Wegen des schlammigen Bodens des Max-Eyth-Sees ist der Tauchgang mühsam und anspruchsvoll. Foto: Stolz Quelle: Unbekannt

„Für die Aktion im Max-Eyth-See müssen wir erfahrene Taucher einsetzen.“

Von Uli Nagel

Let's putz unter Wasser? Warum eigentlich nicht. 20 Taucher des PSV Stuttgart und des Tauchclubs Uni Stuttgart Manatees werden heute den Max-Eyth-See unter die Lupe nehmen und fast das gesamte Ufer nach Wohlstandsmüll absuchen. Ein Bild von der Aktion macht sich am frühen Nachmittag Umweltminister Franz Untersteller.

Der Max-Eyth-See und das Gebiet drumherum hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem facettenreichen Naherholungsgebiet der Landeshauptstadt entwickelt. Ob für Spaziergänger, Radler, Sonnenhungrige, Angler oder Wassersportler - das Angebot ist groß. Zudem bieten die großzügigen Rasenflächen rund um den See viel Platz zum Spielen und Picknicken.

Doch der Freizeitspaß hat seine Schattenseite: Denn je mehr Menschen unterwegs sind, umso größer sind die Berge von Wohlstandsmüll, die sie hinterlassen. Offenkundig wird das Problem im Sommer, wenn Grillsaison ist. Was noch gar nie „erforscht“ wurde: Wie sieht es denn im See selbst mit den menschlichen Hinterlassenschaften aus? Was verbirgt sich alles unter der Wasseroberfläche und fault oder rostet vor sich hin?

Mühlhausens Bezirksvorsteher Ralf Bohlmann ließen diese Fragen keine Ruhe und bei einem Verbandstag der Taucher Anfang des Jahres wurde er aktiv. „Er hat uns gefragt, ob wir nicht einmal Lust auf Let‘s putz unter Wasser hätten“, erinnert sich Andreas Stolz,

Gesagt, getan, seitdem sind die Verantwortlichen der Tauchsportabteilung des PSV Stuttgart zusammen mit den Kollegen des Unitauchclubs Manatees mit den akribischen Planungen beschäftigt. Denn obwohl der Max-Eyth-See nur zwischen zwei bis drei Meter tief ist, wird hier in keiner „Pfütze“ getaucht. „Wir setzen nur sehr erfahrene Mitglieder ein“, betont Stolz. Der Grund: Zum einen sind die Taucher einige Stunden im Wasser und zudem ist der Boden des Sees sehr schlammig. Nach wenigen Minuten ist die Sicht gleich Null und man muss sich auf seine Hände verlassen. Das geht selbst in einer eher geringeren Tiefe auf die Psyche. Der erfahrene Hobbytaucher muss wissen, wovon er spricht. Immerhin betreibt er seit fast 40 Jahren seinen Sport.

Dass der See nicht in seiner Gesamtheit untersucht werden kann, versteht sich angesichts seiner Größe fast von selbst. „Macht auch wenig Sinn“, sagt Andreas Stolz. Der vermutete Abfall und Unrat werde zumeist in Ufernähe liegen, also dort wo die Seebesucher unterwegs sind und klammheimlich vielleicht ihren Einweggrill oder ihre leeren Flaschen entsorgen. Doch auch Autoreifen, Fahrräder oder Elektroschrott wurden bei ähnlichen Aktionen schon aus Gewässern gefischt. „Wer weiß, vielleicht finden wir den Einkaufswagen, der im Februar auf dem zugefrorenen See abgestellt wurde", so Stolz. Denn als die Eisschicht schmolz, versank der Wagen in den Tiefen des Max-Eyth-Sees.

Insgesamt haben sich die 20 Taucher, ein Drittel davon sind Frauen, ein ordentliches Programm für den Samstag auferlegt. Getaucht wird immer zu zweit in zwei Zehnerteams, die jeweils für größere Abschnitte zuständig sind. Insgesamt wird zwischen 9 und 16 Uhr etwa drei Viertel des gesamten Ufers abgesucht. Ausgespart wird unter anderem der Bereich, der unter Naturschutz steht und wo eh keine Umweltsünder unterwegs sind.

