Clueso (rechts) im Gespräch mit Redakteur Edgar Rehberger. Der nächste Auftritt von Clueso in Stuttgart: Am 6. Juli beim Konzertsommer im Mercedes-Benz-Museum. Foto: Bubeck - Bubeck

Der Erfurter Musiker Clueso reiste für den Auftritt mit den Fantastischen Vier ins Wizemann. Er wirkt auf der neuen Single „Zusammen“ und dem Video mit. „Es hat sehr viel Spaß gemacht.“

Bad CannstattVon Erfurt nach Bad Cannstatt, um bei einem Song mit den Fantastischen Vier auf der Bühne zu stehen. Für Clueso kein Thema. Auf der neuen Single „Zusammen“ mischt er mit. Das Video, in dem Clueso als fünftes Mitglied der Fantas gehandelt wird, um sie vor dem Absturz zu bewahren, wurde vor dem Konzert im Wizemann erstmals gezeigt. „Es hat unheimlich Spaß gemacht“, verrät er im Gespräch.

Was treibt Sie nach Bad Cannstatt?
Der Auftritt mit den Fantastischen Vier.
Sie sind an deren neuer Single beteiligt.
Ja, jetzt darf man es endlich drüber reden. Die ganzen Wochen musste ich schweigen. Es hat mich sehr gefreut. Wir haben im Europark ein Video gedreht, ein sehr ironisches witziges Video, das beim Konzert auch zu sehen ist. Dann wird es auch live aufgeführt und dann hat man gleich die Resonanz. Es war eine schöne Erfahrung.
Wie kam es zur Zusammenarbeit? Beim Heimspiel 2009 auf dem Cannstatter Wasen waren Sie ja auch im Vorprogramm
Ja, sie haben mich damals auf Tour mitgenommen und Jahre zuvor schon bei ihrem unter Vertrag genommen. Es ist eine sehr lange Geschichte, die wir haben. Wir haben aber noch nie zusammen einen Song gemacht. Ich kam gerade vom Einkaufen und erhielt einen Anruf. Die Fantas saßen alle in einem Auto und fragten, ob ich mir vorstellen könnte, einen Song mit ihnen zu singen. Ich sagte „Na endlich“. Sie haben Schiss gehabt, ob ich vielleicht nein sagen würde. Da gab’s keinen Grund dafür. Es hat mich sehr gefreut. Obwohl ich die Nummer noch nicht kannte, den Text noch nicht. Dann haben wir zusammen rumgebastelt. Das war dann sofort ’ne Fanta-Nummer.
Was schätzen Sie an den Fantas?
Sie sind einfach unbeirrbar, gehen komplett ihren Weg. Wenn man auf ihre Geschichte zurückblickt, die alten Sachen kennt, die Videos. Wie sie mit Kameras in Sendungen gelaufen sind, bei „Lauschgift“ damals . Ich schätze ihre Kunst und Texte, und menschlich, ich habe sie dann ja auch kennengelernt. Es ist toll, dass sie einfach cool geblieben sind.
Sie machen gerne Songs mit anderen Künstler. „Cello“ mit Udo Lindenberg, auf ihrer letzten Platte „Neuanfang“ gibt es auch zwei entsprechende Nummern. Was macht den Reiz aus?
Dass man wie auf ein anderes Boot springt. Man ist in seiner eigenen Welt, macht Konzerte, seinen eigenen Kram und dann hüpft man auf ein anderes, großes Boot. Das ganze Drumherum, die Soundmänner, die Leute im Studio, der Künstler , das Zusammenschreiben ist ein Ding und das Rausbringen, das fetzt dann. Wenn man sich auf Festivals trifft, kann man zusammen auf der Bühne agieren. Am meisten lerne ich, wenn ich mit anderen Leuten arbeite, mehr als wenn ich nur in Erfurt meinen eigenen Kram mache.
Wie kommt man an diese Künstler?
Wenn ich sie rufe, kommen sie mit dem Zug nach Erfurt. Ich war auch schon weg, drei Jahre in Köln, ein bisschen Berlin. Ich lade die Leute in mein Studio, dann hängt ab und entwickelt Songs. Es gibt aber auch Künstler, die mich über Skype anrufen und mich fragen, „kannst du nochmal über den Text gucken?“, weil ich knobel sehr gerne. Dann geb ich meinen Senf dazu. Das macht Spaß. Andrerseits frag ich dann „Kannst mal gucken?“. Das ist cool. Diesen Künstleraustausch finde ich sehr wichtig. Ich war jetzt kürzlich in Hamburg, bei Udo (Lindenberg). Wir spielen uns gegenseitig Sachen vor. Da merkt man so: Das wird nie vergehen, ist unabhängig vom Alter. Er ist verspielt, genauso drauf. Man schreibt auf Bierdeckel irgendwelche Zeilen.
Gibt es Künstler, mit denen Sie gerne zusammenarbeiten würden?
Ich hab nie daran gedacht, mit dem möchte ich mal zusammenarbeiten. Das hat sich meistens ergeben. Ich habe nie daran gedacht, mit Udo oder dann mit Wolfgang Niedecken was zu machen. Das passiert einfach. Wolfgang Niedecken habe ich bei einer Radiosendung kennengelernt und Udo hat mich gefragt. Dann haben wir gemerkt, wir haben viele Ähnlichkeiten, sind beides Autodidakten. Das ergibt sich dann, da passt die Chemie. Es gibt auch Situationen, wo ich gemerkt hab, nee, das passt nicht. Was ich sagen will: Ich habe jetzt niemanden im Kopf. Es gibt Künstler, die ich gut finde. Marteria zum Beispiel oder Peter Fox von Seeed.
