Die Funde werden komplett ausgegraben und gehen direkt an die Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamtes. Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Schon wieder ein archäologischer Fund mit großer Bedeutung: Beim Bau der Mensa im Hof der Martin-Luther-Schule wurden Urnengräber aus der Spätbronzezeit 1000 vor Christus entdeckt. „Das ist der erste Ort in Cannstatt mit Hinterlassenschaften aus der Urnenfelderzeit“, erläutert Archäologe Michael Schmid von der Firma ArchaeoConnect. Damit wird die Lücke zwischen der Jungsteinzeit und Eisenzeit geschlossen.

Da sich die Schule direkt neben dem Uff-Kirchhof befindet, der schon im Mittelalter als Friedhof genutzt wurde, wurden im Boden historische Funde vermutet. Im Vorfeld wurde daher von Landesdenkmalamt eine Sondage durchgeführt: ein schmaler, zwei Meter breiter und 20 Meter langer Schnitt im Boden. Die Überraschung war groß: Mit Urnengräbern aus der Spätbronzezeit, die bislang wenig erforscht ist, hatte man nicht gerechnet. „In der Zeit damals wurden die Toten verbrannt, die Asche in ein großes Keramikgefäß gefüllt“, so der Ausgrabungsleiter. „Dazu kamen auch verschiedene Beigaben.“ Die Urnen haben teilweise einen Durchmesser von 60 Zentimetern. „Wir konnten feststellen, dass sich alle Urnen etwa auf derselben Höhe befinden, entgegen der heutigen Hanglage des Geländes.“ Gefunden wurden bislang neun Urnengräber.

Die beauftragte Grabungsfirma geht dabei nach vorgegebenen wissenschaftlichen Standards vor. Das geborgene Material geht komplett in die Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamtes, wo es weiter untersucht wird. Die Urnen werden zunächst durchleuchtet und genau unter die Lupe genommen. „Die Ergebnisse könnten vielleicht mal in einer Ausstellung gezeigt werden“, denkt Schmid bereits weiter. Gefunden wurden die Urnengräber auf dem Niveau der Baugrubensohle. Die gesamte Baufläche, auf der die Mensa entsteht, ist 750 bis 800 Quadratmeter groß. Offen sind derzeit 300 Quadratmeter. „Wir graben nur im Fundamentbereich der Küche.“ Nicht in der gesamten Baufläche. Vier ausgebildete Archäologen sind am Werk. „Eine knifflige Sache“, beschreibt Schmid. „Der Boden ist dunkel.“ Da müsse schon genau geschaut werden. „Eine spannende Sache an diesem besonderen Ort.“ Mit einem Bagger wurde zentimeterweise die Erde abgegraben. Es entstand eine Feinputzfläche. Das gefundene Material wird fotografiert, beschrieben und messtechnisch dokumentiert. Mit den heutigen modernen Möglichkeiten kann ein 3D-Modell erstellt werden. Durch die Funde wurde der eigentliche Mensabau, mit dem in den Sommerferien begonnen wurde, nicht beeinträchtigt. „Wir sind in den Bauablauf eingebunden“, betont Schmid.

Probleme gab es mit dem Aushub, der bislang noch nicht abgeholt wurde. Das soll sich in den nächsten Tagen ändern. 18 Monate Bauzeit sind veranschlagt, dann soll die Mensa für den Ganztagesschulbetrieb fertig sein. Der Bau stellt die Grundschule mit seinen 440 Schülerinnen und Schülern vor logistische Herausforderungen. Etwa zwei Drittel des Schulhofes sind nicht nutzbar. „Wir müssen schauen, wo die Klassen sich aufstellen können“, erläutert Schulleiter Markus Dölker. Zudem muss ein Fluchtweg im Brandfall vorhanden sein. Glücklicherweise steht das Schülerhaus gegenüber zur Verfügung. „Da gibt es auch einen Hof.“

Der Schulleiter hat auch die unmittelbaren Anwohner über die Baumaßnahme informiert. „Schließlich gibt es Einschränkungen etwa bei den Stellplätzen.“ Das bisherige gute Verhältnis zur Nachbarschaft soll nicht getrübt werden. Die Mensa ist für den Ganztagesbetrieb dringend nötig. Bislang sind die Klassen 1 bis 3 - jede Stufe ist vierzügig - im Ganztagesbetrieb. Zum Schuljahr 2018/19 kommen die vierten Klassen dazu. In den Sommerferien sollten auch Jalousien an der Straßenseite angebracht werden. Daraus wurde nichts. Das Schulverwaltungsamt konnte keine Fachfirma finden. Die Ausschreibung war erfolglos. Das soll jetzt im Frühjahr nachgeholt werden, hofft Dölker. Schließlich seien die Schüler im Ganztagesbetrieb bis 16 Uhr in der Schule. „Und an heißen Tagen heizt sich das Gebäude ordentlich auf. Da wären die Jalousien wichtig.“