Foto: Andreas Varnhorn - Andreas Varnhorn

Im Februar vergangenen Jahres wurde die dynamische Wegeleitung auf Gleis 2 des Cannstatter Bahnhofes installiert. Erste Erkenntnisse liegen vor, das Projekt ist noch nicht beendet.

Bad CannstattIm Februar vergangenen Jahres startete am Bahnhof Bad Cannstatt ein bundesweit einmaliges Projekt. Mit einer „dynamischen Wegeleitung“ auf Gleis 2 sollte mittels LED-Lampen den Reisenden angezeigt werden, wo die S-Bahn hält, wo die Türen aufgehen, wie die Auslastung ist. Das Ziel: ein zügigeres Einsteigen und weniger Zeitverlust an den Haltestellen. Die LED-Lampen leuchten seit dem Frühlingsfest nicht mehr. „Das Projekt ist aber noch nicht beendet“, beschreibt ein Sprecher der Deutschen Bahn. Denn es ging nicht nur um die leuchtende Bahnsteigkante und das Reagieren der Fahrgäste darauf, sondern auch um eine Echtzeitauslastungsmessung.

„Zunächst hat uns die Wirkung der Leuchtzeichen auf unsere Fahrgäste beschäftigt“, so der Bahnsprecher. „Hauptsache des bisherigen Testens war, wie wir die Aufmerksamkeit der Fahrgäste erreichen und durch bessere Verständlichkeit der Anzeigen Verhaltensänderungen erzielen können.“ Einige Erkenntnisse liegen vor. „Wir wissen zwischenzeitlich durch Befragen der Reisenden, dass die Akzeptanz der dynamischen Wegeleitung mit Leuchtzeichen von unseren Fahrgästen dann besonders hoch ist, wenn die augenblicklichen Platzverhältnisse in der demnächst einfahrenden S-Bahn angezeigt werden.“

Bereits zu Beginn der Testphase wurde von den Fahrgästen moniert, dass die Leuchtpunkte – insbesondere bei Tageslicht – nicht klar und deutlich wahrnehmbar seien. Daher hat das Berliner Start-up SIUT, das die Lichtfaserbetonplatte entwickelt hat, eine Version 2.0 erarbeitet, die nicht auf Leuchtpunkten, sondern auf Leuchtstreifen basiert. „Darauf können Anzeigen deutlich besser erkannt werden.“

Zu Beginn des Testbetriebes wurde vermutet, dass die Länge der Haltezeiten der S-Bahn an den Stationen auch dadurch negativ beeinflusst ist, dass sich Reisende vorrangig im Bereich der Treppenaufgänge aufhalten. Die Folgen: Sie verteilen sich nicht ausreichend genug auf dem Bahnsteig, so dass alle Türen der Fahrzeuge gleichermaßen genutzt werden. „Darin sehen wir uns jetzt bestätigt.“ Eine Sensoren-Messung der Bewegungen auf dem Bahnsteig bei ausgeschalteter Technik der dynamischen Wegeleitung hat nämlich ergeben, dass sich Fahrgäste auf dem Bahnsteig in den Bereichen der Treppenaufgänge konzentrieren. „Uns muss mit den Leuchtanzeigen die Verteilung der Fahrgäste entlang der gesamten Zuglänge insgesamt besser gelingen.“

Projektziel besser erklären

Eine weitere Annahme der Bahn musste relativiert werden. Die Bahn ging nämlich davon aus, dass die angezeigten Szenarien verständlich seien. „Offensichtlich sind von uns logisch empfundene Leuchtanzeigen nicht gleichsam auch für die Fahrgäste logisch.“ Die Ziele des Projektes müssten besser erklärt, die einzelnen Leuchtanzeigen verständlicher gemacht werden, was auch beispielsweise an den Treppenaufgängen durch farbige Schriftzüge umgesetzt wurde. Eher für Verwirrung sorgte das Anzeigen der genauen Türposition. Denn die angezeigten Punkte zu erreichen, war für die Lokführer nur bei reduzierter Geschwindigkeit möglich. Weil aber vor allem beim 15-Minutentakt die S-Bahnen mit entsprechender Geschwindigkeit unterwegs waren, wurde dies nicht immer erreicht. „Unsere Erkenntnis dabei ist, dass aufgrund der recht kleinen Türabstände bei S-Bahnen die Anzeige der Türpositionen in der Wegeleitung tatsächlich nicht maßgeblich entscheidend ist.“

Die Bahn hat darauf reagiert. „In den zwischenzeitlichen Testszenarien haben wir die Zuglängen ohne Türpositionen reduziert in den Farben grün und rot angezeigt. Grün für die Positionen, die wir für das Warten am Bahnsteig als günstig erachten, rot für die Bereiche, aus denen wir die Fahrgäste auf dem Bahnsteig herauslenken wollen. In den rot markierten Bereichen zeigen weiß pulsierende Pfeile, die abwechselnd mit der roten Markierung aufblinken, die Richtung an, in die wir die Bewegung der Fahrgäste erwarten.“

Die Tests zur Akzeptanz sind abgeschlossen. Jetzt liegt das weitere Augenmerk auf der Echtzeitauslastungsmessung und den damit zusammenhängenden Herausforderungen. Dabei geht es um den Austausch und die Synchronisation von Daten zwischen der Technik am Bahnsteig und der Technik am Fahrzeug. „Da die Anzeigen für unsere Fahrgäste momentan keinen weiteren Nutzen ergeben, haben wir uns entschieden, die leuchtende Bahnsteigkante nach dem Frühlingsfest nicht wieder anzuschalten.“ Ausgeschaltet war die dynamische Wegeleitung auch während des Cannstatter Volksfestes. Da fuhren die S-Bahnen wegen des hohen Fahrgastaufkommens auch auf anderen Gleisen.

Für die dynamische Wegeleitung erhielt die Bahn 2018 den Deutschen Mobilitätspreis. Daher wird das Projekt auch weiterverfolgt. Man werde sich weiter mit der dynamischen Wegeleitung beschäftigen. „Alle weiteren Überlegungen zum Projektfortschritt sind noch nicht abgeschlossen und damit die weiteren Vorgehensweisen noch offen.“