2015 gab es einen Schnitt. Sie haben sich von der Band getrennt, sind zurück nach Erfurt. Das neue Album hieß dann „Neuanfang“. Rückblickend: War das eine richtige Entscheidung?
Ja, absolut. Es ist seitdem eine komplett neue Zeit. Das was jetzt passiert, möchte ich nicht missen. Es ist nicht so, dass ich irgendeinem Tag nachtrauere. Trotz der Trennung war es so eine krasse, wundervolle Zeit. Zu meinen Aufnahmen jetzt habe ich meinen Gitarristen eingeladen. Da war sofort wieder das Feeling da. Das nenne ich stumme Liebe. Ich habe mit „Neuanfang“ eine Zeit besungen, die ich jetzt fühle. Ich wollte mir Mut besingen, und jetzt stecke ich drin und fühle ich es.
Was ist anders?
Ich bin jetzt für weniger Menschen verantwortlich. Es sind jetzt nicht weniger um mich herum, aber weniger, die in einer Abhängigkeit stehen, das war mir das Allerwichtigste. Vor allem, wenn ich Texte schreibe und in dem Stück nicht so ein Druck herrscht. Plötzlich ging es dann auch wieder. Ich schreibe sehr viel. Es wird auch nicht lange dauern, bis was Neues kommt. Das war wie eine Blockade, die ich hatte. Das hatte damit zu tun, da hängt so viel dran, so viele Menschen, die erwarten, dass man irgendwie weitermacht.
Ihre Songs „Gewinner“ und Chicago“ sind überaus erfolgreich. Weiß man schon beim Schreiben, oder wenn er fertig ist, dass er so gut ankommt?
Nein. Ich hab selber manchmal so ein Gefühl, das ist ein guter Song. Eine Blueslegende aus Erfurt, Jürgen Kerth, hat mal gesagt, einen Hit kann man nicht verhindern, egal, ob das ne Single ist oder nicht. Die Fantas haben „Tag am Meer“ nie als Single herausgebracht. Das ist einer der meist mitgesungenen Songs. Das spürt man schon beim Schreiben. Aber ob es dann ein Hit wird, da gehören mehrere Kriterien dazu. Bei „Gewinner“ damals hatte ich ein gutes Gefühl. Wusste, das ist ein guter Song. Den gab es damals aber noch in einer ganz anderen Version. Und jetzt bei der Fanta-Nummer habe ich auch ein Gefühl, dass es ganz schmissig ist. Wer weiß.
In diesem Jahr ist Fußball-WM. Das gibt es immer jede Menge Songs. Haben Sie ein WM-Lied auf Lager?
Ich bin zu wenig fußball-interessiert. Ich bin zwar sehr eng mit Thomas Tuchel befreundet. Dadurch weiß ich immer viel über Fußball. Aber es hat mich nicht erwischt. Ich werde mir einige Spiele angucken. Aber solange ich da so nicht drinhänge, werde ich nicht aus kommerziellen Gründen einen Fußball-Song schreiben. Wenn jeder x-beliebige Comedian einen Song rausbringt, halte ich mir die Ohren zu.
Woher kommt Ihre Kreativität?
Das frage ich mich auch manchmal. Ich weiß es nicht. Ich kann irgendwie nicht stillstehen. Musikmachen ist so, wie wenn andere Leute an Sachen rumbasteln oder wenn sie irgendein Hobby haben und sagen, „ich freu mich mal wieder, in meiner Werkstatt zu sein“ oder hängen im Garten. Das Songs rausbringen, ist für mich nicht das Allerwichtigste. Ich möchte Musik machen. Mit einem Freund habe ich Festplatten voller Songs, die wahrscheinlich nie rauskommen, oder nur angerissen sind. Das macht mir immer noch sehr viel Spaß. Da schöpfe ich sehr viel raus. Ich höre viel Musik und versuche, mal die Richtung auszuprobieren. Ich bin halt neugierig und lass mich gerne anstecken.
Wie entstehen die Songs, erst der Text oder erst Musik?
Inzwischen ist es total unterschiedlich. Früher hatte ich erst die Musik, weil einem nicht immer so schnell ein Text einfällt. Da muss ich schauen, habe eine Fantasiesprache, um irgendeine Idee festzuhalten, eine Gesangsmelodie. Da presse ich dann die Wörter rein. Inzwischen habe ich viele Filter rausgenommen, denke in keinen Kategorien mehr. Nehme eine Textzeile aus einem alten Song, den ich nicht veröffentlicht habe und mix alles miteinander. Das ist mit Melodien genauso. Ich versuche, mich wirklich inspirieren zu lassen. Nehme eine Tagezeitung mit, hole mir Worte raus, die gut klingen, bastel mir da ein Sammelsurium. dann merke ich, ah jetzt kommt langsam ein Thema. Ich lese aber auch viel über Songwriting und Geschichten schreiben, oder Bücher über Leute, die Figuren für Filme wie „Games of Thrones“ entworfen haben. Da kann man schön auffüllen.
Die Fragen stellte Edgar Rehberger