Das Tiroler Paar Dagmar Midner (68) und Walter Rosatzin (73) gönnt sich einen Schnaps nach der Ankunft. Quelle: Unbekannt

Camping ist eine günstige Urlaubsmethode. In Stuttgart kann man am Cannstatter Wasen sogar mitten in der Großstadt auf diese Unterkunftsmöglichkeit zugreifen. Jährlich kommen 18 000 Feriengäste aus der ganzen Welt dort an. Insbesondere zum Volksfest sind alle 150 Plätze ausgebucht. Aktuell findet der Aufbau der Festzelte nur wenige Meter weiter statt. Das bleibt auf dem Campingplatz nicht unbemerkt.

Von Erdem Gökalp

Um halb zwölf auf dem Cannstatter Campingplatz: Während die Sonne auf den Zeltplatz knallt, sitzen Walter Rosatzin (73) und Dagmar Midner (68) im Schatten ihres Wohnmobils und trinken einen Birnenschnaps. Er hat es sich im weißen Unterhemd, kurzen Hosen, Socken und Sandalen bequem gemacht. „Es ist Tradition, dass wir jedes Mal, wenn wir uns mit dem Camper eingerichtet haben, einen ,Schnapserl‘ trinken“, so Rosatzin. Nach ihrer Ankunft lässt das Paar aus Tirol den Tag ruhig angehen. „Später radeln wir vielleicht den Neckar entlang.“ Dieser verläuft praktischerweise ja ohnehin gleich neben dem Campingplatz.

Einige Meter weiter kommt die Familie Ohlsen gerade aus Wohnwagen und Zelt heraus und fängt an, ihre Sachen zusammen zu packen. Sie sind zu fünft und hatten sich auf die beiden Schlafmöglichkeiten aufgeteilt. „Heute geht es aber wieder nach Lörrach“, so Vater Thomas. Fünf Tage waren sie da, um ihren Sohn zu begleiten, der für einige Tage ein Handball-Camp in der Nähe besuchte. Bei der Gelegenheit haben sie sich einige Handballspiele und nahe gelegene Sehenswürdigkeiten angeschaut.

Es sind jedoch nicht nur Deutsche, die auf die Idee eines Campingurlaubs mitten in der Großstadt kommen - auch Schweden, Italiener und Engländer sind regelmäßig hier Gäste. Beispielsweise das Paar Moat Dawn und David Charlton aus New Castle, England. Sie reisen aktuell mehrere Wochen mit dem Wohnwagen durch Europa. In Stuttgart sind sie vor allem am Porsche-Museum interessiert, zumal David vor vielen Jahren hier gearbeitet hat. „Vielleicht bleiben wir ein bisschen länger bis zum ,Beer-Fest‘.“ Sprich: zum Volksfest wenige Meter weiter.

Tagsüber werden die Besucher auf der einen Seite von dem Rauschen der B10/14 beschallt und auf der anderen Seite von den Aufbauarbeiten des Volksfestes, das am 22. September beginnt. „In der Regel fangen letztere drei Monate im Voraus an“, sagt Ilona Wittenbeck. Sie arbeitet seit zwölf Jahren an der Rezeption des Campingplatzes. Sie hilft nicht nur den Gästen mit Wegbeschreibungen und dem Zuteilen des Platzes. Auch die „Nachbarn“ vom Volksfest kommen vorbei, um von der Mitarbeiterin Auskünfte über gutgelegene Parkplätze zu erhalten. „Für die Wochen während des Volksfestes sind wir ein Jahr im Voraus ausgebucht“, sagt sie. Viele der Arbeiter nehmen sich in der Zeit einen Zeltplatz bei ihnen, damit sie es nicht weit zur Arbeit haben.

Geschäftsführer Jürgen Kaufmann leitet seit 30 Jahren verschiedene Campingplätze in der Umgebung. „Die Urlauber sind heute viel anspruchsvoller geworden“, sagt er. Daher bieten sie inzwischen auch bequemere Unterkünfte an. Ganz modern ist der Urlaub im Fass. Die runden Holzhütten sind mit Bett, Bettwäsche, einem eigenen Fernseher und einer funktionsfähigen Heizung ausgestattet. Bei so viel Auswahl ist es kein Wunder, dass es im letzten Jahr knapp 18 000 Anreisen auf insgesamt 150 Stellplätze gab.

Ohnehin ist Stuttgart sehr beliebt bei Touristen. Nach Angaben des Statistischen Amts der Stadt wurden in diesem Jahr bisher knapp zwei Million Gäste und 1,8 Millionen Übernachtungen in den hiesigen Beherbergungsbetrieben registriert. Tendenz gegenüber dem Vorjahr: eindeutig steigend.