Wegen des Fachkräftemangels in Kitas hilft vor 8 oder nach 16 Uhr fachfremdes, aber „pädagogisch interessiertes“ Personal aus. Die Beschäftigten werden dazu animiert, eine Ausbildung zu absolvieren. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Eltern oder Alleinerziehende, die außerhalb der Kernzeit in Kitas, die von 8 und 16 Uhr gilt, den Nachwuchs betreut haben wollen, benötigen Einrichtungen mit Früh- und Spätdiensten. Aufgrund des Fachkräftemangels ist es aber schwierig, ausgebildetes Personal dafür zu finden. Die Stadt greift auf „pädagogisch interessierte“ Nichtfachkräfte zurück, die befristete Verträge erhalten. Sie werden angehalten, eine pädagogische Ausbildung zu absolvieren.

In städtischen Kitas gibt es 186 Frühdienste und 183 Spätdienste. 57 Prozent davon werden von Fachkräften bewältigt. Bei den restlichen 43 Prozent kommt das sogenannte KVJS-Modell, eine befristete Notlösung, zum Tragen. Denn der Fachkräftemangel in der Kinderbetreuung schlägt auch da durch. „Es ist relativ schwierig, Stellen zu besetzen“, beschrieb Hans-Ulrich Simon, Leiter der Abteilung Kindertages- und Schulkindbetreuung im Jugendamt, gestern im Jugendhilfeausschuss. Zeitweise wurden 125 Früh- und Spätdienste gesucht. „Stand September sind 25 Planstellen offen.“

Nicht zuletzt dank des KVJS-Modells. Denn in diesen Randzeiten, also vor 8 und nach 16 Uhr, kann mit einer Fachkraft pro Gruppe und in Ausnahmefällen auch ohne Fachkraft agiert werden. Dazu ist eine Zusatzvereinbarung zwischen der Kita und den Eltern erforderlich. Es gibt einen Unfallversicherungsschutz. Die befristete Notlösung ist nicht betriebserlaubnispflichtig. In Einrichtungen, die aufgrund von Personalnot keinen Früh- und Spätdienst anbieten können, wird auf die Kernbetreuungszeit von 8 bis 16 Uhr umgeschwenkt. Was natürlich die betroffenen Eltern vor Probleme stellt.

Wer stellt sich als nicht-ausgebildete Fachkraft für eine Kinderbetreuung vor 8 und nach 16 Uhr zur Verfügung, wollten Iris Ripsam (CDU), Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) und Marita Gröger (SPD) wissen. Und wie lange wird an dieser Notlösung festgehalten? Schließlich sei die Personalmisere ja schon länger bekannt. Man solle daher lieber Anreize schaffen, den Beruf zu ergreifen.

Das Jugendamt sei bemüht, so Simon, dass pro Früh- und Spätdienst mindestens eine Fachkraft pro Gruppe anwesend ist. „Da schauen wir drauf.“ Die zweite Person könne dann eine Hilfskraft sein. Dies seien „pädagogisch interessierte Mitbürger“. Das Jugendamt versucht, diese zu einer pädagogischen Ausbildung zu bewegen. Und durch die befristeten Verträge habe man ein gewisses Druckmittel. Denn manche würde sich weigern, eine pädagogische Ausbildung anzutreten. „Da versuchen wir zu motivieren und zu steuern.“ Aber man sei auch in einer gewissen Verpflichtung und habe Qualitätsansprüche. Irgendwann würden die Verträge dann eben nicht mehr verlängert. Dies habe bei Eltern zu Missverständnissen geführt.

Bei einer Kündigung könne man vier Wochen absichern. „Mehr geht aber nicht.“ Es werde versucht, dies zu ändern und möglichst schnell eine Ersatzlösung zu finden. Im Frühdienst können Hauswirtschaftskräfte, die bereits in der Einrichtung sind, einspringen. „Schwieriger wird es beim Spätdienst.“ Das KVJS-Modell läuft bis Jahresende. „Wir bemühen uns um eine Verlängerung.“ Obwohl sich die Situation verbessert habe, seien noch Stellen offen. „Und bis Juli nimmt der Fachkräftemangel wieder zu.“ Das Jugendamt versuche, das Level zu halten.

„Die Verträge nicht zu verlängern und Personal zu entlassen macht keinen Sinn“, sagte Bertram Wohlfahrt, Sprecher der Konferenz der Gesamtelternbeiräte. Das könne den Eltern nicht vermittelt werden. Susanne Heynen, die Leiterin des Jugendamtes, hat dafür Verständnis. „Das zeigt das Spannungsfeld deutlich und ist schwer auszuhalten. Aber wir haben bisher keine gute Lösung.“ Die Erwartungen an Qualität seien gestiegen. „Wir ringen um jede Entscheidung.“