Ist die Schmidener Straße verstopft, so wird der Zuckerleweg zum Schleichweg. Fotos: Nagel Quelle: Unbekannt

„Unsere Schwerpunkte bei den turnusmäßigen Kontrollen liegen bei Gurtmuffeln und Handysündern.“

Von Uli Nagel

Ob in der Wiesbadener Straße oder im Zuckerleweg, viele Autofahrer ignorieren täglich das Durchfahrtsverbot und düsen ungestraft durch die Anliegerstraßen. Dem kann durch automatisch versenkbare Poller ein Riegel vorgeschoben werden. So jedenfalls die Meinung der Cannstatter Grünen, die insbesondere für den Zuckerleweg so eine mechanische Sperre fordern.

Schleichverkehr durch Wohngebiete wird zunehmend zu einer Plage; und zwar flächendeckend in der Landeshauptstadt. Ob in Zuffenhausen, Vaihingen, in den Oberen und Unteren Neckarvororten, viele Anwohner stöhnen vor allem im Berufsverkehr unter den vielen Autos, die täglich an ihrer Haustür vorbeidüsen, weil die Hauptzufahrtsstraßen verstopft sind.

Da macht auch Bad Cannstatt keine Ausnahme. Beispiel Schmidener Straße. Gut 15 Ampeln sorgen auf der Fahrt in die Altstadt für ein lästiges Stop-and-go und vornehmlich im Berufsverkehr für lange Staus. Durch die Stadtbahnlinie U 19, die die U 2 entlasten soll, hat sich die Situation für Autofahrer noch verschärft. Und das wiederum bekommen die Anwohner des Zuckerlewegs zu spüren. Obwohl er klipp und klar als Anliegerstraße gekennzeichnet ist, fahren hier vornehmlich Pendler und umfahren so den Stau auf der Schmidener Straße. Kontrollen? Die finden zwar statt, aber halt nicht sehr oft. „Zwei- bis dreimal pro Monat, mehr ist nicht möglich“, sagt Revierleiter Tomas Engelhardt. Denn nach wie vor gelten die Kontrollschwerpunkte den Gurtmuffeln und Handysündern.

Doch wenn seine Mitarbeiter am Zuckerleweg stehen, dann hagelt es Bußgelder. Binnen einer Stunde werden regelmäßig mehr als 20 Sünder zur Kasse gebeten, doch scheint der Lerneffekt gleich Null. Offenbar schrecken 20 Euro Strafe für die illegale Fahrt durch eine Anliegerstraße nicht gerade ab. Vor sechs Jahren bereits wollte die Verwaltung den Schleichverkehr mit Pollern unterbinden, fand jedoch im Bezirksbeirat Bad Cannstatt keine Mehrheit.

Noch prekärer ist die Situation in der Badstraße. Mit einer Verkehrsinsel am Bunker sollen jetzt die Schleicher aus der Anliegerstraße vertrieben werden, nachdem sich nicht nur Anwohner beschwert hatten, sondern auch die verantwortlichen der Stuttgarter Straßenbahnen massiv interveniert hatten. Laut Vorstandschef Wolfgang Arnold würden die langen Rückstaus die Weiterfahrt von Bussen und Bahnen behindern. Dennoch, die Autofahrer interessierten Fahrbahnmarkierungen, Hinweisschildern und Baken herzlich wenig und fuhren verbotswidrig geradeaus über die Rosensteinbrücke. „Hier kontrollieren wir mindestens zweimal die Woche“, so Thomas Engelhardt. Und allmählich scheint sich hier die Lage zu „entspannen“. Doch wetten, dass sobald sich hier die Polizei rarer macht, die Zahl der Sünder wieder zunehmen wird? Diese Erfahrung macht die Polizei regelmäßig, auch an der Wiesbadener Straße. „Hier können wir nur noch sporadisch kontrollieren“, so der Revierleiter. Denn seit das Polizeirevier in die Martin-Luther-Straße gezogen ist, biegen verstärkt Autofahrer verbotswidrig von der Denner- in die Wiesbadener Straße ein. Anwohner beschwerten sich und die Polizei legte sich schon öfters auf die Lauer. Mit Erfolg - 70 Sünder binnen zwei Stunden wurden schon mit einem Bußgeld versehen. Das Problem hat sogar noch einmal zugenommen, seitdem die Remstalpendler quer durch den Espan fahren, um so den Stau auf der Alten B 14 zu vermeiden.

Und die Stadtverwaltung? Die legt angesichts der Schleicherproblematik zwar nicht die Hände in den Schoß. Allerdings, so die Grünen, setzt sie dabei auf die falschen Pferde wie etwa die Komplettsperrung der Straße durch Poller oder Schranken. Denn diese Maßnahmen haben natürlich auch negative Konsequenzen für die Anwohner, die lange Umwege in Kauf nehmen müssen, um zu ihrem Grundstück zu gelangen. „Moderne und selektiv wirkende Durchfahrtssperren, werden den Bürgern in Stuttgart vorenthalten“, so die Kritik in einem Antrag der Gemeinderatsfraktion der Grünen im Frühjahr. Damals wurden automatische Poller gefordert, was jetzt von den Bezirksbeiratskollegen erneuert wird.

Deren Prinzip sei „anliegerfreundlich“, da die Poller per Fernbedienungen heruntergefahren werden können. Nachdem das Auto den Poller passiert hat, geht dieser automatisch wieder in die Höhe. Steht ein Fahrzeug auf dem Poller, bleibt er versenkt und kann in keinem Fall nach oben fahren. Natürlich haben die Polizei und Rettungsfahrzeuge eine Universalfernbedienung, die bei allen Durchfahrtssperren in Stuttgart einsetzbar sind. Die Berechtigung für eine Fernbedienung erhalten Anwohner und Anlieger auf Antrag gegen eine einmalige oder jährliche Gebühr. Im Vergleich zum Bearbeitungsaufwand beim Parkraummanagement dürfte die Zahl der Antragsberechtigten, so die Grünen, gering sein.

Die Stadt soll jetzt prüfen, was solche Poller kosten (Anschaffung, Verwaltung und Wartung) und wo sie installiert werden können. Die Antragssteller können sich unter anderem die Verbindung zwischen Rohracker und Sillenbuch, die Hofener Straße, den Wangener Höhenweg sowie den Zuckerleweg vorstellen. Gegebenenfalls sollen dann bereits Gelder für den Haushaltsentwurf 2018/19 bereitgestellt werden.