Der gelbe Schnabel der gewaltigen Stahlkonstruktion hat bereits die Mittelmole erreicht. Foto: Gökalp Quelle: Unbekannt

Die Neckarbrücke macht Fortschritte. Der Schnabel des Stahlkolosses hat schon die Mittelmole im Fluss erreicht. Ziel im neuen Jahr des im Rahmen von Stuttgart 21 gefertigten Bauwerks ist es, die gesamte Stahlmontage fertigzustellen. Für insgesamt 35 Millionen Euro soll die 345 Meter lange Brücke bis Ende 2019 im Rohbau dann fertig sein. Bisher läuft alles nach Plan, obwohl die kalte Jahreszeit die Arbeiten erschwert.

Von Erdem Gökalp

Die Neckarbrücke wächst und wächst. Tagtäglich können Bahnfahrer zwischen Bad Cannstatt und Hauptbahnhof dem Stahlkoloss dabei zuschauen. Projektleiter Sebastian Heer hat sein Jahresziel für 2017 erreicht: Mit dem ockergelben Schnabel die Mittelmole zu erreichen. Beim Fußball würde man sagen: Halbzeit. Denn die Mole befindet sich in etwa auf halbem Weg zur anderen Uferseite. Die Stützen, die dort gebaut werden, sollen später einmal die tonnenschwere Last der Brücke tragen. „Für das Jahr 2018 haben wir nun das Ziel, die gesamte Stahlmontage für den Rohbau fertigzustellen“, so ein Sprecher der Deutschen Bahn. Die Brücke wird dieses Jahr also die andere Uferseite erreichen.

Wer einen Blick aus dem Fenster wirft, der weiß: Das Arbeiten auf der Baustelle ist zurzeit kein Zuckerschlecken. Doch trotz Wind, Regen oder Schneefall gibt es keinen Stillstand für die 15 rumänischen Wanderarbeiter, die seit mehr als einem halben Jahr an dem Stahlkoloss arbeiten. „Sie sind bei jedem Wetter am Schweißen“, so die Experten bei der Bahn. Und falls es einmal besonders kalt ist, müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Doch die meiste Arbeit findet für die Stahlarbeiter in der Montagehalle über der Neckartalstraße in gut 15 Metern Höhe statt. Dort werden die einzelnen Stahlteile an das Hauptbauwerk angeschweißt.

Die Herausforderung: Das Schweißen muss immer in einem Durchgang abgeschlossen werden. „Manchmal müssen die Arbeiter an einer einzelnen Schweißnaht in mehreren Schichten arbeiten“, sagt Projektleiter Sebastian Heer. Denn der Stahl darf nicht abkühlen. Er braucht eine konstant warme Temperatur, was von den Arbeitern eine hohe Konzentration beim Schweißen erfordert. An besonders kalten Tagen werden daher temporäre Einhausungen an den herzustellenden Schweißnähten errichtet und Stahlbauteile sogar vorgewärmt.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist auch der Neckar. Dieser fließt normalerweise mit 60 Kubikmetern pro Stunde unter der Brücke vorbei. Kompliziert kann es bei Hochwasser werden, wie es Anfang des Monats der Fall war. Diesmal hatten die Mitarbeiter jedoch Glück. Denn das Fundament zu der Stütze in der Mittelmole wurde bereits vor einigen Monaten fertiggestellt und hat daher den Wassermassen standgehalten. Zusätzlich ist das Fundament noch mit Drahtkörben, die mit Steinen gefüllten sind - sogenannten Gabionen - vom Neckarwasser gesichert. Diese werden zusätzlich zu den Hilfsstützen auf der Mittelmole ebenfalls noch in diesem Jahr wieder zurückgebaut.

Das Verfahren, mit dem die Neckarbrücke gebaut wird, nennt sich Taktschiebeverfahren. Dafür wird in 15 Teilabschnitten das Gesamtbauwerk taktweise zusammengebaut. Sobald dies geschehen ist, werden die Stahlteile auf Teflon mit Hydraulikpumpen millimeterweise über den Neckar geschoben. Damit sie besser gleiten, werden sie eingefettet. „In diesem Jahr werden alle restlichen Taktschiebevorgänge erfolgen“, so ein Bahnsprecher. Zudem werden 2018 die Fertigstellung der Widerlager und der Beginn der Stahlmontage der Vorlandbrücken erfolgen.

Das Vorankommen der Brücke kann per Webcam mitverfolgt werden auf: www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de