Quelle: Unbekannt

Heinz Scharpf ist vor wenigen Tagen im Alter von 78 Jahren verstorben. Er ist eine Tierpfleger-Legende der Wilhelma.

Bad CannstattLegendäre Tiere wie der gewaltige See-Elefanten-Bulle Tristan, der Gorilla Banjo oder Orang-Utan-Mann Buschi prägten die Wilhelma. Doch wer diese Namen kennt und nennt, der wird unweigerlich auch an Heinz Scharpf erinnert. Der legendäre Tierpfleger, der fast sein ganzes Berufsleben mit Menschenaffen, See-Elefanten und Seelöwen verbracht hatte, ist tot. Er verstarb im Alter von 78 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in einer Klinik.

Am 1. Juli 1955 trat der damals gerade einmal 15 Jahre alte, gebürtige Ulmer Heinz Scharpf eine Lehrstelle als Tierpfleger in der Wilhelma an. Ein Herzenswunsch ging in Erfüllung, denn Scharpf wollte immer schon Tierpfleger werden. Damals hieß der Wilhelma-Direktor Albert Schöchle, ebenfalls eine Legende als Zoodirektor; und der muss das Talent des Jungen schnell erkannt haben. Denn bereits nach drei Jahren übergab er ihm die Stelle des Revierleiters für die Menschenaffen. Damit war der 18-Jährige schlagartig für drei Schimpansen zuständig, die ersten Menschenaffen in der Wilhelma überhaupt, die erst kurz zuvor eingetroffen waren – eine unglaubliche Verantwortung. Drei Wochen lang verbrachte Scharpf daraufhin im Basler Zoo, um etwas über die Haltung von Menschenaffen zu lernen.

Das Halten von Menschenaffen, vor allem das artgerechte, steckte damals noch in den Kinderschuhen und vieles, was in den 60er-Jahren als „bahnbrechend“ bewertet wurde, wäre heute unmöglich. Denn die Zoos versuchten, mit Dressuren und Schaufütterungen Besucher anzulocken. In der Wilhelma brachte Heinz Scharpf den Menschenaffen menschliche Tischmanieren bei: Vier Orang Utans saßen um einen Tisch herum und löffelten ihren Brei aus Plastiknäpfen – Heinz Scharpfs Assistentin war die damals junge Tierpflegerin Gundi Lindner, die bald darauf seine Frau wurde und mit der er 55 Jahre verheiratet war. Doch das Ehepaar Scharpf musste sich in seiner Ehe nicht nur um zwei Töchter kümmern, Heinz und vornehmlich Gundi zogen in ihrer Dienstwohnung auf dem Wilhelma-Gelände insgesamt 35 Affenbabys auf und sorgten damit für Schlagzeilen.

Weltweit berühmt wurde Scharpf jedoch mit dem Schimpansen Sonny und dem See-Elefanten Tristan. Die Besucher strömten damals in den zoologisch-botanischen Garten, wenn der Tierpfleger den riesigen Bullen mit der einen Hand fütterte, während er mit der anderen eine Leine hielt, an deren Ende sich Sonny befand. Und der wiederum servierte den Seelöwen lecker Fisch. Eine Weltsensation, über die sogar die russische Tageszeitung Prawda und das US-Magazin Life berichteten.

Rückblickend sah Heinz Scharpf, der am 31. Oktober 2005 nach 55 Berufsjahren in der Wilhelma in den Ruhestand ging, diese ersten Gehversuche der Zoos bei der Menschenaffenhaltung kritisch: „Mit diesen Schaufütterungen haben wir die Tiere vergewaltigt, so etwas gibt es heute glücklicherweise nicht mehr.“ Als die Wilhelma 1982 mit Hilfe des Fördervereins ein eigenes Jungtieraufzuchthaus baute, schlossen Gundi und Heinz ihren Affenkindergarten.

Noch einmal sorgte Heinz Scharpf im Jahr 1995 für Schlagzeilen. Nach einem Unglück im Himalaja und einer dramatischen Rettungsaktion überlebte er nur dank einer Notoperation.

Nach seiner Verabschiedung aus dem aktiven Berufsleben wohnte Heinz Scharpf zusammen mit seiner Frau weiterhin in der Dienstwohnung. Und frei nach dem Motto „einmal Wilhelma – immer Wilhelma“ – stand er in den folgenden Jahren der Einrichtung immer mit Rat und Tat zur Seite. Neben seiner lebenslangen Faszination für alles was „kreucht und fleucht“ war Scharpf auch ein Weltenbummler. Vor allem Afrika hatte es ihm angetan. Jede Menge Erinnerungsstücke vom Schwarzen Kontinent hatte er von seinen Reisen mitgebracht und in der Wohnung aufgehängt. Stücke, die er gerne seinen Freunden, die regelmäßig bei der Familie Scharpf vorbeischauten, voller Stolz präsentierte.