saniert werden und in der Folge dann einkommenschwächere Bevölkerungsgruppen wegziehen, weil sie sich die durch Sanierung gestiegenen Mietkosten nicht mehr leisten können. An dem Forschungsprojekt sind laut Strauss acht Städte beteiligt. Auch in Stuttgart finde Gentrifizierung statt, stellte der Forscher dar. In der Fallstudie sind unter anderem Gebiete wie Bad Cannstatt, aber auch der Stuttgarter Osten, der Stöckach und Ostheim genannt. Demnach hätten Verdrängungswettbewerbe stattgefunden oder seien bedroht: etwa im Erhaltungssatzungsgebiet Nordbahnhofviertel/Rosenstein, dem Rosenbergquartier im Stuttgarter Westen, im Bereich um die Breitscheidstraße. Auch wurden die zentralen Bereiche von Bad Cannstatt als Verdachts-Quartiere markiert. Generell bestehe laut Studie ein Druck auf dem innerstädtischen Bereich. Auch gebe es einen Verlust von Sozialwohnungen in Dürrlewang und Fasanenhof, so die Studie weiter. Gebiete, in denen eine räumliche Trennung von Bevölkerungsgruppen zu beobachten sei, seien in den genannten potenziellen Verdrängungsgebieten, unter anderem die Neckarvorstadt, der Stöckach und die Teinacher Straße genannt. Von jeher gebe es in Stuttgart eine topographische Polarisierung zwischen Ober- und Unterstadt, Höhen-, Halbhöhen und Tallagen. Strauss stellte dar, dass die Stadt bereits einige Maßnahmen getroffen habe von Neubauten bis Zweckentfremdungsverbot und Mietpreisbremse sowie geförderte Wohnungen (Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM).

Die Milieuschutzsatzung mit Vorkaufsrecht unterscheide Stuttgart von den anderen Städten, die daran sehr interessiert seien, so Strauss. Sozialbürgermeister Werner Wölfle betonte, dass die Gentrifizierung in Stuttgart nicht verschwiegen werde. So werde etwa im Hallschlag in Bad Cannstatt bewusst versucht, die Situation besser zu machen. Es sei eine grundlegende Aufgabe der Stadt, es fortschreitend verträglicher zu machen und es werde mit den Bürgern diskutiert. Bürgermeister Peter Pätzold lobte die innovativen Ansätze. Beate Bulle-Schmid (CDU) erklärte, dass das Problem in Stuttgart nicht gravierend sei. Bestes Beispiel sei der Hallschlag, wo die Aufwertung mit einer besseren Durchmischung stattfinde. Früher sei es ein Makel gewesen, dort zu wohnen, heute habe der Hallschlag einen guten Ruf, so Bulle-Schmid.

Grünen-Stadträtin Clarissa Seitz erklärte, die Innenentwicklung sei ein richtungsweisendes Instrument. Lob kam auch von SPD-Stadtrat Martin Körner. Die Vorlage sei eine sehr gute Studie, die viele Instrumente aufführe, die bisher nicht genutzt worden seien. „In Stuttgart müssten alle die Möglichkeit haben, eine Wohnung zu finden.“ Das hinterfragte AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner. Ilse Bodenhöfer-Frey (Freie Wähler) bedauerte, dass nicht private Institutionen wie Haus & Grund und Mieterverein mit einbezogen wurden. Michael Conz (FDP) erklärte, die Erhaltungssatzung sei wirkungslos, die Mietpreisbremse sogar kontraproduktiv. Er erklärte, er sei dankbar für das Programm der Sozialen Stadt. „Wir müssen planerisch darauf achten, dass die Mischung erhalten bleibt. Wir können über das soziale Gefüge in der Stadt zufrieden sein.“ Und Familienflucht werde versucht, aufzuhalten, so Wölfle.