Auf der im Foto linken Seite des Alten Rathauses soll auf einer zehn Quadratmeter großen Fläche der Probeputz aufgebracht werden. Foto: Nagel - Nagel

Die Risse haben sich in den vergangenen Monaten nicht vermehrt, weshalb die Stadt an der Fassade des Alten Rathauses einen Probeputz aufbringen lässt.

Bad Cannstatt Im Frühjahr werden Handwerker an der Außenfassade des Alten Rathauses aktiv werden. Auf einer etwa zehn Quadratmeter großen Fläche wird ein Probeputz aufgebracht. Erst wenn sich dann keine weiteren Risse mehr zeigen, wird das Hochbauamt entscheiden, in welchem Umfang die Fassade an dem altehrwürdigen Gebäude renoviert werden soll. „Solange können wir auch noch nicht sagen, was die Maßnahme kosten wird“, sagt Michael Gutsch vom städtischen Hochbauamt. Fakt ist, dass die Kosten bei der Stadt hängen bleiben. Gutachter haben schon vor einem Jahr bestätigt, dass kein Baupfusch – wie zunächst im Jahr 2015 vermutet – vorliegt.

Vor dreieinhalb schlug Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler Alarm: Sowohl innen im Gebäude wie auch an der Außenfassade zeigten sich am Alten Rathaus wieder Risse. Dabei war es gerade einmal zwei Jahr her, dass OB Fritz Kuhn das für fast neun Millionen Euro sanierte Gebäude wieder eröffnet hatte. In den folgenden Wochen und Monaten waren Bauexperten Stammgäste und nahmen das Gebäude erneut unter die Lupe. Unter ihnen befanden sich auch Statiker, doch die gaben schnell grünes Licht. Dennoch: Auch an den Wänden in den Dienstzimmern des Bezirksvorstehers und seiner Mitarbeiter sind diverse Risse zu sehen. Der Putz wölbt sich, bröckelt und bricht an vielen Ecken des denkmalgeschützten Gebäudes.

Schnell machten damals die Worte „Pfusch am Bau“ die Runde, wobei für die Stadtverwaltung damals eindeutig ein Gewährleistungsmangel vorlag. Da die Frist noch nicht abgelaufen war, sollte die Firma, die damals für das Verputzen verantwortlich war, die Schäden wieder beheben. Was wichtig war: Untersuchungen hatten ergeben, dass die Konstruktion an sich nicht betroffen war, die Ursache für die Risse an den Außenfassaden würden laut Hochbauamt am schlechten Putz liegen. Etwas anders verhält es sich mit den Rissen im Inneren. Dabei kann es sich um sogenannte Spannungsrisse handeln, die bei Gebäuden mit Fachwerkkonstruktionen immer wieder auftauchen und „normal“ sind, da so eine Gebäudekonstruktion „arbeitet“.

Mehrere Gutachter sollten nun klären, was schlussendlich Ursache für die Risse und den bröckelnden Putz sind. Um auf Nummer sicher zu gehen, wählten die Experten keine Markierungen aus Gips, sondern die anspruchsvollere, angeschraubte Variante. Insgesamt neun Stück sollten ausreichen, um dem Problem auf die Spur zu kommen.

Natürlich hatten die Gutachter zuvor auch Proben vom Holz und Verputz selbst genommen. Alle Erkenntnisse wurden gesammelt, ausgewertete und lagen Ende 2017 schriftlich dem Hochbauamt vor. Die Firma, die für die Fassadensanierung verantwortlich war, konnte aufatmen. Denn die Gutachter konnten diesbezüglich kein Versäumnis feststellen. Das Holz war, als der neue Verputz aufgetragen wurde, definitiv nicht zu feucht. Auch am Verputz selbst gab es seitens der Gutachter nichts zu bemängeln. Dass das Fachwerk dennoch „zu arbeiten“ begonnen habe, sei wohl auch dem hohen Alter des Gebäudes geschuldet, hieß es Anfang 2018 seitens der Hochbauamt-Verantwortlichen. Denn das Rathaus hat etliche Jahrhunderte auf dem Buckel und zählt damit zu einem der ältesten Gebäude Stuttgarts.

„Was die Sanierung angeht, so müssen wir noch die Frostperiode abwarten“, sagt Michael Gutsch. Da die Risse sich offenbar nicht weiter ausgedehnt haben, soll im Frühjahr eine etwa fünf auf zwei Meter große Probefläche frisch verputzt werden. „Das alles findet natürlich in enger Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege statt“, so Gutsch. Der Putz müsse natürlich einige Monate beobachtet werden. Wenn sich dann keinen Veränderungen mehr zeigen, muss überlegt werden, in welchem Umfang die Außenfassade erneuert werden muss und was das kostet. Bezirksvorsteher Löffler hat hierzu jedoch eine feste Meinung: „Bitte keine Flickschusterei.“ Denn er habe große Zweifel, dass der heutige Farbton zu 100 Prozent getroffen werde. „Wenn schon eine neue Fassade, dann am gesamten Gebäude.“