Der Platz der Synagoge soll umgestaltet werden. Foto: Iris Frey - Iris Frey

Am 9. November wird am Platz der ehemaligen Synagoge in der König-Karl-Straße an die Pogromnacht erinnert. Außerdem gibt es eine Lesung. Noch immer wird die Platzumgestaltung geplant.

Bad CannstattAm 9. November findet zum zehnten mal die Gedenkveranstaltung an die Opfer der Pogromnacht in Bad Cannstatt statt. Es lädt dazu ein „Bündnis zum Gedenken an an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt“ ein, um am Platz der ehemaligen Synagoge in der König-Karl-Straße an die Nazi-Greuel zu erinnern.

So stürmten am Abend des 9. November 1938 gut organisierte SA- und SS-Truppen hunderte Synagogen, tausende Geschäfte und Wohnungen und setzten sie in Brand. Wie das Bündnis berichtet wurden Zehntausende von SS und Gestapo verhaftet, über Hundert ermordet. Jüdinnen und Juden wurden ihr Besitz gestohlen, sie wurden zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und in den Gaskammern ermordet. „Das Pogrom war Teil der Vorbereitung auf die planmäßige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas im Rahmen des Eroberungs- und Vernichtungskrieges, mit dem die Nazis die Welt überzogen.“

Die Synagoge in Bad Cannstatt wurde von Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Eine Cannstatterin erinnert sich laut Bündnis an die jüdischen Geschwister Buxbaum in der Zieglergasse 1: „Ich war zufällig Augenzeuge, als Anhänger der SA in Uniform mit Spitzhacken die Fenster des Metzgerladens zertrümmerten. Es war grausam! Danach waren beide Buxbaums verschollen.“ Sie trauten sich nicht mehr an die Öffentlichkeit.

Erste Deportation 1941

Am 1. Dezember 1941 erfolgte die erste Deportation von rund 1000 württembergischen Jüdinnen und Juden vom Killesberg ins KZ Riga-Jungfernhof. Den größten Teil von ihnen erschossen die Faschisten allerdings umgehend in einem Wäldchen in der Nähe Rigas. Von den 261 Jüdinnen und Juden, die 1933 in Cannstatt wohnten, wurde am 1. März 1943 als letzter Cannstatter Dr. Ernst Reichenberger nach Auschwitz deportiert, wo er ums Leben kam, berichtet Ralf Chevalier vom Bündnis. Mehr als 100 jüdische Bewohner Cannstatts wurden Opfer der faschistischen „Endlösung“.

Indes ist der Platz an der ehemaligen Synagoge noch nicht umgestaltet. Seit einiger Zeit gibt es dazu Ideen. Der Gedenkort soll insgesamt würdiger gestaltet werden. Auch der Verein Pro Alt-Cannstatt macht dabei mit. Unter anderem soll der Zugang zum Sonnenbunker von parkenden Autos freigehalten werden, um freie Sicht auf die Gedenktafeln zu ermöglichen. Poller wurden dort bereits aufgestellt. Das Albertus-Magnus-Gymnasium hatte vor Jahren hier Gedenktafeln über ermordete Juden und ihre Geschichte an den Eingang des Sonnenbunkers angebracht. Nach Angaben von Stadtsprecher Martin Thronberens soll auf dem Platz der ehemaligen Synagoge „ein Stadtplatz mit hoher Aufenthaltsqualität und mit der Möglichkeit zur Erinnerung und Reflektion“ entstehen. Unter anderem sollen Tafeln mit Texten und historischen Fotos aufgestellt werden, so Thronberens. Der Vorentwurf zur Umgestaltung des Platzes werde momentan noch verwaltungsintern abgestimmt.

Im Bezirksbeirat Bad Cannstatt solle der Vorentwurf im ersten Quartal des kommenden Jahres vorgestellt und besprochen werden. Danach folge die weitere Planung und die Vergabe zur Ausführung der Arbeiten. Der Baubeginn sei für Ende des kommenden Jahres geplant, die Fertigstellung soll dann im Frühjahr 2021 sein, so der Stadtsprecher weiter.

Gedenkfeiern

Bei der Gedenkveranstaltung am Platz der ehemaligen Synagoge in der König-Karl-Straße 45-47 in Bad Cannstatt gibt es verschiedene Gedenkreden von Pfarrern und Vertretern des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region, moderiert von Joe Bauer. Es singt der Freie Chor Stuttgart mit jüdischen und antifaschistischen Liedern. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung am Platz der ehemaligen Synagoge gibt es eine Lesung und Konzertveranstaltung mit der Shoa-Überlebenden Esther Bejarano und der Rapband Microphon Mafia um 19.30 Uhr, im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses Bad Cannstatt, Am Marktplatz 10. Um Reservierung wird zur Lesung gebeten, und zwar per Mail unter der folgenden Andresse: chevalier.ralf@t-online.de.

Weitere Informationen gibt es unter www.pogromnachtcannstatt.wordpress.com. if