Da hilft auch der göttliche Beistand von oben nichts: Titelverteidiger Frank Dräbelhoff (rechts) versetzt seinem Gegenüber den entscheidenden Stoß, so dass der Pfarrer alias Gerd Woldering im Wasser landet. Fotos: Eisenmann Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Bei der 19. Auflage des Cannstatter Fischerstechens schenkten sich die Kontrahenten nichts - zur Freude der mehr als 2000 Zuschauer, die sich lautstark an den „bätschnassen“ Teilnehmern im Neckar erfreuten. Alles richtig machte Frank Dräbelhoff. Der Titelverteidiger - in diesem Jahr als Ganzkörper-Bierglas am Start - schaffte es im Finale, den Angriffen von Küblersprecher und Rekordsieger Panajotis Delinasakis standzuhalten.

Die Regeln: Zwei Boote starten vom gegenüberliegenden Neckarufer aus und treffen sich in etwa der Mitte des Flusses. Zu diesem Zeitpunkt haben die beiden Kontrahenten - auch „Stecher“ genannt - die gestreifte Lanzen erhoben. Was folgt, ist ein wohlüberlegter Angriff, der natürlich dem Regelwerk entsprechen muss. Sonst droht die Disqualifikation. Über das Rennen wacht - zu Wasser und an Land - eine dreiköpfige Jury bestehend aus Martin Motschenbacher, Rolf Hohl und Wilhelm Bauer. „Die Lanze darf nur mit einer Hand gehalten werden, die Stöße nur auf den Rumpf des Körpers gehen“, erklärt Motschenbacher. Ach ja, verloren hat auch, wer das kleine Podest zuerst verlässt und im Boot oder im Wasser landet. Der Sieger hingegen darf sich mit dem Ruf „furztrocka“ feiern lassen.

Die Vorbereitungen: Ein Großteil des Teilnehmerfeldes hat bereits in früheren Jahren Erfahrungen mit dem Neckarwasser gesammelt und sich - meist unfreiwillig - den einen oder anderen Schluck gegönnt. Es gibt bei der 19. Auflage aber auch zahlreiche „Frischlinge“, die sich erstmals in den Wettkampf stürzen. Bernd-Marcel Löffler zählt zu diesen. Cannstatts Bezirksvorsteher hat sich an diesem Nachmittag ein knielanges, dunkelrotes Hemd mit der Aufschrift „Zuckerle“ angezogen. Auf ein Glas des entsprechenden Weines habe er vor seiner Premiere dann aber doch verzichtet. „Das erschien mir nicht so zielführend“, stellt er lachend fest. Allerdings: Genützt hat die Abstinenz auch nichts. Im ersten Durchgang „Wein gegen Bier“ landet er gemeinsam mit Kontrahent Frank Dräbelhoff im Wasser. Weil Cannstatts Bezirksvorsteher jedoch zuerst den Rückwärtsgang einlegte, kommt der Titelverteidiger und zweiter Vorstand vom AHC Edelweiß in die nächste Runde.

Die Barfuß-Philosophie: Standhaftigkeit ist für manche eine Frage des Gewichts, für andere hingegen eine Frage der richtigen Technik. Und dann gibt es noch die Diskussionen über das passende Schuhwerk. Während manche auf Segelschuhe oder Turnschuhe schwören, ist bei vielen der Trend zum „unten ohne“ zu erkennen. Als „Baum von einem Mann“ erweist sich in den ersten drei Durchgängen der vierfache Sieger Panajotis Delinasakis, was von Moderator Steffen Kauderer nicht unkommentiert bleibt. Der Oberkübler äußert via Lautsprecher den Verdacht, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen könnte und die Schuhe festgeklebt seien. Das will der Kübler-Sprecher dann doch nicht auf sich sitzen lassen und hebt brav einen Fuß nach dem anderen in die Höhe.

Der Sieger: Steuerzahler, Mönch, Schornsteinfeger, Richter, Gärtner - welche Verkleidung von wem getragen wird, bestimmt zumindest teilweise das Los. Und das meinte es in diesem Jahr besonders gut mit Dräbelhoff. In seinem Ganzkörper-Bierglas fühlt sich der Titelverteidiger sichtlich wohler als noch in dem Gardemädel-Kostüm, in dem er vor zwei Jahren antreten musste. „Furztrocka“ bleibt er dennoch nicht. Bereits im ersten Durchgang geht er gegen Bernd-Marcel Löffler baden, nach dem Sieg im Finale gegen Delinasakis stürzt er sich erneut in die „Fluten“ des Neckars. „Ein Ehrensprung ist angebracht“, zeigt er sich überzeugt.

Die Zielankunft: Nicht nur das Fischerstechen verspricht an diesem Nachmittag bei optimalen Wetterbedingungen spannende Duelle. Auch die Drachenbootrennen stehen dem Treiben in nichts nach. Auf die 200 Meter lange Strecke begeben sich Mitglieder von Vereinen sowie die Lokal- und Politikprominenz - mit wenig überraschendem Ausgang: Am Ende haben wieder die „Freien Wähler“ die Nase beziehungsweise den Drachen vorn. Auf dem zweiten Platz landen die „Bau-Igel“ des Tiefbauamts knapp vor dem „Narrenschiff“ des Kübelesmarkts. Viel Anerkennung gibt es für das Boot der Caritas, in dem Mitarbeiter und Menschen mit Handicap nebeneinander rudern. Und dann wäre da noch der Kübler-Cup, bei dem in diesem Jahr die Helfer vom DLRG alle Hände voll zu tun haben, um Mann und Kübel aus dem Neckar zu ziehen. Hier wird ein Doppelsieg gefeiert, nachdem Dirk Strohm und Thomas Zaiß im Finale fast gleichzeitig „abgesoffen“ sind.