Geologe Jürgen Unger bei der Untersuchung im städtischen Weingut am Zuckerberg. Quelle: Unbekannt

Bald sind es zwei Jahre her, dass im Gewann Zuckerberg an der Hofener Straße sich rund 20 Kubikmeter Felsgestein auf einmal gelöst haben und im Weinberg von Karl-Heinz Bauer und angrenzenden Weinbergen verstreut haben. Im Dezember vergangenen Jahres hat ein Drohnenflug der Gutachter stattgefunden. Dieser Tage sind die Gutachter nochmals mit Messgeräten, Seil und Hammer vor Ort.

Von Iris Frey

Dass das Gutachten erstellt wird, hat der Gemeinderat entscheiden. Das Stadtplanungsamt beauftragte nun Fachleute. In diesen Tagen sind die Gutachter vor Ort. Mit dabei war auch Ulrike Schuler vom Stadtplanungsamt, als die Experten im Bereich des städtischen Weinguts unterwegs waren, um von dort aus Erkundungen zu machen. „Wir haben zuerst mit Drohnen die ganzen betroffenen Bereiche vom städtischen Weingut bis zum Grundstück von Karl-Heinz Bauer abgeflogen und die Fotos ausgewertet“, berichtet Diplomingenieur Oliver Bernecker, von der Stadt beauftragter Sachverständiger für Erd- und Grundbau nach Bauordnungsrecht. Dann erstellen die Fachleute aus diesen Untersuchungen eine grobe Einteilung der Bereiche mit den unterschiedlichen Witterungszonen. „Dazu werden die Trennflächen mit den unterschiedlichen Verwitterungsgraden des Gesteins festgestellt“, sagt Bauingenieur Bernecker. Der Drohnenflug habe nun Nahaufnahmen vom Feld geliefert, mit denen diese Bereiche genau eingeteilt werden konnten.

Im zweiten Schritt wird jetzt noch gezielt am Seil in den Fels gestiegen. Die Abseilaktion wird Geologe Jürgen Unger vornehmen. Zuerst wurde deshalb von den Gutachtern geprüft, wo der Experte von oben in den Fels steigen kann. Bei dem Fels handelt sich laut Bernecker um Oberen Muschelkalk und als oberste Schicht um Kalkstein. Das Gestein wird nun von den Fachleuten noch genau begutachtet, angefasst, mit einer speziellen Mess-App im Handy ausgemessen und mit dem Hammerschlag dessen Zerfallsbeständigkeit geprüft.

Wichtig ist für die Gutachter die Schichtung, das sind die horizontalen Trennflächen und die Klüfte, die vertikalen Trennflächen. Auch wird nach den Steinen geschaut, wie sie geneigt sind, ob etwas herausrutschen könnte. Alles wird genau vermessen, auch die Richtung der Flächen und die Überhänge. Dann werden die Daten verarbeitet und eine so genannte „Lagerkugeldarstellung“ gemacht. Mit Hilfe dieser Darstellung können dann Vorhersagen getroffen werden, erklärt Bernecker. Erstellt wird nun ein geotechnisches Gutachten mit einer Risikobewertung, das auch für Laien nachvollziehbar sein soll. Auch der Wettereinfluss wird dabei berücksichtigt. „Da wird der Verwitterungsgrad angeschaut, wie sich das Gestein verhält, ob es witterungsanfällig ist und was bei Niederschlag, Frost-Tau-Wechsel passiert“, so Bernecker.

Ein erstes Ergebnis des Gutachtens wird sein, ob es in dem Bereich ein Risiko des Felssturzes gibt und wie man es beherrschen kann, mit welchen technischen Maßnahmen. Das Gutachten soll bis Ende Mai abgeschlossen sein, so Bernecker. Dann wird es in den gemeinderätlichen Ausschüssen vorgestellt.

Das Gutachten ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Lösung des Felssturz Problems in den Weinbergen. Als Ende Februar 2016 die 20 Kubikmeter Felsgestein im Gewann Zuckerberg heruntergestürzt sind, wurde niemand verletzt. Seitdem hat es immer wieder Felsabgänge gegeben, auch in den benachbarten Grundstücken von Bauer. Drahtanlagen, eine Wasserleitung, Weinbergmauern und Wein wurden in dem rund 40 Ar großen Weinberg begraben, der bis zur Zuckerbergstraße reicht und im Biotopverbund der Stadt Stuttgart mit enthalten ist, wie auch die umliegenden Weinberge.

In den Bereichen des Biotopverbunds müssen die Wengerter die Felsen frei von Bewuchs und von Bäumen halten. Das sind die Auflagen der Stadt. Die Wengerter erhoffen sich Hilfe von der Stadt beim Felssturz-Problem. Weitere Gesteinsabgänge sind nicht ausgeschlossen und gab es auch immer wieder. Aus welchem Grund es zu dem großen Steinschlag kam, ist bislang noch unklar. Mit Hilfe des geologischen Gutachtens soll ein Sicherungskonzept erstellt werden, welches Maßnahmen und Kosten aufzeigt für eine Sicherung. Das Gutachten werde im Gemeinderat vorgestellt, im Ausschuss für Umwelt und Technik und vermutlich im Verwaltungs- sowie Wirtschaftsausschuss. „Die Stadträte müssen dann sagen, wie es weitergeht“, so Wolfgang Maier vom Stadtplanungsamt. Aus dem Trockenmauerförderprogramm der Stadt ist das Problem Felssturz herausgenommen worden.