„Wir haben uns natürlich bei anderen Tauchvereinen, die Erfahrung mit solchen Aktionen haben, informiert“, betont der Abteilungsleiter. Unter anderem habe man dabei den Tipp erhalten, die Taucher mit Kevlar-Handschuhen auszustatten. Denn da mehr oder weniger ohne Sicht getaucht wird, besteht die Gefahr, in scharfkantige Gegenstände zu greifen und sich übel zu verletzen.

Doch nicht nur unter Wasser wird heute für einen sauberen Max-Eyth-See gearbeitet. Was gefunden wird, muss natürlich ans Ufer transportiert werden. Dafür zuständig sind Boote der DRLG und des ansässigen Kajakvereins.

Finanziell unterstützt wird die Aktion durch die Allianz Umweltstiftung mit 2250 Euro. Für die Durchführung müssen nicht nur die genannten Sicherheitshandschuhe gekauft werden, auch gilt es die Pressluftflaschen zu füllen und zum Anheben schwerer Gegenstände unter Wasser Markierungsbojen anzubringen. Zudem wurden Hebesäcke, Seile, Bojen und Sammelnetze für den Müll angeschafft.

An diesem Tag präsentieren Schülerinnen und Schüler der fünften Klassenstufe des Gymnasiums der Jörg-Ratgeb-Schule auch ihre selbst gestalteten Plakate zum Thema Abfallvermeidung, die die Besucher auffordern, das Vogelschutzgebiet und den See samt Ufer sauber zu halten.

Vom Kieswerk zum Naherholungsgebiet

Wo heute Menschen faulenzen, grillen oder sportlichen Aktivitäten nachgehen, wurde einst gearbeitet. Denn vor fast 100 Jahren gab es dort mächtige Kies- und Sandschichten am Neckar. Die wurden bereits 1914 am Neckar abgebaut. Auf dem Gebiet des heutigen Max-Eyth-Sees begann man damit 1925. Der Kies wurde unter anderem auch für die Kanalisierung des Neckars gebraucht. Mächtige Betonwände sollten ihn in seinem Bett halten. Aus einer Staustufe des Flusses ging schließlich der See hervor. Das Staubecken wurde 1932 fertig gestellt, der See mit den Einrichtungen eines Badezentrums feierlich eröffnet. Es war besonders bei Schulen beliebt. Öfters fanden am See „Turnspiele“ statt. Markenzeichen des Flussbades war ein rot-weiß gestreifter Leuchtturm. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG hatte zudem einen Schifffahrts-Linienverkehr zwischen der König- Karls-Brücke und Hofen eingerichtet. Ein kleines Dampfschiff bildete die Verbindung zum See. In den Sommermonaten wurden bis zu 4000 Personen täglich auf dem Wasser befördert. Das Max-Eyth-See-Freibad war damals mit dem Fluss verbunden. Es wurde aber im Zweiten Weltkrieg zerstört. Im Krieg war der See trocken gelegt worden, um Jagdbombern kein gutes Ziel zu bieten. In dieser Zeit wurde in ihm Gemüse angebaut, ehe er sich nach einem Dammbruch 1949 wieder mit Wasser füllte. Der Neckar war aber nicht mehr sauber genug und das Baden wurde verboten. Auf Grund der Tiervielfalt wurde das Gebiet 1961 unter Landschaftsschutz gestellt. Die heutige Gestalt erhielt der See in den 1970er-Jahren. 65 000 Kubikmeter Boden wurden ausgehoben, die Form des Sees verändert und Spazierwege angelegt. Mit einer Fläche von 17,3 Hektar, einer Breite von 300 Metern und einer Länge von 600 Metern ist der Max-Eyth-See heute das größte Stehgewässer der Region.