Nils Strassburg ist Elvis Presley und legt mit seinen Roll Agents eine explosive Bühnenshow hin . Foto: Patrick Pfeiffer Quelle: Unbekannt

Von Petra Bail

Esslingen - Schmachtende Damen in Rockabilly-Petticoats träumen vom Date mit dem sexiest man alive. Er lädt sie alle ein zu „A Little Less Conversation“. Vom Reden hielt der „King of Rock’n’Roll“ bekanntermaßen nicht viel. Aber der Legende nach soll Elvis Presley sogar Marilyn Monroe verführt haben. Sein Leben glich einer Achterbahnfahrt, die 1977 abrupt endete. Doch der vergötterte Superstar lebt 40 Jahr nach seinem Tod weiter. Dafür sorgen unter anderem Imitatoren wie Nils Strassburg. Der Stuttgarter Sänger hat das Prädikat als Deutschlands bester Elvis-Interpret. Jetzt stellt er erneut sein Talent an der Esslinger Landesbühne (WLB) zur Schau, in der Uraufführung von James Lyons’ Musikrevue „Elvis, Comeback!“. Nach einer explosiven Bühnenshow gab’s für Nils Strassburg, seine Band Roll Agents und die Schauspieler minutenlang stehende Ovationen im Esslinger Schauspielhaus.

Als Autor und als Regisseur versucht Lyons, den Menschen Elvis hinter der Show-Fassade sichtbar zu machen. Vor allem im ersten Teil transportieren die Dialoge sehr gut diese unglaubliche Geschichte eines Mega-Comebacks aus der Perspektive einiger der zahlreichen Frauen, die Elvis in seinem Leben beglückte, „hin- und hergerissen zwischen Gott und Genuss“. Frisch mit der gerade mal 18-jährigen Priscilla verheiratet, die sein unstetes Leben in ruhige Ehebahnen lenken sollte, siechte die Karriere von Elvis bereits dahin. Vergessen der laszive Hüftschwung, der einst Mütter den Teufel wittern und Töchter himmelhoch jauchzen ließ. Die 68er-Generation stand eher auf die Riffs von Jimi Hendrix oder die Saugnapflippen von Rolling-Stones-Frontman Mick Jagger.

Doch Elvis‘ gieriger Agent, Colonel Parker, den Darsteller Antonio Lallo ein bisschen nach Harvey Weinstein aussehen lässt, brauchte „Hollywoods bestbezahltes Produkt“ als Geldmaschine für seine Spielsucht. Er organisierte 1968 das legendäre TV-Weihnachtsspecial mit Elvis, das 42 Prozent aller Zuschauer in den USA sahen. In Esslingen dürfen in der entsprechenden Szene Fans aus dem Publikum auf die Bühne und werden somit Teil der Produktion, bei der Strassburg den legendären Song „If I Can Dream“ mit seelenvoller Stimme wunderbar warm intoniert.

Der Stern leuchtete wieder. Die folgenden fünf Jahre werden die kommerziell erfolgreichsten in Elvis’ Bühnen-Karriere. Es folgten weit mehr als 1000 gigantische Shows, vor allem im glamourösen Las Vegas Anfang der 70er-Jahre. 1973 sahen weltweit anderthalb Milliarden Menschen die Best-of-Revue „Aloha from Hawaii“, einen seiner besten Live-Auftritte, trotz enormer gesundheitlicher Probleme. Fress- und Tablettensucht führten - keine zehn Jahre nach seinem umjubelten Comeback - zum Tod des fett gewordenen Sängers.

Bei rasanten Welthits wie „Blue Suede Shoes“ und „Got a Woman“ rockten auch die Esslinger Besucher begeistert mit, klatschten den schnellen Rhythmus und freuten sich über das Bad des Idols in der Menge. Nils Strassburg gab Küsschen und verteilte händevoll himmelblaue Seidenschals, die er zuvor mit seinem Schweiß getränkt hatte, an die glückseligen Damen.

Mit dieser zärtlichen Geste, in der allerdings auch das Getriebene des Superstars sichtbar wird, unterstreicht Lyons die eigentümliche Menschenliebe des Elvis Presley. „Love me Tender“ galt stets seinem Publikum. Da konnte keine einzelne Frau auf Dauer konkurrieren. „Devil in the Sky“ sang er gewissermaßen für alle seine Jagdopfer.

Charts-Hits wie „Suspicious Minds“, „Funny How Time Sleeps“ oder „Burning Love“ platziert Lyons als Wegmarken für Elvis’ Lebensstationen: die scheuen Anfänge, die selbstüberschätzende Zeit des Erfolgs und den tragischen Verfall des vermutlich ersten Marketingopfers der Musikindustrie. Elvis wurde gnadenlos verheizt. Das macht die fast atemlose Liedfolge deutlich. Wie am Fließband folgt ein Song dem anderen.

Nils Strassburg hat zwar nicht das Volumen, aber das Verführerische von Elvis’ Stimme, er hat die Gesten, die Moves: das hüftbreite Stehen, das nervöse Zittern mit dem Spielbein, er weiß, wie man Massen begeistert und sieht mit Backenbart, schwarz gefärbtem Haar im hautengen Glitzer-Jumpsuit und schwerem Schmuck (Ausstattung: Birgit Eder) dem Original ziemlich ähnlich, ohne zu kopieren.

Wunderbar, dass dieser grandiose Musiktheaterabend ganz ohne die Schmachtfetzen auskommt, mit denen sich Elvis Anfang der 60er-Jahr in unsäglichen Hollywoodstreifen zur Witzfigur degradierte. Gleichwohl wird die Inszenierung durch Rückblicke sehr facettenreich. Was allerdings stört: das amerikanisch-deutsche Kauderwelsch innerhalb der Dialoge. Hochkarätig besetzt dafür die Figuren-Staffage um Elvis mit Kristin Göpfert, Barbara Dussler, Marcus Michalski, Ralph Hönicke, Benjamin Janssen und Florian Stamm in Mehrfachrollen. Und die Roll Agents - Jörg Berger, Peter Ucik, Andreas Schoy, Jörg-Sebastian Hoiß, Christian Mück, Andreas Geyer und Florian Seeger samt den Background-Sängerinnen Gudrun Wagner und Verena Nübel - spielen wahrhaft furios auf.

Die nächsten Vorstellungen: 19. November und 31. Dezember.