Andreas Stolz und sein Geschäftsführer Foto: Uli Nagel - Uli Nagel

Der VfB Stuttgart will sein Gelände erweitern und hat wieder einmal beim benachbarten PSV Stuttgart angefragt. PSV-Vorstand Andreas Stolz: „Ohne perfekte Alternative kommt ein Umzug für uns nicht in Frage“.

Bad CannstattBeim Polizeisportverein Stuttgart, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, hat der VfB Stuttgart wieder einmal angeklopft. Der große Nachbar möchte gern sein Vereinsgelände erweitern und schielt auf die PSV-Flächen. „Es hat Kontakte mit der VfB-Geschäftsführung sowie dem Sportamt gegeben“, bestätigt Andreas Stolz, der seit Anfang 2018 an der Spitze des Cannstatter Traditionsvereins steht, im Gespräch mit unserer Zeitung. Allerdings kann der Vorstand seine gut 1000 Mitglieder beruhigen: „Ohne perfekte Alternative kommt ein Umzug für den PSV nicht in Frage“.

Herr Stolz, wann kam die Anfrage des VfB Stuttgart und kam sie überraschend?
2018 und überraschend kam die Anfrage nicht, denn der VfB hat immer wieder wegen einer Geländeerweiterung bei uns angeklopft. 2018 war es wieder soweit, die Geschäftsführung hat sich gemeldet und es gab lose Gespräche, mehr nicht. Auch mit der Stadt Stuttgart.

Es kursieren Gerüchte über erste Alternativstandorte für den PSV, etwa ein Gelände in Hofen. Wäre das eine Option?
Nein. Wie sich bei Gesprächen mit der Stadt zeigte, gibt es in Hofen kein geeignetes Gelände für uns. Wir sind durch unsere exponierte Lage zwar an keinen Stadtteil angebunden, betrachten uns aber als ein Cannstatter Verein. Zudem fühlen wir uns am jetzigen Standort pudelwohl und haben vor zwei Jahren erst im Vereinsheim Heizung und Duschräume saniert. Wir haben zwar Verständnis, dass ein Großverein wie der VfB sich für die Zukunft positionieren möchte und sind auch für Gespräche offen, bitten aber auch um Verständnis, dass ein Umzug für den PSV Stuttgart ohne perfekte Alternative nicht in Frage kommt.

Gibt es die überhaupt?
Mir ist kein Gelände bekannt, was auch nicht einfach ist. Immerhin haben wir zwei Sportplätze, ein Kleinspielfeld, vier Tennisplätze und eine Leichtathletikanlage mit allem Drum und Dran für Hoch- und Weitsprung und mit einer 400-Meter-Bahn. So ein attraktives Angebot gibt man natürlich nicht einfach auf, zumal unsere Leichtathletikabteilung mit 150 Mitgliedern und die fast genauso große Fußballabteilung zu den großen im Verein zählen. Auch unsere erfolgreichen Fechter profitieren vom heutigen Standort, denn Training und Wettkämpfe finden in der benachbarten Scharrena statt. Keine Frage, wir sehen uns am heutigen Standort auch für die Zukunft sehr gut aufgestellt.

Stichwort Zukunft, auf dem ehemaligen Güterbahnhof-Gelände entsteht ein Wohn- und Gewerbepark, in dem in absehbarer Zeit tausende von Menschen Wohnen und Arbeiten. Hört sich doch gut an, was neue Mitglieder angeht . . .
. . . richtig gut sogar, von diesem Potenzial wollen wir profitieren und planen entsprechende Werbekampagnen. Doch auch das Sportbad, das 2022 fertig sein soll, bietet Möglichkeiten für uns. Hier wollen wir mit Trainingszeiten für unsere Schwimmer, Wasserballer und Sporttaucher reinkommen. Das muss jedoch die Arbeitsgemeinschaft Schwimmsporttreibender Vereine entscheiden. Gut wäre es, denn unsere Wassersportler sind aufs ganze Stadtgebiet verteilt.

