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Nach einem halben Jahr fahren immer noch zu viel leere oder spärlich besetzte Schnellbusse am Wilhelmsplatz los. So die Kritik der Cannstatter CDU, die den Expressbus für Cannstatt gescheitert sieht.

Bad CannstattSeit Oktober 2018 pendelt der Expressbus zwischen Wilhelmsplatz und Innenstadt und sorgt seitdem für Debatten. Kritiker zählen nur die spärlich besetzten, teilweise leeren Busse, die alle fünf Minuten am Verkehrsknoten losfahren. Befürworter sehen in ihm eine umweltfreundliche und notwendige Maßnahme, die täglich mehr Zuspruch erhält. Für die Verantwortlichen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) gibt es noch keine Notwendigkeit, an dem zweijährigen Probebetrieb, geschweige denn am 5-Minuten-Takt etwas zu ändern. „Wir beobachten die Entwicklung und behalten im Blick, ob es Optimierungsmöglichkeiten gibt“, so eine Sprecherin. Neue ÖPNV-Angebote wie der Expressbus benötigen Zeit, um sich zu etablieren; und der Fünf-Minuten-Takt soll gerade „Gelegenheitskunden ansprechen“ und einen Fahrplan überflüssig machen.

Aussagen, mit denen die Cannstatter CDU nicht mehr länger einverstanden sind. Roland Schmid, Thrasivoulos Malliaras und Andrea Unsöld fordern jetzt die SSB auf, zum nächstmöglichen Zeitpunkt – auf jeden Fall aber noch in diesem Jahr – den Betrieb des Schnellbusses zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt einzustellen. „In der Summe zeigt das vergangene halbe Jahr, dass der X1 in der bisherigen Form keine Zukunft haben kann – egal ob im 5- oder 10-Minuten-Takt“, heißt es in ihrem Antrag. Allerdings ist für die Christdemokraten das Thema nicht gestorben, im Gegenteil, der Bus habe sich auf dem City-Ring bewährt und soll deshalb zu einer Ringbuslinie im Innenstadtgebiet „umgewandelt“ werden. Eine Idee, die bereits von ihren Parteifreunden aus Stuttgart-Mitte vorgeschlagen wurde.

Wie es mit der Expressbuslinie weiter geht, werden die kommenden Monate zeigen: Einfluss darauf haben eventuell ab dem 1. April die Tarifreform und danach die Kommunalwahlen am 26. Mai. Wir haben einmal alle bisherigen Fakten zum Expressbus zusammengetragen.

Die Ausgangslage

Der Schnellbus wurde 2017 als Maßnahme des „Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung“ beschlossen. Er soll vor allem die im Berufsverkehr überfüllte Stadtbahnlinien U1 auf der Strecke zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt entlasten. Momentan können auf dieser Strecke nur 40-Meter-Züge eingesetzt werden, weshalb in den nächsten Jahren insgesamt zwölf Hochbahnsteige verlängert werden müssen (siehe Anhang).

Die Kosten

In den Bau der Busstrecke und die Umrüstung der Ampelanlagen investierte die Stadt 2,5 Millionen Euro. Herzstück der Schnellbuslinie ist die 860 Meter lange Busspur in der Cannstatter Straße. Die jährlichen Betriebskosten: 2,7 Millionen Euro.

Fahrzeiten

Der „X1“ ist montags bis freitags von 6 Uhr bis 20.30 Uhr im 5-Minuten-Takt unterwegs. Bis zur Haltestelle Rathaus benötigt der Schnellbus zehn Minuten und ist damit etwas schneller als die Stadtbahn auf der gleichen Verbindung. Vom Hauptbahnhof dauert die Fahrt bis Bad Cannstatt Wilhelmsplatz neun Minuten.

Erste Bilanzzahlen

Eine SSB-Zählung hat ergeben, dass rund 2500 Fahrgäste (Stand Dezember 2018) täglich in den Expressbus steigen. Etwa 1200 davon am Wilhelmsplatz und 900 am Hauptbahnhof. Die restlichen gut 400 waren mit der X-1-Linie nur auf dem City-Ring unterwegs. Ob sich die Zahlen durch die neue U 16, die von Fellbach kommend am Wilhelmsplatz hält, verbessert haben? Laut SSB liegen keine neuen Zahlen vor, allerdings wird der Rückgang auf nur noch 1200 Fahrgäste pro Tag, der im Januar in einer Tageszeitung stand, dementiert.

Neuralgischen Punkte

Während der Schnellbus in der Innenstadt (Cityring) problemlos unterwegs ist, sind die neuralgischen Punkte in Bad Cannstatt im Bereich der Eisenbahnbrücke. Hier bleibt der „Gepard“ oft im Berufsverkehr stecken. Die Grünen könnten sich stadtauswärts deshalb ebenfalls eine separate Busspur zwischen König-Karls-Brücke und Wilhelmsplatz vorstellen.

Wilhelmsplatz

Er gilt beim Tiefbauamt als der schwierigste Verkehrsknoten, zumal durch Expressbus und U 16 die Zahl der ÖPNV-Bewegung sich von 52 auf 84 pro Stunde erhöht haben. Rechnerisch sind das alle 42 Sekunden ein Fahrzeug. Ihre Vorrangstellung haben sie, weil sie täglich 43 000 Ein-, Aus- und Umsteiger über diesen Platz transportieren – Tendenz steigend. Da sind jene, die hier mit der SSB durchfahren oder zu Fuß den Platz überqueren, noch gar nicht hineingerechnet. Nach einer Verkehrszählung 2016 befahren täglich etwa 35 000 Autos den Platz – allerdings mit sehr viel weniger Menschen an Bord.

Ampelregelung

Mehr als 200 Kombinationen sind in die Ampelsteuerung am Wilhelmsplatz eingespeichert, um mit den verschiedensten Rot-Grün-Ampelabfolgen den möglichst zügigen Durchfluss aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Geregelt wird das mit 105 Ampeln, also für Autos, Fußgänger und ÖPNV. Laut Tiefbauamt ist selbst für Fachleute ein Grenzbereich erreicht, in dem sie noch die Übersicht über die komplexen Abfolgen behalten können.

Fußgänger

Der Weg für Fußgänger über den Wilhelmsplatz dauert länger. Im Bereich der Bushaltestelle sind bis zu fünf Minuten Wartezeit keine Seltenheit. Was Passanten kritisieren: Auch Autos und SSB-Busse – selbst der X 1 – haben nicht Grün, obwohl keine Stadtbahn in Sicht ist. Sehr viel längere Wartezeiten als vorher auch an der Fußgängerampel vor der Volksbank – obwohl keine Stadtbahn in Sicht ist und auch die Autofahrer Rot haben.

Potenzielle Fahrgäste

Der Schnellbus soll laut SSB-Fahrgästen von der U1, U2, U13, U16 oder U19, aus den S-Bahnen, Regionalzügen und den Buslinien 52 und 56 mit dem Fahrziel Innenstadt eine attraktive, schnelle und direkte Fahrtmöglichkeit bieten. Die U 16 ist jedoch nur im Berufsverkehr unterwegs. Hier gibt es den Vorschlag, diese Linie den ganzen Tag pendeln zu lassen um noch mehr potenzielle Fahrgäste zum Umsteigen anzulocken. Hilfreiche wäre, so die X1-Befürworter, ein zusätzlicher Halt des Schnellbusses an der Badstraße, der den lästigen Weg über den Wilhelmsplatz überflüssig macht. Ob die Tarifreform neue Fahrgäste beschafft, bleibt abzuwarten. Die SSB gibt sich hierbei optimistisch.