Dekan Eckart Schultz-Berg auf dem Turm der Stadtkirche. Foto: Frey - Frey

Dekan Eckart Schultz-Berg nutzt gerne den Stadtkirchenturm, um schwierige Predigten zu schreiben. In 50 Metern Höhe hat er seine Ruhe, verliert die Hektik und es kommen neue Gedanken.

Bad Cannstatt In unserer Serie „Cannstatt von oben“ blicken wir auf die Stadt mit Menschen, die hier leben und arbeiten und die Aussicht, die sie genießen.

Eckart Schultz-Berg ist seit achteinhalb Jahren Dekan in Bad Cannstatt. Sein Lieblingsarbeitsplatz ist der Turm der evangelischen Stadtkirche. „Leider bin ich nicht oft genug hier, weil ich zu viel Arbeit habe“, sagt er. Aber, wenn er schwierige Predigen schreiben muss, ist er gerne hier oben und bewältigt mühelos die 168 Stufen und steigt vom gotischen Teil des Turms unten weiter hoch im aufgestockten Renaissance-Bau von 1612, der eine Turmstube mit Tischen und Bänken hat. Dort packt Schultz-Berg sein Tablet aus, schreibt, übrigens hier ohne Internetverbindung, oder liest, derzeit über Otto Riethmüller. Der Blick schweift aus den Fenstern in die Weite. „Wenn man seine Ruhe hat, verliert man die Hektik und es kommen neue Gedanken“, sagt der Dekan. Im Sommer hat er mal Zeit, hier zu sein. Dann blickt er am liebsten auf das Rosensteinmuseum, die alte historische Achse, die weiter bis in die Innenstadt führt. Rathausturm, Tagblatt-Turm, Friedenskirche, St. Nikolaus sind zu sehen. „Hier oben habe ich immer gute Ideen, vielleicht, weil ich dem Himmel nahe bin und mich niemand stört“, sagt Schultz-Berg.

Er war schon zu unterschiedlichsten Zeiten hier, auch schon um 5 Uhr. Und mit dem Männerkreis der Stadtkirche ist er immer wieder hier. Kaum zu glauben, auf dem engen Raum in der Türmerstube hat einst der Türmer Johannes Knorpps mit Frau und vier Kindern gewohnt, mit kleiner Feuerstelle und Lastenaufzug. Als er unbeschadet am 29. Mai 1790 ein Gewitter überstand, bekam er drei Gulden Belohnung. Daraufhin wurde 1791 ein Blitzableiter gebaut. Der Türmer war damals Brandmelder. Der Dekan kennt viele solcher Geschichten. Auch auf die Glocken ist er stolz, die regelmäßig unter den Füßen spürbar lebendig werden. „Die älteste Glocke stammt von 1359.“ Und wer ganz großes Glück hat, der entdeckt sogar im Turm die Falken, die hier aufwachsen. An diesem sonnigen Tag sind vier Jungfalken am Stadtkirchenturm, zur großen Freude des Dekans. Wer mal auf den Turm möchte, nächste Gelegenheit ist bei der Bauhütte am Samstag, 20. Oktober, von 11 bis 12 Uhr.

Wer auch einen besonderen Blick auf Bad Cannstatt vorstellen möchte, meldet sich unter lokales@caze-online.de.