Quelle: Unbekannt

Sigfried Baumann zum Rückzug von Car2go aus der Fläche

Da war doch mal was. Alle schworen sich - auch in dieser Stadt - die Elektromobilität zu fördern, um irgendwann mal den Verbrennungsmotoren den Garaus zu machen. Dass die deutschen Autobauer die Entwicklung über Jahre verschlafen haben, ist ein offenes Geheimnis. Doch jetzt auf einmal meinen es alle ernst mit der Elektromobilität. Ein ganz wichtiger Baustein war hier auch das Carsharing-Angebot der Daimler-Tochter Car2go. Doch in diesem Bereich scheint das Forcieren der Elektroautos nur ein bloßes Lippenbekenntnis, denn Car2go will sich aus den Außenbezirken zurückziehen und sein Angebot auf das Kerngebiet der Innenstadt konzentrieren. Vororte wie Hedelfingen, Rohracker, Uhlbach, Mühlhausen und Hofen schauen wieder einmal in die Röhre. In Stuttgart umfasst die Flotte der Elektro-Mietautos stattliche 550 Fahrzeuge. Doch in vielen Außenbezirken kann ab dem 2. November keines dieser Fahrzeuge mehr angemietet werden. Die Nachfrage sei zu gering gewesen, heißt es beim Anbieter, und in der Innenstadt würden die in den Außenbezirken nutzlos herumstehenden E-Smarts fehlen. Das Geschäftsmodell spült also zu wenig Kohle in die Kasse. Für ein Unternehmen muss die wirtschaftliche Rentabilität gegeben sein. Schon richtig. Aber hinter Car2go steht der Daimler-Konzern. Und da stellt sich dann doch die Frage, ob die Daimler AG es sich nicht leisten kann, eben in den Stuttgarter Außenbezirken ihr Carsharing-Angebot als subventionswürdig einzustufen. Das alles wirft kein gutes Licht auf den Konzern hinsichtlich seiner vollmundigen Ankündigungen einer bedingungslosen Förderung der E-Mobilität. Also werden sich an vielen Ladesäulen auch in den Neckarvororten ab 2. November keine mietbaren Elektromobile mehr finden. Die Ladesäulen bleiben allerdings bestehen, die EnBW plant keinen Rückbau, zumal eine aktuelle Analyse festgestellt hat, dass Stuttgart die beste Lade-Infrastruktur hat. Auf rund 2700 Einwohner entfällt eine Ladesäule. Nur werden viele davon künftig verwaist sein. Das alles passt nicht zusammen und stellt ein schlüssiges Konzept für die Elektromobilität in Frage. Kein Wunder ist der Ärger groß und die Kritik gerechtfertigt wie diese Woche im Bezirksbeirat Hedelfingen. Die Stadt wurde aufgefordert, auf Daimler einzuwirken, dafür Sorge zu tragen, dass auch künftig eine flächendeckende Carsharing-Versorgung gegeben ist. Hier kann sich auch OB Kuhn nicht aus der Verantwortung stehlen. Man will doch ernsthaft den Feinstaub und die Stickoxide reduzieren. Und immerhin hat die Stadt die Parkflächen für die E-Mobile an den Ladestationen kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Rückzug von Car2go ist ein erneutes Beispiel, wie die Außenbezirke ausgedünnt werden. Dabei hat die Stadt doch mal die Parole ausgegeben, diese unbedingt stärken zu wollen.