Seit Jahren gilt der PSV mit mehr als 1000 Mitgliedern als stabiler und gesunder Verein, der über ein breites, teilweise „exotisches“ Angebot verfügt. Immerhin haben sie neben den Sporttauchern auch noch eine Abteilung Eishockey im Portfolio. Wie kam es dazu?
Durch die Initiative von Polizisten, die diese Sportarten betreiben. Die Taucher schlupften in den 70er-Jahren unter das Dach des PSV, die Eishockey-Gruppe, die heute in einer Freizeitliga spielt, im Jahr 2004. Beides sind stabile Abteilungen. So trainieren bei uns 140 Sporttaucher und wir sind sogar Ausbildungsstandort für den Tauchlehrernachwuchs. Dadurch sind wir natürlich im ganzen Land bekannt, was auch über den Erfolg dieser Abteilung entscheidet. Man muss sagen, dass wir als Verein insgesamt immer noch stark von der Polizei geprägt sind und davon profitieren. Auch wenn unsere Vereinsmitglieder überwiegend aus anderen Berufsgruppen kommen.

Gemessen an den Erfolgen auf Landes- und Bundesebene aber auch international sind ihre Fechter sicher das Aushängeschild des Vereins, oder?
Zunächst sind wir auf alle Abteilung stolz, doch es ist schon richtig, unsere gut 100 Fechterinnen und Fechter sind bereits seit Jahren so etwas wie unser Aushängeschild und nicht nur Zsofia Posgay kämpft sehr erfolgreich auch auf internationaler Ebene. Wir sind Zentrum für Nachwuchs-Leistungssport des Deutschen Fechter-Bunds und freuen uns über die vielen jungen Fechter, die bei uns trainieren.

Kommt da vielleicht manchmal Neid bei anderen Abteilungen auf?
Nein, wir sind alles PSVler. Darüber hinaus ist uns jede Abteilung wichtig und wir versuchen generell, im PSV auch neue Sporttrends zu integrieren. Das geht natürlich nicht auf Knopfdruck, man muss gesellschaftliche Entwicklungen beobachten, sich selbst anpassen und bereit sein, neuen Gruppen – wie etwa den Eishockeyspielern – eine Heimat zu geben. Wir könnten uns künftig zum Beispiel sehr gut auch das Thema Sportklettern, das Bouldern, oder auch andere Trendsportarten vorstellen.

Herr Stolz, Sie sind seit Anfang 2018 Vorsitzender des PSV, wo muss sich der Verein noch verbessern, dass auch in zehn Jahren das große 100-jährige Vereinsjubiläum gefeiert werden kann?
Zunächst wollen wir ein Sportverein für alle Altersgruppen bleiben. Einige Abteilungen müssen und wollen wir etwas entstauben, zudem fehlt bei einigen Sportarten der Nachwuchs, weshalb wir dort neue Angebote machen wollen. Da heute sehr viel im Internet passiert, werden wir auch hier uns weiter verbessern. Auf Funktionärsebene haben wir schon einen Umbruch im vergangenen Jahr erfolgreich geschafft. Unser Geschäftsführer Chris Weber ist genauso erst 28 Jahre alt, wie Kathrin Wiederich, die für die operativen Aufgaben zuständig ist. Und unser Finanz-Chef Anselm von Ritter ist auch erst 31 Jahre. Wir haben ein motiviertes Trainerteam sowie keine Probleme, Vereinsmitglieder für Vereinsaufgaben zu finden. Wir haben Kooperationen mit verschiedenen Schulen und sind beim Sportpool, einem Schnupperangebot des Sportkreises Stuttgart, sowie dem städtischen Angebot Sport im Park dabei. Ich denke, der PSV muss sich um seine Zukunft keine Sorgen machen.

Das Gespräch führte Uli Nagel