Quelle: Unbekannt

1998 zogen die ersten Menschen in dem Neubaugebiet Burgholzhof ein. 20 Jahren später hat der Cannstatter Stadtteil knapp 2800 Einwohner.

BurgholzhofDer jüngste Stadtteil Bad Cannstatts wird 2018 20 Jahre alt. Zu den Bewohnern der ersten Stunde zählen Lothar und Gunhild Witeczek sowie Ute und Rudolf Teichmann. Zwar waren in den ersten Jahren im frisch besiedelten Stadtteil mit unzähligen Baustellen vor allem Improvisation und Kreativität gefragt – woanders leben möchte heute jedoch keiner der vier. „Inzwischen hat sich der Stadtteil zu einem begrünten Wohngebiet entwickelt, in dem man sich wohlfühlen kann“, sagt die 59-jährige Ute Teichmann.

Es war im Juni 1998, als Baubürgermeister Matthias Hahn die Familie Witeczek als erste Bewohner des neuen Cannstatter Stadtteils Burgholzhof begrüßte. Als Willkommensgeschenk überreichte er ihnen ein Kinderfahrrad und einen Stoffbären. Das Fahrrad hat längst einen neuen Besitzer, „aber den Teddy haben wir noch“, sagt der 56-jährige Lothar Witeczek. Im Rahmen des Förderprogramms „Wohneigentum für junge Familien“ zogen der Medizininformatiker und seine Frau mit den beiden Kindern von Kaltental auf den Burgholzhof, in ein Reihenhaus in der James-F.-Byrnes-Straße.

Im Oktober 1998 bezogen auch Ute und Rudolf Teichmann ihre Wohnung in der Mahatma-Gandhi-Straße. „Wir waren anfangs die einzigen Bewohner in einem Zwölfparteien-Haus“, sagt Ute Teichmann. Als „pionierhaft“ beschreibt sie die Atmosphäre, die damals auf dem noch sehr dünn besiedelten Burgholzhof herrschte. Teichmanns wohnten zuvor in Feuerbach. Auf dem Weg zur Arbeit fuhr Rudolf Teichmann am Stadtteil, der damals noch Baugebiet war, vorbei. „Wir haben damals eine größere Wohnung gesucht, am besten mit Blick über Stuttgart“, sagt Ute Teichmann. Von Bekannten und Freunden haben die beiden jedoch zu hören bekommen, dass es keine bezahlbare Wohnung mit toller Aussicht in Stuttgart mehr gäbe. Umso glücklicher waren Teichmanns, als sie im Burgholzhof fündig wurden.

Anfangs viel improvisiert

Doch bis auf dem Burgholzhof alles rund lief, hat es seine Zeit gedauert. „Bis die letzten Baulücken geschlossen waren, vergingen ungefähr zehn Jahre“, sagt die 55-jährige Gunhild Witeczek. Vor allem in den ersten Monaten musste deshalb improvisiert werden. Denn Briefkästen oder Glascontainer gab es anfangs nicht – der Kindergarten war ebenfalls ein Provisorium.

Die wenigen Bewohner und das Improvisieren brachten auch Vorteile mit sich: Man lernte sich schnell kennen. Im Fall von Ute Teichmann und Gunhild Witeczek geschah dies über die Frauenkulturgruppe. Eine von vielen Gruppen, in der sich die Bürger des neuen Stadtteils zusammengeschlossen hatten. Außerdem wurden eine Bürgerinitiative und eine Stadtteilzeitung gegründet; sogar ein eigenes Gemeinwesenbüro stellte die Stadt den Bewohnern in den ersten vier Jahren zur Verfügung. „Wir haben damals viel bewegt“, sagt Lothar Witeczek. Er hat sich gemeinsam mit Mitstreitern aus der Bürgerinitiative unter anderem dafür eingesetzt, dass der Stadtteil über eines der dichtesten Haltestellennetze der Landeshauptstadt verfügt. „Die Schleife, die die Linie 52 heute fährt, haben wir damals angeregt“, sagt der 56-Jährige. Ein Ärgernis ist dagegen damals wie heute der Schleichverkehr, etwa in der Straße Roter Stich und in der Auerbachstraße. Dieser war auch in der Stadtteilzeitung – bei der wiederum auch Lothar Witeczek jahrelang aktiv war – häufig ein Thema. Projekte wie die Bürgerinitiative und die Stadtteilzeitung beweisen: Die Bewohner des Burgholzhofs haben sich von Anfang an für ihre Interessen eingesetzt und auf Missstände hingewiesen. Heute ist die Bürgerinitiative von damals nicht mehr aktiv. Stattdessen gibt es viele kleinere Gruppen, die sich jeweils für ein bestimmtes Thema wie zum Beispiel für die Sanierung des Bolzplatzes an der Anwar-el-Sadat-Straße einsetzen. Eine Bürgerinitiative wie in früheren Jahren, die sich mit unterschiedlichen Themen befasst, würde dem Stadtteil dennoch nicht schaden. „Als Kontrollgremium“, sagt Lothar Witeczek, etwa wenn es um intransparente Preispolitik beim Energieversorger geht. Vielleicht finden sich ja angesichts des 20-jährigen Bestehens wieder engagierte Anwohner zusammen, die sich für die Interessen der mittlerweile 2800 Bewohner des Burgholzhofs einsetzen.

Zahlen und Fakten

Einwohner: 2798, davon 249 Kinder unter sechs Jahren. 208 Einwohner sind 65 Jahre und älter. Das Durchschnittsalter ist 34,7 Jahre, womit der Burgholz der jüngste Stadtteil Bad Cannstatts ist.

Haushalte: Die Zahl liegt bei 1168, wobei 42,6 Prozent der Bewohner in einem 3- Personenhaushalt leben. Familien mit Kindern unter 18 Jahren gibt es 450.

Flächen: Insgesamt 53,2 Hektar groß. 77 Prozent sind Siedlungs- und Verkehrsflächen, nur 4,5 Prozent dienen der Erholung, 22,5 Prozent sind landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die durchschnittliche Wohnfläche beträgt je Einwohner 32,6 Quadratmeter. (Quelle: Stadt Stuttgart)