Quelle: Unbekannt

Seit zwei Jahren gehen die Anwohner in der Badstraße auf die Barrikaden. Sie sind von einem Abschleppdienst genervt, der aus ihrer Sicht viel Lärm verursacht. In der Nachbarschaft wurden schon Unterschriften gesammelt, auch Beschwerden bei der Stadt eingereicht. Jetzt prüft das Baurechtsamt die Belastung.

Bad CannstattHarald Offenhäußer lebt eigentlich gerne in der Cannstatter Badstraße. Die Altstadt bietet in unmittelbarer Umgebung alles, was er zum Leben braucht. Seit zwei Jahren ist die heile Welt jedoch ins Wanken geraten. Schuld sei ein Abschleppdienst, der sich in der Eisenbahnstraße eingemietet hat. Der Hof, der zum Abstellen von Fahrzeugen genutzt wird, grenzt direkt an sein Grundstück und liegt nur wenige Meter von seiner Wohnung entfernt. „Es nervt“, so Offenhäußer. „Die Abschleppwagen sind rund um die Uhr sieben Tage die Woche im Einsatz und fahren mit gelbem Blinklicht vor.“ Sobald der Rückwärtsgang eingelegt werde, komme noch ein schrill piepsender Warnton dazu.

Ein weiteres Problem: Das Unternehmen setzt laut dem städtischen Amt für Umweltschutz teilweise Lastwagen ein, bei den es sich um luftgebremste Modelle handelt. Fahrzeuge, die erst bewegt werden können, wenn der erforderliche Mindestdruck aufgebaut wurde. Dazu muss jedoch der Motor laufen. „In diesem Fall stellt das Laufenlassen des Motors eine bestimmungsgemäße Bedienung des Fahrzeugs dar“, heißt es vonseiten des Amtes. Sehr zur Verärgerung von Offenhäußer: „Die Lastwagen verschmutzen bei laufendem Motor die Luft. Da fragt man sich schon, was das für Relationen sind: Feinstaubalarm hier und mitten in einem Gebiet von Wohnhäusern wird auf engstem Raum die Luft verpestet.“

Gelbe Karte

Mit seiner Einschätzung ist er offenbar nicht alleine. Einer seiner Nachbarn hat schon eine Gelbe Karte bei der Stadt eingereicht. Rund 50 Anwohner haben sich zudem an einer Unterschriftensammlung beteiligt. Ein Cannstatter, der ebenfalls in der Badstraße wohnt, aber namentlich nicht genannt werden will, hat weniger ein Problem mit dem Lärm. Er wohne nicht direkt an dem Hof. „Jedes Mal, wenn die Fahrzeuge jedoch in der Eisenbahnstraße rangieren, ist sie minutenlang blockiert. Für solch ein Unternehmen ist die Gegend absolut ungeeignet.“ Und auch eigentlich bislang nicht zugelassen: Auf dem Grundstück, das in einem Mischgebiet liegt, wurde 1955 zwar eine Autowerkstatt im Erdgeschoss genehmigt. Aber nur unter der Prämisse, dass Arbeiten an den Fahrzeugen nur in geschlossenen Räumlichkeiten – also nicht auf dem Hof – und und nur zwischen 7 und 21 Uhr durchgeführt werden. Die Nachtruhe der Anwohner dürfe nicht gestört werden.

Das Aus für den Abschleppdienst? Mitnichten. Anfang März hat der Vermieter der Werkstatt reagiert und eine nachträgliche Änderung des Baurechts bei der Stadt beantragt. „Die Baugenehmigung ist erst eingereicht worden, nachdem wir aufgrund von Nachbarbeschwerden entsprechende Unterlagen angefordert haben“, teilt das Baurechtsamt schriftlich mit. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass bereits zahlreiche Einwendungen gegen den Bauantrag vorliegen.

Messungen am offenen Fenster

Damit nicht genug: „Wir haben vor einigen Wochen Lärmmessungen nachgefordert, die ein Gutachter eines zugelassenen Fachunternehmens durchgeführt hat“, sagt Rainer Grund, der stellvertretende Leiter des Baurechtsamtes. Untersucht wurde, wie groß die Belastung in geschützten Aufenthaltsräumen ist. Dazu zählen das Schlaf- und Wohnzimmer, jedoch nicht das Bad, das Klo und die Küche. „Der Messpunkt liegt einen halben Meter vor dem geöffneten Fenster, also außerhalb der Wohnung“, sagt Grund. Selbstverständlich seien die zulässigen Grenzwerte, gemessen wird in Dezibel, tagsüber höher als nachts. Berücksichtigt werde aber auch, zu welchen Uhrzeiten wie viel Betrieb ist. „Vielleicht ist an Wochenenden oder in den Nachtstunden ja deutlich weniger los?“ Er geht davon aus, dass das Gutachten in den nächsten Tagen vorliegt, anschließend wird es vom Amt für Umweltschutz ausgewertet. „Bis Mitte Juni sollten die Ergebnisse vorliegen.“ Sollten die Grenzwerte nicht eingehalten werden, seien von der Einschränkung des Betriebs auf ein bestimmtes Zeitfenster bis zur Stilllegung verschiedene Szenarien denkbar.