Redakteurin Janey Schumacher testet ein Pedelec auf einem Übungsparcours am Pariser Platz. Foto: ADAC (z) - ADAC (z)

Pedelecs sind beliebter denn je. Zeit, die motorisierten Fahrräder einmal im Selbstversuch zu testen.

Bad CannstattEs geht ganz schön zackig vorwärts, wenn man auf dem Pedelec den Knopf, auf dem „boost“ steht, betätigt. Dann wird die höchste Stufe des eingebauten Motors aktiviert und das Zweirad fährt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometern pro Stunde. Spaß macht es, ohne große Anstrengung durch die Gegend zu flitzen, doch die Geschwindigkeit birgt auch Gefahren. Um Interessierten die Möglichkeit zu bieten, die immer beliebter werdenden Pedelecs einmal auszuprobieren, haben ADAC, die Firma eRadwerk und Polizei am Samstag einen Parcours auf dem Pariser Platz im Europaviertel aufgebaut. Das Ziel: „Testfahrer sollen selbst erleben, dass Pedelecs anders als Fahrräder reagieren“, sagt Daniela Grosser vom ADAC.

Mehr Gewicht als ein Fahrrad

Auch ich schwinge mich auf eines der Pedelecs und steure den Parcours an. Los geht es erst einmal auf der Geraden. „Schon ein bisschen schwerer als ein normales Fahrrad“, denke ich. Pedelecs sind wegen des eingebauten Motors je nach Modell zwischen 10 und 25 Kilogramm schwer – und wiegen mehr als die meisten Fahrräder. Als ich nach etwa 50 Metern einen der orangefarbenen Verkehrskegel umfahre, stelle ich fest, dass ich auf dem Pedelec anders in der Kurve liege, als auf meinem eigenen Drahtesel. Ein paar Minuten später habe ich mich an das neue Fahrgefühl langsam gewöhnt und werde mutiger. Ich schalte den elektrischen Motor, der am Rahmen befestigt ist, über einen Knopf am Lenker um eine Stufe höher – und gleich noch eine. Man muss kaum noch treten und trotzdem geht es zügig vorwärts. Das macht sich auch bei der anschließenden Vollbremsung bemerkbar, die etwas ruppiger vonstatten geht, als erwartet. Das Gewicht des Pedelecs schiebt mich stärker nach vorne, als ich gedacht hätte. Weiter geht es vorbei an einem Tisch mit Holzklötzen, die im Fahren auf einen anderen Tisch gelegt werden müssen – dadurch soll das Handzeichen beim Abbiegen simuliert werden. „Gar nicht so leicht, dabei die Balance zu halten“, denke ich. Anschließend fahre ich durch ein Tor und im Slalom um weitere Verkehrskegel. Nach einer Runde fühle mich etwas sicherer auf dem Pedelec und beschließe, den Parcours gleich noch einmal zu fahren – denn Spaß macht es.

Zum ersten Mal auf einem Pedelec sitzt auch Eva Wagner aus Stuttgart. Die 60-Jährige plant im Sommer eine Radtour im Schwarzwald und überlegt, diese auf dem Pedelec zu bestreiten. „Die Unterstützung durch den Motor ist wirklich toll, vor allem, wenn man in Gegenden mit Hügeln und Bergen unterwegs ist“, sagt sie. Das Lenken hätte sie sich angesichts des Gewichts schwerer vorgestellt. Ob sie sich ein Pedelec kaufen wird, weiß sie noch nicht. „Vielleicht leihe ich mir erst einmal eines aus.“ Nachvollziehbar angesichts der Preisspanne von 800 Euro aufwärts beim Discounter bis hin zu mehr als 3500 Euro im Fachgeschäft.

Auch für Karin Böhmländer aus Weilimdorf ist es die erste Fahrt auf einem Pedelec. „Sehr gut“, lautet ihr Resümee, nachdem sie ein paar Runden gedreht hat. Zurzeit fahre sie vor allem im Urlaub an der Ostsee Fahrrad, in Stuttgart eher seltener wegen der vielen Steigungen. Daher käme ihr eine motorisierte Unterstützung ganz recht. Mit dem elektrischen Motor kommt man abhängig davon, ob man auf höchster Stufe oder im sogenannten „Eco-Modus“ fährt, zwischen 30 und 100 Kilometer weit, je schneller das Pedelec fährt, desto mehr Strom wird benötigt. Die meisten Pedelecs bieten drei bis fünf Stufen der Unterstützung an.

Eine Testfahrt macht auch Karl-Heinz Kißling aus Albstadt. Bei allem Fahrkomfort weist der 74-Jährige auch auf die Gefahren der Pedelecs hin. Häufig beobachte er auf Radwegen ungeübte Fahrer, die mit den Geschwindigkeiten, die sich auf dem Pedelec mühelos erreichen lassen, nicht umgehen können. „Wenn dann ein Hindernis auf dem Weg ist, können viele nicht richtig reagieren und stürzen“, sagt Kißling.

Auch die Polizei weist auf die Gefahren hin. „Mann muss sich bewusst sein, dass ein Pedelec andere Fahreigenschaften als ein Fahrrad hat“, sagt Hermann Volkert von der Abteilung Verkehrsprävention des Polizeipräsidiums Stuttgart. Auch in der Landeshauptstadt sind immer mehr Pedelecfahrer unterwegs und dabei vielen Gefahren ausgesetzt. Vergangenes Jahr waren laut Polizeistatistik 98 Pedelecfahrer in Unfälle verwickelt. Das ist im Vergleich zum Jahr 2017 eine Steigerung um 66 Prozent. Volkert rät, vor dem Kauf eine Probefahrt zu machen und sich vom Händler beraten zu lassen, um das Pedelec richtig einschätzen zu können. Auch sollte man sich besser langsam an die verschiedenen Geschwindigkeitsstufen herantasten. Sein letzter Tipp: Fahrer sollten einen Helm tragen, denn „der kann Leben retten“.