Anita Fuchs von der Gärtnerei Steinle aus Aldingen freut sich auf den Jubiläums-Wochenmarkt. Die Beschicker werden die Besucher mit kleinen Geschenken überraschen. Foto: Steegmüller - Steegmüller

Am Samstag feiert der Wochenmarkt 625-jähriges Bestehen. Die Beschicker haben kleine Überraschungen für die Besucher, außerdem ist ein Gottesdienst auf dem Marktplatz geplant.

Bad CannstattChristoph Kolumbus entdeckt Amerika, zwischen Frankreich und England tobt der 100-jährige Krieg und Johannes Gutenberg druckt die Bibel. Während die geschichtlichen Großereignisse stattfanden, geht man in Cannstatt schon auf den Wochenmarkt. Er wurde urkundlich erstmals 1393 erwähnt. Lange bevor der Seefahrer auf den Bahamas (1492) landet, Jeanne d’ Arc (1429) die entscheidende Schlacht für die Franzosen gewinnt und der Mainzer den modernen Buchdruck (1452) erfindet. Viel gemeinsam mit den heutigen Ständen der Beschicker hatte der Markt damals wohl nicht. „Es waren bewegte Feste“, heißt es in einer älteren Beschreibung, die sich allerdings nicht nur speziell auf Cannstatt beruft. Die Wochenmärkte seien eher Verbrauchermessen im Kleinen gewesen. Bauern konnten neben Gemüse, Geflügel und Eiern alles zum Verkauf anbieten, was sie eben gerade loswerden wollten. Vom fertigen Kleidungsstück über die Peitschenschnur bis zum ganzen Hof.

Märkte in der Nähe von Gutshöfen

Unwahrscheinlich ist indes, dass die Feilschereien um Hab und Gut schon auf dem heutigen Marktplatz stattfanden. Im Jahr 1993 hat sich der Landeskundler Robert Gradmann – Anlass war der 600. Geburtstag des Wochenmarkts – genau mit dieser Frage beschäftigt. Der Experte vermutete, dass die Bauern ihre Waren östlich in der Lammgasse angeboten haben. Zum einen würde der älteste Teil der Stadt zusammen mit der ehemaligen Burg Stein in der heutigen Spreuergasse in diesem Bereich liegen. Zum anderen seien Märkte „meist in Anlehnung an einen Frohnhof gegründet“, so Gradmann damals. Aus dem herrschaftlichen Gutshof seien 100 Jahre später der Esslinger und der Konstanzer Hof hervorgegangen. Eine weitere Lokalisierung ist aus einem anderen Grund schwierig: Das jetzige Cannstatt, so wie wir es heute kennen, wurde erst um 1500 herum erbaut – also wesentlich später.

Grundsätzlich sei für das Florieren von Märkten nicht die Lage an Handelsstraßen die Voraussetzung. „Sie lehnen sich mit Vorliebe an Punkten an, zu denen die Bevölkerung schon vorher zulauf hatte“, so Gradmann. Auf besagtem Ehrenhof entrichteten die Bürger einst den Zins, außerdem war er eine Anlaufstelle bei Rechtsfragen. Als eine weitere Voraussetzung nannte der Landeskundler Flussgebiete. „Hierher kommt jeder am leichtesten hin. Außerdem ist es logisch, dass der Bauer mit dem beladenen Wagen lieber zu Tale fährt.“

Ebenfalls nicht erforscht ist, wo sich der Markt im 17. und 18. Jahrhundert abgespielt hat. Auf dem Marktplatz – zumindest im südlichen Teil – wohl nicht. Noch bis ins 19. Jahrhundert befand sich dort eine Mineralwasser-Pferdeschwemme. Die Sulzgasse und die Sulzbachgasse erinnern heute noch an die sogenannte „Stadtsulz“. Genauso wie der Standort variierte, wechselten die Markttage mehrfach. Der Landeshistoriker und zeitwillige Schulmeister Johann Daniel Georg Memminger bezeichnete den Markt in seiner Beschreibung „Cannstatt und seine Umgebung 1812“ zwar als eine „uralte Institution“, aufgrund der Nachbarschaft zu Stuttgart florierte er jedoch nicht allzu sehr. Auch 20 Jahre später bezeichnete er ihn als unbedeutend. Mit der zunehmenden Besiedlung der Sauerwasserstadt, verschwanden die freien Flächen. Es blieb letztlich der einstige Holzmarkt am Rathaus, der 1822 in „ Marktplatz“ umbenannt wurde. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich hier und in der Brunnenstraße, die schon Ende des 16. Jahrhunderts die wirtschaftliche Hauptschlagader Cannstatts war, ein Markttreiben vorzustellen.

Die Brunnenstraße ist von der Spreuergasse bis zur Stadtkirche mittlerweile verkehrsberuhigt, der Wochenmarkt jedoch auch 625 Jahre nach seiner ersten urkundlichen Erwähnung ein beliebter Treffpunkt für Cannstatter.

Am Samstag, 22. September, wird das Jubiläum von 7 bis 13 Uhr gefeiert. Verschiedene Sonderaktionen und Angebote der Beschicker sowie leckere Köstlichkeiten wie kleine Saiten mit Brötchen, selber gemachte Weine, Säfte und vieles mehr sollen an diesem Tag für ein besonderes Markterlebnis sorgen. Als zusätzliche Aktion serviert der Koch Johannes Guggenberger für Kunden selbstgekochte leckere Kürbissuppe mit Croûtons in einem Brotteller. Der Verkaufserlös der Suppe geht an die „Olgäle-Stiftung“. Am Glücksrad locken zudem Gewinne. Angedacht ist auch ein ökumenischer Gottesdienst von 10.30 Uhr bis 10.45 Uhr auf dem Marktplatz.